(06.12.2017) Update
Eine Entscheidung für die Zukunft der Berlinale ist getroffen. Egal wer ab 2019 die Leitung des Festivals innehaben wird, es wird nicht mehr Dieter Kosslick sein. Der seit 2001 amtierende Festivaldirektor hat gegenüber dem Aufsichtsrat kund getan, dass er nach Auslaufen seines Vertrages in zwei Jahren nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Dies teilte Kulturstaatsministerin Monika Grütters gestern mit. Damit akzeptiert der 69-Jährige, dass der immer größer werdende Widerstand gegen seine Person, der zuletzt in einem Aufruf von 79 Regisseuren, die ein transparentes Übergangsverfahren gefordert haben, kumuliert ist, einen Wechsel unumgänglich machte.
Grütters hat nun angekündigt, dass eine Findungskommission aus Mitgliedern des Berlinale-Aufsichtsrates und aus Sachverständigen aus der Film- und Kulturbranche Vorschläge zur künftigen Struktur und den damit verbundenen Personalentscheidungen erarbeiten soll. Der Aufsichtsrat soll auf einer Sondersitzung im Januar die Vorschläge sichten und eine Entscheidung treffen und auch beraten, ob Geschäftsführung und künstlerische Leitung demnächst personell getrennt werden sollen.
(29.03.2017) Vertragsverlängerung über 2019 hinaus unsicher
Offiziell ist noch nichts nichts. Weder Kulturstaatssekretärin Monika Grütters noch Berlinale-Direktor Dieter Kosslick haben sich zur Zukunft von Kosslick geäußert, dessen Vertrag als Chef der Filmfestspiele bis 2019 läuft. Indes ist die Berliner "B.Z." vorgeprescht und schreibt von einem "Berlinale-Hammer": Das Arbeitspapier des Direktors werde vom Bund, der die Festspiele mit rund 8 Millionen Euro jährlich fördert, nicht verlängert. Zumindest nicht in dieser Position; die Rede ist davon, Kosslick möglicher Weise an anderer Stelle einzubinden.
Während der letzten Festspiele im vergangenen Monat hatte Kosslick einen Testballon starten lassen und verkündet, von seiner Seite aus dürfe es ruhig über 2019 hinaus mit ihm weiter gehen. Das Echo auf diese Aussage kann man getrost als frostig bezeichnen. Viele Journalisten wünschen sich nach 16 Jahren ein neues Gesicht an der Spitze und frischen Wind für das nach Cannes zweitwichtigste Filmfestival der Welt. So wird Patrick Wellinski im Deutschlandradio Kultur deutlich: "Das Festival ist mit 400 Filmen in zehn Tagen überfrachtet, es laufen die falschen Filme in den falschen Reihen, und der deutsche Film ist nicht wie anfänglich versprochen gestärkt worden. Die 'Perspektive deutsches Kino' ist statt dessen quasi eingeschlafen." Ein weiterer immer wieder erhobener Kritikpunkt: Es liefen zu viele seichte Streifen.
Die Kultur-Expertin Sabine Bangert von den Grünen fasst die Stimmung in ihrem Statement zusammen: "Dieter Kosslick hat die Berlinale seit 2001 gut behütet, aber nach dann nahezu 20 Jahren darf der rote Teppich auch mal für eine neue Leitung ausgerollt werden."
(06.04.2017) Filmkritiker wünschen offene Diskussion über Nachfolge
Während Kulturstaatssekretärin Monika Grütters derzeit mit Berlinale-Direktor Dieter Kosslick verhandelt, ob dessen Vertrag als Leiter der Filmfestspiele über 2019 hinaus verlängert wird, geht der Verband der deutschen Filmkritik (VdFk) davon aus, dass es zu einer Neubesetzung kommen wird. Daher hat der VdFk heute eine Stellungnahme heraus gegeben, in der er den "Neuanfang" begrüßt, aber Wünsche für die Nachfolgesuche formuliert.
"Die Neubesetzung der Direktion des wichtigsten deutschen Filmfestivals bietet die seltene Möglichkeit, die Diskussion über die Zukunft der Berlinale zu öffnen. Eine ideale Gelegenheit, durch die Einbeziehung verschiedenster Gruppen, die sich für die Filmkultur in Deutschland und der Welt engagieren, das künstlerische Profil der Berlinale zu schärfen und ihre Verankerung in der internationalen wie nationalen Filmszene zu verbessern. Daher sollte eine solche Diskussion ohne Zeitdruck und nach einem für die Öffentlichkeit transparenten Verfahren geführt werden", erklären die Filmkritiker.
Weiter heißt es: "Wir schlagen den Verantwortlichen ein offenes, internationales Ausschreibeverfahren mit nicht zu eng gefassten Eignungskriterien und eine mit Expertinnen und Experten besetzte Findungskommission vor. Wir erwarten, dass die Beauftrage der Bundesregierung für Kultur und Medien und die Berliner Senatskanzlei in dieser Frage ihrer Verantwortung gerecht werden."
Zu bedenken gibt der Verband darüber hinaus, dass andere Filmfestspiele wie Cannes, Locarno oder Venedig ihre Leitung auf zwei Personen aufgeteilt haben: Eine künstlerische mit "entsprechender cinephiler Bildung" und eine geschäftliche. Dies könne auch für Berlin modellhaft sein.
(24.11.2017) 79 Regisseure veröffentlichen Aufruf für Neuausrichtung des Festivals
Die nach der diesjährigen Berlinale entflammte Diskussion um Festivalleiter Dieter Kosslick hat wieder an Schärfe gewonnen. Wie "Spiegel Online" berichtet, haben 79 deutsche Regisseure eine Neuausrichtung der Filmfestspiele gefordert. Zu den Unterzeichnern gehören Fatih Akin, Dominik Graf, Maren Ade, Volker Schlöndorff, Andreas Dresen, Caroline Link, Simon Verhoeven und Rosa von Praunheim. Nicht unterzeichnet hat Tom Tykwer. Er ist für die kommende Berlinale, die vom 15. bis 25. Februar 2018 stattfinden wird, zum Vorsitzenden der Wettbewerbsjury bestimmt worden.
"Die Berlinale ist eines der drei führenden Filmfestivals weltweit. Die Neubesetzung der Leitung bietet die Chance, das Festival programmatisch zu erneuern und zu entschlacken. Wir schlagen vor, eine internationale, zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern besetzte Findungskommission einzusetzen, die auch über die grundlegende Ausrichtung des Festivals nachdenkt. Ziel muss es sein, eine herausragende kuratorische Persönlichkeit zu finden, die für das Kino brennt, weltweit bestens vernetzt und in der Lage ist, das Festival auf Augenhöhe mit Cannes und Venedig in die Zukunft zu führen. Wir wünschen uns ein transparentes Verfahren und einen Neuanfang", so die Erklärung der Filmemacher.
Anlass für die Diskussion ist das nahende Ende der Vertragslaufzeit von Dieter Kosslick, der die Berlinale seit 2001 leitet. Ihm wird zugestanden, die Berlinale zu einem publikumswirksamen Festvial gemacht zu haben, daneben aber die Zahl der Wettbewerbe und Reihen übermäßig aufgeblasen und das Profil verwässert zu haben.
Kosslick selbst, der Anfang des Jahres noch mit einer Vertragsverlängerung kokettiert hatte, hat sich soeben mit einer kurzen Pressemitteilung zu den Forderungen geäußert: "Ich kann den Wunsch der Regisseure nach einem transparenten Prozess der Neugestaltung der Berlinale verstehen. Die Zukunft der Berlinale ist uns allen ein Anliegen. Das Berufungsverfahren liegt in Händen der Staatsministerin für Kultur und Medien, Prof. Monika Grütters. Mein Vertrag endet am 31. Mai 2019. Der Aufsichtsrat hatte mich aufgefordert, einen Vorschlag zu einer möglichen Neustrukturierung der Berlinale zu unterbreiten. Diesen Vorschlag werde ich – völlig unabhängig von meiner Person – dem Aufsichtsrat vorlegen."
(30.11.2017) FFA-Präsident kritisiert Berlinale-Kritiker
Bernd Neumann, der Präsident der Filmförderungsanstalt (FFA), hat den Aufruf von 79 Regisseuren, die eine transparente Nachfolgeregelung für Berlinale-Direktor Dieter Kosslick gefordert und dies mit Kritik an der Ausrichtung der Filmfestspiele verbunden haben, zurückgewiesen.
"Die durch einen veröffentlichten Aufruf von 79 Regisseurinnen und Regisseuren ausgelöste Kritik an der Berlinale und ihrem Direktor Dieter Kosslick halte ich für überzogen und ungerecht!", erklärte Neumann. "Der Wunsch der Filmemacher ist verständlich, dass nach dem absehbaren Ende der Ära von Dieter Kosslick, der die Berlinale über viele Jahre geprägt hat, eine Diskussion einsetzt über mögliche Kriterien für den Nachfolger oder die Nachfolgerin und auch die Frage, ob Strukturen zu verändern sind und neue Zielsetzungen gefunden werden sollten. Völlig unbestritten ist allerdings, dass Dieter Kosslick die Berlinale zu dem gemacht hat, was sie heute ist: Eines der bedeutendsten Filmfestivals weltweit mit exzellentem Ruf und von hoher Anziehungskraft! Er hat die Berlinale zu einem Festival entwickelt, das für internationale, aber insbesondere auch deutsche Filme als hervorragendes Sprungbrett gilt. Als Präsident der FFA und Repräsentant der deutschen Filmwirtschaft kann ich feststellen, dass die Berlinale gerade unter kulturwirtschaftlichen Gesichtspunkten einen rasanten Aufstieg genommen hat: Sie ist das größte Publikumsfestival der Welt mit rund 350 000 zahlenden Kinobesuchern und 18 000 akkreditierten Fachbesuchern – und somit auch ein enormer Wirtschaftsfaktor für die Hauptstadt und Deutschland. Es ist dringend zu empfehlen, über mögliche neue Strukturen und Zielsetzungen Klarheit zu gewinnen und dann die Nachfolge zügig zu entscheiden, weil ansonsten die Berlinale weiteren Schaden nimmt."