Im Mai waren bei den Filmfestspielen in Cannes einige Medienvertreter regelrecht empört, dass der deutsche Vertreter im Wettbewerb, die Komödie "Toni Erdmann", nicht die Goldene Palme erhielt. Maren Ade's Film war ein Liebling bei Kritikern als auch beim Publikum gewesen. Als die BBC in dieser Woche eine Kritikerumfrage zu den 100 besten Filmen des gerade mal begonnenen 21. Jahrhunderts veröffentlichte, gehörte der aktuell erfolgreich in den Programmkinos laufende Streifen sogar auch schon dazu. Die Internationale Vereinigung der Filmkritiker und Filmjournalisten hat das Werk zum "Film des Jahres" gekrönt; bei den Europäischen Filmpreisen hat es die NFP-Produktion in die Vorauswahl geschafft. Und sie gewann das Filmfestival von Brüssel.
Keine Frage - nicht nur das deutsche Publikum liebt "Toni Erdmann", er kommt international überall ebenso gut an. So ist die heutige Entscheidung der Auslandsvertretung des Deutschen Films in München, German Films, den Sandra Hüller-Streifen als deutschen Beitrag zur "Oscar"-Vorauswahl zum "Besten nicht englischsprachigen Film" nach Hollywood zu schicken, nur folgerichtig.
"Toni Erdmann" hat sich gegen sieben Konkurrenten - darunter der Gewinner des Deutschen Filmpreises "Der Staat gegen Fritz Bauer" - durchgesetzt. Die Jury erklärt: "Der Film überzeugt durch seine konsequente künstlerische Handschrift und ist eine ebenso mutige wie stilsichere filmische Seelenschau am Puls der Zeit. Maren Ade schafft es, 162 Minuten Film zu einem humorvoll-entlarvenden Spaziergang durch die Nuancen einer Vater-Tochter Beziehung werden zu lassen. Er ist anrührend, aufrüttelnd, gesellschaftliche Fragezeichen implementierend und von unbeirrbarer gestalterischer Klarheit. So muss modernes, internationales Kino sein!"
Regisseurin Ade reagierte auf die frohe Botschaft mit einer Pressemitteilung: "Ich freue mich sehr, dass die Jury 'Toni Erdmann' ins 'Oscar'-Rennen schickt, und bin gespannt, wie Toni sich in Los Angeles so benimmt."
Die Academy of Motion Picure Arts and Sciences, die den "Oscar" verleiht, wird am 17. Januar 2017 die Shortlist der eingesendeten Bewerbungen aus dem Ausland veröffentlichen und dann eine Woche später am 24. Januar die fünf nominierten Werke bekannt geben.
Der letzte deutschsprachige Film, der unter die fünf Nominierten kam, war "Das weiße Band" von Michael Haneke 2010. Den letzten "Oscar" für Deutschland gewann "Das Leben der Anderen" von Florian Henckel von Donnersmarck im Jahr 2007. Letztes Jahr hatte German Films der Academy "Das Labyrinth des Schweigens" vorgeschlagen, der es jedoch nicht unter die besten Fünf schaffte.