"Horrorkomödie". Das ist so ziemlich das letzte Wort, das einem im Zusammenhang mit der Berlinale einfallen würde. Aber genau das ist "El Bar", der Wettbewerbsfilm aus Spanien, der außer Konkurrenz am Nachmittag im Cinemaxx zu sehen war und unsere Kollegin Julia Nieder überzeugte. Es setzt sich der Trend angenehm unkonventioneller Beiträge auf dem diesjährigen Festival fort.
Regisseur Álex de la Iglesia ("Mad Circus") wiederum hat mit "El Bar" sein Faible für Horror und Komik fortgeschrieben. Vor einer Bar in Madrid bricht auf einmal am hellichten Tag die Hölle los - Schüsse, Soldaten, eine Leiche auf dem Klo. Und die Besucher der Bar, die rausfinden müssen, was zum Teufel eigentlich los ist, und dann um's Überleben kämpfen. Julia gefiel die unterhaltsame Mischung gut, die witzig anfängt und sich dann immer mehr in Richtung spannenden Horror entwickelte.
Dass ausgerechnet der mit über zwei Stunden längste Wettbewerbsbeitrag aus Portugal am Morgen im Berlinale-Palast sich als einer der schwächsten entpuppte, hatte den Start in den Tag weniger angenehm gestaltet. Im Gegensatz zu "El Bar" ist "Colo" ein typischer Filmfestivalvertreter: Langsames Tempo, betretene Stimmung, sparsame Dialoge und eine lachhaft Möchtegern-bedeutungsschwangere Schlusseinstellung.
Der Beitrag von Teresa Villaverde ("Kinder der Nacht"), die auch das Drehbuch geschrieben hat, findet sicherlich seine Verteidiger, wie auch der herzliche Applaus am Schluss der Pressevorführung zeigte. Aber wenn ein Kritiker das Geschehen auf der Leinwand als "realistisch" beschreibt, muss er einen anderen Film gesehen haben. Die Charaktere dieses Films - ein verzweifelter arbeitsloser Vater, eine überarbeitete Mutter und ein pubertierendes Mädchen - verhalten sich nur so weit realistisch, wie es Villaverde angeraten erscheint. Im letzten Viertel bricht die Familie auseinander, wie es im wahren Leben, das im Film durch die ökonomische Krise Portugals bestimmt wird, nie geschehen würde und - das ist das Entscheidende - das nicht in Kongruenz zu den bisher auf der Leinwand gezeigten Charaktereigenschaften der Figuren steht. Eine letztlich frustrierende Erfahrung, die ihr Drama nur behauptet, aber nicht schlüssig und emotional überzeugend begründen kann.
Der mit der größten Spannung erwartete Film des Tages war "Return to Montauk", nach "Helle Nächte" und "Beuys" der dritte deutsche Wettbewerbsbeitrag, wenn auch auf Englisch mit internationaler Besetzung in New York City und auf Long Island gedreht. Die Spannung ergab sich indes durch den Namen des Regisseurs: Volker Schlöndorff kehrt nach Berlin zurück. 1990 war er mit "Die Geschichte der Dienerin" und 2000 mit "Die Stille nach dem Schuss" im Wettbewerb vertreten, wobei seine Filme selbst leer ausgingen, Letzterer aber zwei Silberne Bären für die beiden Darstellerinnen Bibiana Beglau und Nadja Uhl errang.
Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass "Return to Montauk" den Goldenen Bären auch nicht erreichen wird. Letztlich zeigte der Rummel um den enttäuschend leblosen und nur zu Anfang ein wenig virtuosen Streifen, zu dem Schlöndorff auch das Drehbuch beigesteuert hat, dass mit dem Wort "Legende" recht freizügig umgegangen wird.
Keine Frage, dass Volker Schlöndorff ein sympathischer Künstler ist, wie sich auch auf der Pressekonferenz zeigt, dem man den Erfolg gönnen würde, aber diese Variation der Max Frisch-Erzählung aus dem Jahr 1975 setzt lediglich seine Reihe solider, indes nicht bemerkenswerter Werke der vergangenen Jahre fort, die am Publikum weitgehend vorbei gegangen sind. Vielleicht ist wieder ein Silberner Bär für die Schauspieler Nina Hoss und Stellan Skarsgard drin.