"Die verlorene Zeit", Arte, 20:15 Uhr
In den siebziger Jahren sieht eine in New York lebende Jüdin (Dagmar Manzel), die einst vor den Nazis aus Europa floh, im Fernsehen Bilder eines Mannes (Lech Mackiewicz), den sie in einem KZ kennen und lieben lernte, und macht sich auf, den Totgeglaubten zu finden.
Jerzy Bielecki ist einer der wenigen, dem die Flucht aus dem Vernichtungslager Auschwitz gelang. 1944 floh der polnische Sozialarbeiter zusammen mit seiner Freundin, die er im Lager kennen gelernt hatte, und schloss sich der polnischen Untergrundbewegung an. Seine Erlebnisse verarbeitete er in dem Buch "Wer ein Leben rettet - Die Geschichte einer Liebe in Auschwitz" im Jahr 1990.
Drehbuchautorin Pamela Katz ("Hannah Arendt") und Regisseurin Anna Justice nahmen seine Erinnerungen als Grundlage ihres emotional starken, schmerzend romantischen und packenden deutschen Dramas, das Sentimentalitäten umgeht. Die Handlung springt zwischen der Gegenwart des Jahres 1976 und den Ereignissen während des Holocaust hin und her und gerät bisweilen ins Holpern, was nichts daran ändert, dass diese MediaPark-Produktion von 2011 tief bewegend ist.
Kritikerin Louise Keller schrieb in "Urban Cinefile": "Regisseurin Anna Justice verwebt die Elemente der Liebe, des Krieges, des Vergehens von Zeit in den verschiedenen Zeitebenen erfolgreich. Ein ergreifender Film, der Aufmerksamkeit verdient hat."
"Die drei Tage des Condor", 3sat, 22:15 Uhr
Ein belesener CIA-Rechercheur (Robert Redford) findet alle seine Mitarbeiter tot auf und muss die Verantwortlichen überlisten, bis er herausfindet, wem er wirklich trauen kann.
Ein Element der amerikanischen Gegenkultur, welche die Siebziger so sehr von den Fünfzigern unterschied, ist die Darstellung der US-Regierung. War diese in früheren Filmen noch tugendhaft auf der richtigen Seite im Kampf gegen "das Böse", so waren die Trennlinien inzwischen nicht mehr so scharf zu ziehen. Die Regierung konnte sich auch gegen ihre eigenen Bürger oder Angestellten wenden. Als Sydney Pollack ("The Firm") diesen Thriller 1974 drehte, waren die Vorgänge des Watergate-Skandals rund um den gerade zurückgetretenen US-Präsident Richard Nixon, der seine Administration im internen Tonfall, beim Personal und mit zunehmenden Rechtsverstößen rücksichtslos wie ein Gangster-Syndikat geführt hatte, präsent.
Pollack, der sich des Romans "The Six Days of the Condor" von James Grady aus dem Jahr 1974 bediente, fängt mit seinem intelligenten Thriller die paranoide Atmosphäre jener Zeit dank seiner spannenden Inszenierung und der exzellenten Darstellungen von Robert Redford und Faye Dunaway hervorragend ein. Gedreht wurde die Paramount Pictures-Produktion vor Ort in New York City, New Jersey und Washingon DC.
Mit 41 Millionen Dollar wurde das Werk 1975 ein großer Erfolg an den Kinokassen und für den Schnitt für einen "Oscar" nominiert; Dunaway lag im Rennen als Hauptdarstellerin für einen Golden Globe.
Ein Zuschauer aus Olathe im US-Bundesstaat Kansas lobt: "Dieser Film hat alles, was ein politischer Thriller haben sollte - großartige Schauspieler und eine gut geschriebene, konsistente Handlung. Was herausragt, ist die Tatsache, dass Robert Redford keinen Action-Helden markiert. Er ist nur aufgrund seiner Intelligenz immer gerade einen Schritt voraus. Das macht es wesentlich interessanter als die einfältigen Schießereien aktueller Action-Helden."
"Todesangst", Arte, 01:10 Uhr
Die Mannschaft eines dänischen Frachtschiffs wird von somalischen Piraten gekapert, die sich in ausufernden Verhandlungen mit den Verantwortlichen in Kopenhagen ergehen.
Ein Jahr, bevor Tom Hanks in "Captain Philipps" wesentlich aufmerksamkeitsstärker das Opfer von somalischen Piraten wurde, schickte der dänische Regisseur und Drehbuchautor Tobias Lindholm ("A War") 2012 eine dänische Mannschaft in "Kapringen" (Gekapert) durch eine lebensbedrohende Ausnahmesituation. Die Idee dazu hatte er durch die Meldungen über die beiden 2008 im Indischen Ozean gekaperten dänischen Frachtschiffe MV Danica White und MV CEC Future erhalten.
Bei seinem Thriller bemühte sich der Filmemacher um so viel Realismus wie möglich. Gedreht wurde auf einem echten Schiff im Indischen Ozean. Die Komparsen bestanden aus Matrosen, die tatsächlich schon einmal Opfer einer Kaperung geworden waren und wertvolle Tips beisteuerten. Die Piraten rekrutierten sich aus Jugendlichen im kenianischen Mombassa. Die Figur des dänischen Unterhändlers Connor Julian besetze Lindholm mit Gary Skjoldmose Porter, einem tatsächlichen Verhandlungsführer, der ursprünglich nur als Berater fungieren sollte. Er bekam keine Dialoge, sondern musste spontan vor der Kamera verhandeln, wie er es in der Realität tun würde.
Das Ziel war es, dem Zuschauer das Gefühl zu geben, er sei quasi vor Ort mitten im sich unvorhersehbar entfaltenden Geschehen dabei. Das gelingt Tobias großartig: Sein spannender und packender Thriller vermeidet Action-Film-Klischees und erzeugt stattdessen einen spürbares Angstgefühl, indem er die ungeschminkte Realität mit atmosphärischer Schönheit verbindet.
Das Publikum war zufrieden, die Kritiker begeistert und überschütteten den Streifen mit Lobeshymen. Bei den Dänischen Filmpreisen gewann "Kapringen" fünf Preise als "Bester Film", für das Drehbuch, für Søren Malling als "Bester Hauptdarsteller", für den "Besten Ton" und den "Besten Schnitt". Nominiert waren des weiteren Regie, Kamera, Musik, Ausstattung, Kostüme, Maske und Pilou Asbæk als "Bester Nebendarsteller".
Kritiker Dan Schindel schrieb in "Movie Mezzanine":"Der Film will, dass man das Kino nicht verlässt, ohne mit den Opfern solcher realer Gewalt mitzufühlen. Das macht den Streifen so bemerkenswert und eindringlich."
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