"Victoria", Arte, 20:15 Uhr
Der Flirt einer jungen spanischen Frau (Laia Costa), neu zugezogen in Berlin, mit einem Berliner (Frederick Lau) nimmt eine gefährliche Wendung, als er und seine Freunde in einen Bankraub verwickelt werden.
Siegreicher "Victoria". Vor zwei Jahren ging dieser deutsche Kriminalfilm als großer Gewinner aus den Deutschen Filmpreisen hervor. Am Ende des Abends hatte der von Arte mitproduzierte Streifen nicht weniger als sechs Lolas eingeheimst: Als "Bester Film", für Regisseur Sebastian Schipper, Hauptdarstellerin Laia Costa, Hauptdarsteller Frederick Lau, Kameramann Sturla Brandth Grovlen und Komponist Niels Frahm. Allein die ebenfalls nominierten Tongestalter gingen leer aus.
Es war ein Triumph, den viele Kritiker und Zuschauer dem ehrgeizigen Werk zwei Monate zuvor schon auf den Filmfestspielen von Berlin gegönnt hatten; dort musste sich "Victoria" indes mit einem Silbernen Bären für Kameramann Grovlen begnügen. Dieser war indes mehr als verdient, denn die technische und künstlerische Meisterschaft des Norwegers ermöglichte das Projekt erst.
Schipper hatte sich zum Ziel gesetzt, einen Film mit einer einzigen Einstellung zu drehen, also ohne Schnitt. Dies bedeutete, dass die über 130 Minuten wie ein Echtzeit-Theater in den Straßen, auf den Dächern, in der Tiefgarage, im Hotel, im Laden, in der Disko und in der Wohnung in Szene gesetzt werden mussten. Es durfte kein Schauspieler seinen Text vergessen, kein Tontechniker ins Bild stolpern, keine Passanten im Hintergrund winken, während der Kameramann das Bild nicht verwackeln oder unscharf einfangen durfte - ansonsten wäre alles bis dahin Gedrehte für die Katz gewesen.
Eine gewaltige technische Herausforderung, die von allen Beteiligten höchste Konzentration erforderte. Mit vielen Probedurchläufen bereiteten sich die Künstler und Techniker vor, bevor es ernst wurde: Dreimal filmte Sebastian das von ihm geschriebene Drehbuch, das aus nur zwölf Seiten bestand und Raum für Improvisation erlaubte, um die potentielle Fehleranfälligkeit durch zu viele Dialoge zu senken. Sechs Regieassistenten, drei komplette Ton-Teams und 150 Statisten kamen jeweils zum Einsatz. Die dritte Fassung, die am 27. April 2014 zwischen 4.30 und 6.30 Uhr in Berlin-Kreuzberg und in Berlin-Mitte gedreht wurde, war schließlich diejenige, die der Filmemacher verwendete.
Die technische Errungenschaft ist ganz zweifellos erstaunlich und beeindruckend. Sie alleine würde aber nicht über zwei Stunden tragen. "Victoria" ist auch ein wirkungsvolles Drama aus eigenem Recht, das die tonalen Veränderungen der Geschichte genauso geschickt meistert wie die technischen Komplexitäten.
Mit 408 000 Zuschauern wurde der Film ein solider Erfolg. Die Pläne, ihn als Anwärter auf den Oscar für den "Besten nicht englischsprachigen Film" nach Hollywood zu schicken, machte die Academy of Motion Picture Arts and Sciences zunichte - ironischer Weise, weil im Film zu viel Englisch gesprochen wurde, was ihn eben für die Kategorie "nicht englischsprachig" disqualifizierte. Statt dessen entschied sich die deutsche Filmwirtschaft für "Labyrinth der Lügen", der dann nicht nominiert wurde.
Kritiker Matthew Turner schrieb in "WOW": "Ein sensationeller, unbedingt sehenswerter Film, der eine umwerfende technische Errungenschaft mit einer durch und durch packenden Geschichte und tollen Darstellungen verbindet."
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