Der philippinische Wettbewerbsbeitrag "Ang babaeng humanyo" ("The Woman Who Left") von Lav Diaz hat vorgestern den Goldenen Löwen auf den 73. Filmfestspielen von Venedig erhalten. Die Jury um ihren Vorsitzenden Sam Mendes wollte mit dieser überraschenden Entscheidung, ein fast vierstündiges, in Schwarzweiß gedrehtes Drama aus Asien auszuzeichen, das die Beobachter nicht zu den Favoriten zählten, "Menschen ermuntern, in die Kinos zu gehen, um originelle Filme zu sehen". Ähnliche Überlegungen hatte auch schon im Februar die Jury um Meryl Streep auf der Berlinale geleitet, die Diaz' gar achtstündiges Werk "Hele sa hiwagang hapis" mit einem Sonderpreis für "Filme, die neue Perspektiven eröffnet" bedacht hatte.
"Ang babaeng humanyo" erzählt von einer Frau, die 30 Jahre unschuldig im Gefängnis gesessen hat und sich nach ihrer Entlassung ein neues Leben aufzubauen versucht, nachdem ein Freund gestanden hat, sie zu Unrecht belastet zu haben. Das Drama ist von der Kurzgeschichte "Gott sieht die Wahrheit, sagt sie aber nicht sogleich" von Leo Tolstoi inspiriert.
Bei den weiteren Preisen streute die Jury ihre Entscheidungen über mehrere, kommerziell potentiell stärkere Produktionen. So erhielt Tom Ford ("A Single Man") für seinen US-Thriller "Nocturnal Animals" den Großen Preis der Jury, sozusagen die Silbermedaille. Emma Stone bekam den Volpi Cup als "Beste Darstellerin" in dem US-Musical und Eröffnungsfilm "La La Land", das von allen Beiträgen in den zehn Festivaltagen die besten Kritiken erhalten hatte. Ebenfalls sehr gut angekommen war das US-Drama "Jackie" über die US-Präsidentschaftsgattin Jackie Kennedy, die von Natalie Portman verkörpert wird. Hier erhielt Drehbuchautor Noah Oppenheim den Preis. Als Schauspieler wurde Oscar Martinez in der argentinischen Komödie "El Ciudadano Ilustre" ausgezeichnet.
Hier die Liste der Preisträger:
Goldener Löwe: "Ang babaeng humanyo" (Philippinen)
Großer Preis der Jury: "Nocturnal Animals" (USA)
Beste Regie: Amat Escalante für "La Region Salvaje" (Mexiko) und Andrey Konchalovskiy für "Ray" (Russland)
Bestes Drehbuch: Noah Oppenheim für "Jackie" (USA)
Beste Schauspielerin: Emma Stone für "La La Land" (USA)
Bester Schauspieler: Oscar Martinez für "El Ciudandano" (Argentinien)
Spezialpreis der Jury: "The Bad Batch" (USA)
Marcello Mastroianni Preis für die "Besten Nachwuchsschauspieler": Paula Beer für "Frantz" (Frankreich)