"Die Tribute von Panem - The Hunger Games", Pro7, 20:15 Uhr
Katniss Everdeen (Jennifer Lawrence) nimmt freiwillig den Platz ihrer jüngeren Schwester in den Hunger Games ein, einem im Fernsehen übertragenen Wettkampf, bei dem jeweils zwei Teenager aus je einem der zwölf Bezirke von Panem sich bis auf den Tod gegenseitig bekämpfen.
2009 kratzten Lionsgate Films alles Geld zusammen, was sie hatten (oder liehen es sich), um die Rechte an Suzanne Collins' Jugendbuch-Trilogie "The Hunger Games" zu erwerben, die 2008 erschienen war. Hätten die anderen großen amerikanischen Filmstudios gewusst, welche Goldader die Kanadier damit anstachen, wären die Rechte wohl nicht für nur 200 000 Dollar über den Tisch gegangen. So aber konnten sich Lionsgate, die fünf Jahre hintereinander keinen Gewinn gemacht hatten, über eine der profitabelsten Reihen der letzten Jahre freuen.
"The Hunger Games" spielt in einem dystopischen Nordamerika der Zukunft: Während die Hauptstadt, das Kapitol, in obszönem Reichtum und Verschwendung lebt, vegetieren die unterdrückten Außendistrikte des Landes in Hunger und Armut. Einziger Weg aus diesem Zustand ist für einige wenige einmal im Jahr die Teilnahme an den landesweit übertragenen "Hunger Games", bei denen sich jeweils zwei Jugendliche aus jedem der zwölf Distrikte in einer riesigen Arena so lange bekämpfen müssen, bis nur noch ein Sieger übrig bleibt.
Für die entscheidende Rolle der Katniss Everdeen bewarben sich rund 30 Schauspielerinnen, darunter alles, was heute Rang und Namen hat - Hailee Steinfeld, Abigal Breslin, Emma Roberts, Saoirse Ronan, Chloe Grace Moretz und Shailene Woodley. Der Part ging schließlich an die damals 21-jährige Jennifer Lawrence, die 2010 mit "Winter's Bone" einem breiteren Publikum ein Begriff geworden war. Den Regieposten vertraute man unerwarteterweise "Seabiscuit"-Regisseur Gary Ross an, der auch zusammen mit Romanautorin Collins und Billy Ray das Drehbuch schrieb. Gedreht wurde hauptsächlich in North Carolina, das 8 Millionen Dollar Steuernachlass gewährte.
Insgesamt kostete der erste Teil 78 Millionen Dollar. Man legte viel Wert auf die Masken, Kulissen, Ausstattung und Kostüme: Mit den 500 verschiedenen, teilweise aufwendigen Frisuren waren alleine 35 Friseure und Maskenbildner beschäftigt - um die Unterschiede in Farbe und Form zwischen dem Capitol mit seiner Mischung aus zukünftigem Art Déco-Retro-Design und den Distrikten mit seinem Große Depression-Gefühl - gedreht wurde unter anderem in einem verlassenen Mühlendorf von Beginn des 20. Jahrhunderts - deutlich werden zu lassen.
"The Hunger Games" ist mit seinem Thema sich gegenseitig abschlachtender Teenager keine leichte Kost: Die Zensoren taten sich schwer, eine Altersfreigabe "Ab 12 Jahren" zu erteilen - in Großbritannien erhielt der Streifen diese nur nach Schnitten und anderen Modifikationen (weniger Blut etc.), während die ungeschnittene Version auf Disc erst "ab 15 Jahren" freigegeben werden sollte.
Davon abgesehen, gelang es Regisseur Ross, die dramatische Gewalt, die rohen Emotionen und den anspruchsvollen Handlungsrahmen des Romans werkgetreu und hervorragend auf die Leinwand zu bringen (wobei er nicht digital, sondern mit echtem Film photographieren ließ), spannend und ausgezeichnet gespielt.
"The Hunger Games" lud zu vielen kontroversen Diskussionen ein, vom Vorwurf, das Ganze sei ein schwacher Abklatsch des japanischen Thrillers "Battle Royale" über die Diskussion, ob Lawrence zu babyspeckig für einen Charakter wirke, die im Buch nahe am Rande des Verhungerns lebt, bis zu der Auseinandersetzung über die Ethnien der Charaktere. Welche politische Botschaft der Film transportiere, ob er christlich zu lesen sei oder feministische Untertöne habe, ließen den Blätterwald ebenfalls rauschen und die Computer-Tastaturen klappern.
All dies trug aber eher noch zum Interesse an diesem Werk bei, als dass es dieses behinderte - die Romanadaption wurde ein Riesenerfolg: In den USA kam sie mit 408 Millionen Dollar als dritterfolgreichster Film des Jahres 2012 hinter "The Avengers" und "The Dark Knight Rises" ins Ziel; weltweit spielte sie insgesamt 691 Millionen Dollar ein. Bei den Golden Globes wurde der Song "Safe and Sound" nominiert. Nach diesem Triumph war klar, dass die gesamte Trilogie verfilmt werden würde. Um die Kuh noch etwas länger zu melken, sogar mit einem zweigeteilten dritten Part.
Die Kritiken zu "The Hunger Games" waren exzellent und übertrafen sogar die Publikumsreaktionen. Kritiker Colin Covert lobte für die "Minneapolis Star Tribune": "Zuschauer, die als Beigabe zu ihrem Science Fiction-Film eine politische Allegorie mögen, werden hier vieles zu würdigen wissen. So wie auch Romantiker, Fans von feministischen Helden und Action-Begeisterte. Dieser Film ist dieses seltene Beispiel für einen Blockbuster von echter Bedeutsamkeit."
"Der englische Patient", Arte, 20:15 Uhr
Michael Ondaatje's Roman "The English Patient" von 1992 ist kein einfach zu adaptierendes Buch. Die Geschichte eines schwer verwundeten Überlebenden eines Flugzeugabsturzes (Ralph Fiennes), der am Ende des Zweiten Weltkrieges von einer Krankenschwester (Juliette Binoche) in einer verlassenen Villa in der Toskana gepflegt wird, arbeitet hauptsächlich mit Rückblenden. Die vordringliche Aufgabe von Regisseur und Drehbuchautor Anthony Minghella und seinem Cutter Walter Murch war es, die Geschichte mit etwa 40 Wechseln der Zeitebene so zu erzählen, dass die Zuschauer nicht den Überblick verloren.
Das gelang vorzüglich - und von den neun "Oscars", die das Drama gewinnen konnte - gingen zwei an den Regisseur und den Cutter. Nicht nur die Academy schätzte den komplexen, bewegenden und kraftvollen Streifen, sondern auch die Kritik pries das wunderschön photographierte Werk, dem man höchstens die Überlänge ankreidete. Die 27 Millionen Dollar teure Miramax-Produktion kam auch beim Publikum an. Zwar war er in den USA nur mäßig erfolgreich (auch behindert durch die strenge Altersfreigabe "R", die Jugendliche ausschließt, während er in Deutschland schon "ab 12 Jahre" freigegeben wurde), aber international um so erfolgreicher, so dass am Ende 232 Millionen Dollar umgesetzt worden waren.
"The English Patient" gewann rund 50 Preise. Bei den Academy Awards erhielten auch Binoche als "Beste Nebendarstellerin", die "Beste Kamera", die "Besten Kulissen", die "Besten Kostüme", der "Beste Ton" und die "Beste Musik" einen Goldjungen. Nominiert waren darüber hinaus Fiennes als "Bester Hauptdarsteller", Kristin Scott-Thomas als "Beste Hauptdarstellerin" und das "Beste Drehbuch". Bei den Golden Globes gewann das Werk als "Bester Film" und für Gabriel Yared's "Beste Musik". Bei den Britischen Filmpreisen wurde der Streifen ebenfalls als "Bester Film" ausgezeichnet; dazu gab es Preise für das "Beste Drehbuch", Binoche als "Beste Nebendarstellerin", die "Beste Kamera", die "Beste Musik" und den "Besten Schnitt". Auf der Berlinale wurde Juliette Binoche mit einem Silbernen Bären geehrt; ebenso gewann sie einen Preis bei den Europäischen Filmpreisen, so wie Kameramann John Seale.
Eine Zuschauerin aus Oregon findet: "In einer Art und Weise, die an die besten Filme von David Lean erinnert, rauscht diese romantische Liebesgeschichte mit solcher Epik über die Leinwand, dass sie an die riesigen Wüstenregionen erinnert, in denen sie teilweise spielt. Minghella's Film ist filmgewordenes Genie - erschaffen und übermittelt mit poetischer Perfektion. Der Film wirkt wie ein Gemälde von Monet, das zum Leben erwacht. Von den Bildern des Vorspanns an verzaubert Minghella sein Publikum mit einer Geschichte, deren emotionale Schönheit den umwerfenden und pulsierenden Bildern entspricht, die John Seale's bemerkenswerte Photographie einfängt."
"Lone Survivor", Pro7, 23:00 Uhr
Marcus Luttrell (Mark Wahlberg) und sein Navy Seals-Team werden im Juni 2005 beauftragt, in Afghanistan den berüchtigten Taliban-Anführer Ahmad Shah (Yousuf Azami) zu töten. Der Auftrag gerät zu einer gefährlichen Mission, bei der die Soldaten bald um ihr Leben kämpfen müssen.
Der plumpe Hurra-Patriotismus macht diesen Thriller von 2013 für ein nicht-amerikanisches Publikum schwer verdaulich, und so erklärt sich sicherlich auch, dass der Streifen in den USA ein großer Erfolg war, während er im Rest der Welt floppte. Aber unbestreitbar ist dies Filmemachen höchsten Kalibers, bei der nicht nur vor der Kamera aus allen Rohren gefeuert wird.
Obwohl sich das Filmteam aus verständlichen Gründen nicht auch nur in die Nähe des afghanischen Handlungsortes begab - die 40 Millionen Dollar teuren Dreharbeiten fanden im US-Bundesstaat New Mexico statt - glaubt sich der Zuschauer direkt in das Kampfgeschehen hineinversetzt. Die leichtgewichtige digitale Kamera, die Mikrophone an der Ausrüstung der Schauspieler, 400 Spezialeffekte, die Toneffekte - sowohl der Tonschnitt als auch die Tonmischung wurden für den "Oscar" nominiert - und der Schnitt verbinden sich zu der perfekten Illusion, tatsächlich vor Ort zu sein.
Dazu kommt die Detailtreue, mit der Regisseur und Drehbuchautor Peter Berg das gleichnamige Sachbuch des ehemaligen Navy Seals Marcus Luttrell aus dem Jahr 2007 in Szene gesetzt hat. Luttrell war in der Drehbuchphase und während der Dreharbeiten Berater der Produktion, weitere Soldaten wirkten als Technische Berater mit, auch die US-Streitkräfte unterstützten Berg und sein Team. Der Künstler selbst sprach mit den Familienangehörigen der gefallenen Soldaten und nahm auch an einem Navy Seal-Einsatz im Irak teil.
Das Buch von Luttrell hatte einen Bieterwettstreit ausgelöst, bei dem Warner Brothers, Columbia Pictures, Paramount Pictures, DreamWorks and Universal Pictures um die Verfilmungsrechte wetteiferten. Letztere konnten sich die Rechte für 2 Millionen Dollar sichern. Am Ende ein lohnendes Geschäft, denn der überaus packende Streifen erhielt gute Kritiken und wurde mit weltweit 154 Millionen Dollar ein moderater Erfolg - auch weil, um die Kosten niedrig zu halten, Peter nur für den von der Gewerkschaft verlangte Mindestlohn von 17 000 Dollar die Woche gearbeitet hatte, und andere Mitglieder der Besetzung und des Stabs ebenfalls auf einen Teil ihrer sonst üblichen Gagen verzichteten.
Marcus Luttrell hat zu Beginn des Filmes einen Gastauftritt als SEAL namens Frankie. Unter anderem verschüttet dieser am Frühstückstisch absichtlich seinen Kaffee und befiehlt dem SEAL-Neuling Shane Patton (Alexander Ludwig) in einer Art Initiationsritual als "ersten Missionsauftrag", sauber zu machen.
Peter Berg und Mark Wahlberg haben inzwischen einen weiteren Thriller, der auf wahren Begebenheiten beruht, zusammen gedreht. Am 24. November startet "Deepwater Horizon" in den hiesigen Kinos.
Kritiker Jim Schembri schrieb in "3AW": "Wenn es eine Botschaft im Kern dieses herausragenden, realistischen und auf Tatsachen beruhenden Werks gibt, dann, dass keine noch so neumodische Militärtechnologie die Brutalität und das Sterben an der Front verschwinden lassen kann."
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