Im Vorfeld der 67. Deutschen Filmpreise war viel von "Blumen von gestern" die Rede gewesen, der mit acht Nominierungen die meisten Nennungen noch vor dem großen Favoriten "Toni Erdmann" erhalten hatte. Wenn es je die Bestätigung der Binsenweisheit gegeben hat, dass die Zahl der Nominierungen nichts über die Siegeschancen eines Films aussagt, dann gestern Abend auf der Gala im Berliner Palais am Funkturm. "Blumen von gestern" erhielt keine einzige Lola, während "Toni Erdmann" alle sechs Nominierungen in die Goldstatue umwandeln konnte und so den Abend zu einem Triumph machte.
Die 1800 Mitglieder der Deutschen Filmakademie, welche die Deutschen Filmpreise vergibt, gaben damit der international anerkannten und gefeierten Komödie von Maren Ade den Vorzug, die bereits den Europäischen Filmpreis hat gewinnen können, der indes die große Oscar-Weihe versagt geblieben ist. "Toni Erdmann" gewann als "Bester Film", für die Regie und das Drehbuch von Ade, Hauptdarstellerin Sandra Hüller, Hauptdarsteller Peter Simonischek und für den Schnitt von Heike Parplies.
In die von Jasmin Tabatabei moderierte Veranstaltung mit 1900 Gästen mischten sich auch politische Töne. Filmakademiepräsidentin Iris Berben rief die Filmindustrie auf, Haltung zu zeigen: "Wir haben etwas zu verteidigen. Es geht um Demokratie, ein gemeinsames Europa und unsere Freiheit. Rechtspopulisten dürfen hier keinen Platz bekommen." Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters betonte den Wert von Filmen, die "das Virus von Hass und Hetze gegen Anderslebende wirksam bekämpfen. Mit seiner Kraft, uns fremde Schicksale vertraut zu machen, ist der Film für mich auch ein Hoffnungsträger. Ich bin überzeugt: Künstlerische Vielfalt ist auf Dauer stärker als populistische Einfalt!" Aus den USA wurde Regisseur Michael Moore zugeschaltet. "Wir brauchen die Wahrheit!", warb er für mehr politische Dokumentarfilme.
Der Deutsche Filmpreis ist mit insgesamt knapp 3 Millionen Euro Preisgeldern der höchstdotierte deutsche Kulturpreis. Grütters sagte der Branche weitere Unterstützung durch die Bundesregierung zu: "Seit 2016 stehen für die kulturelle Filmförderung 15 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Ich setze mich dafür ein, dass Sie darauf auch in den kommenden Jahren zählen können. Zusammen mit dem Deutschen Filmförderungs-Fonds sollen dann 2018 allein für die Filmproduktion 125 Millionen Euro an Fördermitteln zur Verfügung stehen", so die Regierungsvertreterin.
Cutterin Monika Schindler erhielt für ihre herausragenden Verdienste um den deutschen Film den Ehrenpreis. Schindler hat in weit mehr als 100 Spiel- , Dokumentar- und Fernsehfilmen Filmgeschichte geschrieben. Erstmals in der Geschichte des Filmpreises ging damit der Ehrenpreis an eine Cutterin.
Regisseur Simon Verhoeven konnte den Publikumspreis für "Willkommen bei den Hartmanns" entgegen nehmen, der immer automatisch dem besucherstärksten Streifen zugesprochen wird, was letztes Jahr mit 3,6 Millionen Besuchern seine Komödie gewesen ist.
Hier die vollständige Liste der Preisträger (gefettet und kursiv):
Bester Spielfilm
- «24 Wochen»
- «Die Blumen von gestern»
- «Toni Erdmann»
- «Tschick»
- «Wild»
- «Willkommen bei den Hartmanns»
Bester Dokumentarfilm
- «Berlin Rebel High School»
- «Cahier Africain»
- «No Land's Song»
Bester Kinderfilm
- «Auf Augenhöhe»
- «Timm Thaler oder das verkaufte Lachen»
Beste Regie
- Maren Ade für «Toni Erdmann»
- Anne Zohra Berrached für «24 Wochen»
- Chris Kraus für «Die Blumen von gestern»
- Nicolette Krebitz für «Wild»
Bestes Drehbuch
- Maren Ade für «Toni Erdmann»
- Carl Gerber und Anne Zohra Berrached für «24 Wochen»
- Chris Kraus für «Die Blumen von gestern»
- Lars Montag und Helmut Krausser für «Einsamkeit und Sex und Mitglied»
Beste Schauspielerin
- Sandra Hüller für «Toni Erdmann»
- Julia Jentsch für «24 Wochen»
- Lilith Stangenberg für «Wild»
Bester Schauspieler
- Lars Eidinger für «Die Blumen von gestern»
- Bruno Ganz für «In Zeiten des abnehmenden Lichts»
- Peter Simonischek für «Toni Erdmann»
Beste weibliche Nebenrolle
- Fritzi Haberlandt für «Nebel im August»
- Eva Löbau für «Einsamkeit und Sex und Mitleid»
- Sigrid Marquardt für «Die Blumen von gestern»
- Christiane Paul für «Die Welt der Wunderlichts»
Beste männliche Nebenrolle
- Rainer Bock für «Einsamkeit und Sex und Mitgleid»
- Martin Feifel für «Die Welt der Wunderlichts»
- Georg Friedrich für «Wild»
Beste Kamera und Bildgestaltung
- Rainer Klausmann für «Tschick»
- Frank Lann für «Paula»
- Sonja Rom für «Die Blumen von gestern»
- Reinhold Vorschneider für «Wild»
Beste Filmmusik
- Oli Biehler für «Das kalte Herz»
- Bruno Coulais für «Marie Curie»
- Johanna Repka für «Timm Thaler oder das verkaufte Lachen»
Bester Schnitt
- Andrew Bird für «Tschick»
- Bettina Böhler für «Wild»
- Heike Parplies für «Toni Erdmann»
Bestes Szenenbild
- Silke Buhr für «Die Blumen von gestern»
- Christoph Kanter für «Nebel im August»
- Timm Pannen für «Paula»
Bestes Kostümbild
- Frauke Firl für «Paula»
- Chris Pidre und Florence Scholtes für «Marie Curie»
- Gioia Raspé für «Die Blumen von gestern»
Bestes Maskenbild
- Kathi Kullack für «Das kalte Herz»
- Waldemar Pokromski für «Marie Curie»
- Astrid Weber und Hannah Fischleder für «Paula»
Beste Tongestaltung
- Stefan Busch, Michael Kranz und Peter Schmidt für «Timm Thaler oder das verkaufte Lachen»
- Lars Grinzel, André Zacher und Benjamin Hörbe für «Das kalte Herz»
- Rainer Heesch, Martin Steyer und Christoph Schilling für «Wild»
- Kai Tebbel, Kai Lüde und Lars Ginzel für «Tschick»