"I wie Ikarus", Arte, 20:15 Uhr
Der Generalstaatsanwalt (Yves Montand) sucht gegen den Widerstand der Obrigkeit die Hintergründe der Ermordung des Präsidenten zu klären.
Henri Verneuil ("Der Clan der Sizilianer") hat viele gute Filme gedreht, von denen dieser franzöische Kriminalfilm aus dem Jahr 1979 sein bester ist. Der Regisseur schrieb sein eigenes Drehbuch, dessen politisches Attentat und die Folgen ganz klar den Morden an US-Präsident John F. Kennedy und seinem mutmaßlichen Attentäter Lee Harvey Oswald nachempfunden sind.
"I comme Icare" (so der Originaltitel) soll eine universelle Geschichte über den Missbrauch von Macht, Obrigkeitsgläubigkeit und moralische Gleichgültigkeit des Einzelnen sein. Verneuil nennt daher keinen existierenden Staat als Handlungsort, sondern siedelt das Geschehen in einem fiktiven, modernen und westlichen Phantasieland an. Gedreht wurde dazu in der erst in den Siebzigern gebauten Stadt Cergy nördlich von Paris, deren moderne und gesichtslose Architektur keinen bestimmten Staat nahe legte.
Dreh- und Angelpunkt der Argumentation des Generalstaatsanwalts ist eine Sequenz, die fast schon wie ein Film im Film wirkt, nichtsdestotrotz eine der nachdrücklichsten Szenen ist. Hier orientierte sich Verneuil ebenfalls an Tatsachen und stellte das berühmte Milgram-Experiment nach. 1961 hatte der US-Psychologe Stanley Milgram erforschen wollen, wie lange Menschen autoritären Anweisungen Folge leisten, selbst wenn diese in direktem Widerspruch zu ihrem Gewissen stehen, und auf ein Erklärungsmuster für die Verbrechen im Dritten Reich gehofft, wo "ganz normale" Männer und Frauen teilweise unausprechliche Untaten an Mitmenschen begangen hatten.
Der hervorragend inszenierte, äußerst fesselnde und spannende Streifen regt auch zum Nachdenken an und war mit 1,8 Millionen Zuschauern in Frankreich ein großer Erfolg. "I comme Icare" wurde für fünf Französische Filmpreise nominiert: Als "Bester Film", für Hauptdarsteller Yves Montand, das Drehbuch, die Musik von Ennio Morricone und die Ausstattung.
"Prometheus", Pro7, 22:35 Uhr
Ein Team von Raumfahrern folgt Hinweisen auf den Ursprung der Menschhheit quer durch das Universum und entdeckt auf einem fernen Mond die monolithische Statue eines menschlichen Kopfes und steinerne Zylinder mit Alien-Blut. Doch bald müssen sie erkennen, dass sie nicht alleine sind.
Als 2009 - exakt 30 Jahre nach Ridley Scott's bahnbrechendem Meisterwerk "Alien" - 20th Century Fox "Prometheus" ankündigten, sorgte das für Aufsehen in der Fangemeinde der zehn Jahre zuvor mit "Alien Resurrection" gekenterten Reihe. Fox sprachen von einem Prequel zu "Alien", und die Zuschauer erwarteten dementsprechend nun eine Art "Alien: Origins". Was es dann aber nicht wurde. Oder nur zum Teil. Und bei vielen für lange Gesichter sorgte.
Die Idee zu einer Vorgeschichte zu "Alien" hatte Anfang der nuller Jahre begonnen, als die beiden "Alien" und "Aliens"-Regisseure Scott ("The Martian") und James Cameron ("Avatar") die Köpfe zusammen steckten, um die Saga neu zu beleben. Cameron begann die Arbeit an einem Drehbuch. Als aber die Fox-Manager auf ein Crossover mit "Predator" drängten, um die Erfolgsaussichten zu erhöhen, distanzierte sich James von dem Projekt, das in seinen Augen "die Wertigkeit der Reihe zerstören" würde.
Ganz so schlimm kam es nicht, aber spätestens mit dem Flop von "Aliens Vs. Predator - Requiem" 2007 hatte sich auch die Crossover-Idee totgelaufen, und es hieß: "Zurück zu den Wurzeln". Ridley äußerte sein weiterhin bestehendes Interesse an einem Prequel, wollte es aber zunächst nur produzieren und nicht inszenieren. Aber Fox wollten die 130 Millionen Dollar schwere Finanzierung nur übernehmen, wenn der Engländer auch Regie führte. Im Sommer 2009 wurde man sich einig, und Scott beauftragte Jon Spaiths ("Passengers") mit dem Drehbuch, das dann noch von Damien Lindelof ("Tomorrowland") überarbeitet wurde. Alles immer unter größter Geheimhaltung, damit das Skript nicht im Internet auftauchen konnte.
Scott entschied sich, die Produktion wie anno 1978 mit möglichst vielen realen Kulissen, Modellen und Requisiten zu drehen und den inzwischen die Regel gewordenen Einsatz von computergenerierten Bildern stark zu begrenzen. Die fassbare Realität wollte der Filmemacher durch potentiell realitätsnahe Entwürfe der Zukunft ergänzen und konnte bei Fox Geld locker machen, mit dem er Wissenschaftler und Künstler bezahlte, die ihre Ideen der Zukunft des Jahres 2089 einbrachten.
Die Dreharbeiten fanden hauptsächlich in den Londoner Studios Pinewood und Shepperton statt, aber auch in den Filmstudios im spanischen Alicante, in Jordanien und in Schottland und für die Anfangsszene auf Island. Gefilmt wurde mit 3D-Kameras, deren Bilder in der Nachbearbeitung durch etwa 1300 visuelle Spezialeffekte ergänzt wurden.
"Der eifrige Fan wird Spuren der 'Alien'-DNA erkennen", meinte Ridley zur Handlung, "aber die hier angepackten Ideen stehen für sich, sind groß und provokant." Die aufgeworfenen, ambitionierten Fragen werden allerdings frustrierender Weise nicht alle beantwortet, der Science Fiction-Film verblüfft aber auf jeden Fall mit seinen Ideen, seiner unvergesslichen visuellen Pracht und dem visionärem Design. Zudem bieten die Schauspieler packende Leistungen, besonders Michael Fassbender als penibler Android.
Zu Ridley Scott's Befriedigung musste er seinen fertigen Film nicht kürzen, um eine günstigere Altersfreigabe zu erhalten. Das Filmstudio hatte betont, dass der Regisseur nicht dazu gezwungen werde, und hielt Wort. So kam "Prometheus" 2012 in den USA mit einem "R - Restricted" auf die Leinwände, was einen Großteil des jugendlichen Publikums ausschloss.
Dennoch wurde das mit überwiegend guten Kritiken bedachte Werk mit weltweit 403 Millionen Dollar Umsatz ein großer Erfolg und erhielt für seine Spezialeffekte eine Oscar-Nominierung und eine für den Britischen Filmpreis. Fox gaben grünes Licht für die Fortsetzung "Alien: Covenant", die bereits in den Fox-Studios in Sydney abgedreht ist und am 18. Mai in die deutschen Kinos kommen wird.
Kritikerin Ali Gray schrieb in "The Shiznit": "Das Mischmasch von groteskem Körperhorror und kopfkratzendem Existentialismus sorgt nicht gerade für den schlüssigsten Film, aber wenigstens ist er unterhaltsam und sicherlich kein Schwachpunkt der Reihe."
Das letzte Wort soll aber jemandem gebühren, der wirklich weiß, wovon er spricht - James Cameron: "Mir gefiel der Film, ich fand ihn großartig. Ridley kehrt mit Gusto zur Science Fiction zurück, mit einer großen taktischen Leistung, wunderschönen Bildern und phantastischem echten 3D. Es mag ein paar Dinge geben, die ich anders gemacht hätte - aber das lässt sich für jeden Film sagen."
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