Olympia - na und? Die Fernsehsender zeigen heute Abend gleich zwei Meisterwerke: Auf Sat1 läuft "Fluch der Karibik", das ZDF zeigt den Klassiker "Der Clou", den erfolgreichsten Film des Jahres 1973 und siebenfachen "Oscar"-Gewinner, im Nachtprogramm.
"Fluch der Karibik", Sat1,20:15 Uhr
Der Schmied Will Turner (Orlando Bloom) verbündet sich mit dem exzentrischen Piraten Jack Sparrow (Johnny Depp), um seine Geliebte (Keira Knightley) aus den Fängen von Jack's früheren Kumpanen zu befreien, die nun als Untote über die Meere geistern.
Niemand erwartete sich 2003 viel von "Pirates of the Caribbean" (so der Originaltitel), als er in die Kinos kam. Das Piraten-Genre schien sich mit dem Mega-Flop "Die Piratenbraut" mit Geena Davis acht Jahre zuvor endgültig selbst versenkt zu haben, Johnny Depp hatte noch nie einen Sommer-Blockbuster angeführt, aber vor allem: Ein Film, der auf einer Attraktion in einem Disney-Freizeitpark fußte? Da rümpften die Journalisten die Nasen.
Allerdings waren sie nicht die Einzigen, die Bedenken hatten, was das 140 Millionen Dollar teure Unterfangen betraf - bei Walt Disney Pictures war man sich ebenfalls nicht so sicher, ob das Ganze eine so gute Idee war, nachdem der erste auf einer Themenpark-Attraktion beruhende "The Country Bears" gerade gnadenlos gefloppt war. Disney-Chef Michael Eisner wollte "Pirates of the Caribbean" daher schon in der Vorproduktion den Stecker ziehen, doch Produzent Jerry Bruckheimer und Regisseur Gore Verbinski (der ein Unternehmen solcher Größe noch nie verantwortet hatte) konnten Eisner überzeugen, in Produktion zu gehen. Dafür sollte Eisner den Beiden noch heute dankbar sein, denn die "Pirates"-Reihe hat sich zu der profitabelsten Reihe für Disney überhaupt entwickelt.
Gedreht wurde in Kalifornien, aber auch vor Ort in der Karibik auf der Insel St. Vincent. Die Szenen mit den Schiffen entstanden dabei aus einer Mischung mit realen Schiffen, Modellen und Computeranimation. Viele der Computer-Spezialeffekte bestanden indes darin, ins Bild gefahrene moderne Segelschiffe "auszuradieren". Es war der Crew schwer genug gefallen, überhaupt eine noch einsame, nicht vom Tourismus in Beschlag genommene Bucht gefunden zu haben - doch ganz ließ sich die moderne Welt nicht ausschalten.
Als "Pirates of the Caribbean" dann passenderweise seine Uraufführung im Disneyland Resort in Kalifornien feierte, waren es zuallererst die Kritiker, die staunten. Abgesehen von der Tatsache, dass der Abenteuerfilm rund eine halbe Stunde zu lang geraten war, hatten sie nichts zu mäkeln: Verbinski war ein Film gelungen, der einfach Riesenspaß machte! Und viele wussten auch, wer auf der Leinwand für diesen Spaß hauptsächlich verantwortlich war: Johnny Depp. Verbinski hatte dem damals 39-Jährigen lange Leine gelassen, und Depp nutzte das, um eine der unvergesslichen Figuren der Filmgeschichte zu kreieren: Einen Stoner-Slacker-Piraten, für den er sich laut eigenen Angaben Rolling Stones-Gitarristen Keith Richards als Vorbild genommen hatte: "Piraten waren die Rockstars ihrer Zeit."
Wie grandios Johnny's Leistung war, kann man allein daran ermessen, dass er nicht nur für einen Golden Globe, sondern auch für einen "Oscar" als "Bester Hauptdarsteller" nominiert wurde. Komödiantische Darstellungen haben normalerweise äußerst geringe Chancen, von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences gewürdigt zu werden. Auch die technische Meisterschaft des Werkes blieb nicht unbeachtet: Vier weitere "Oscar"-Nennungen gab es für die "Beste Maske", die beste "Tonmischung", den "Besten Tonschnitt" und die "Besten Spezialeffekte".
Doch was am Ende zählt, sind die Dublonen - und die flossen reichlich: Weltweit konnte Depp's Schiff "Black Pearl" zu 654 Millionen Dollar segeln - in den USA war die Disney-Produktion der dritterfolgreichste Film des Jahres. Sofort gaben die Studio-Bosse das grüne Licht für nicht eine, sondern sofort zwei Fortsetzungen, die sogar noch erfolgreicher werden sollten.
Ein Zuschauer aus San Francisco ist hin und weg: "Das ist nicht einfach nur eine weitere Zahl im Sommer-Blockbuster-Lotto, sondern ein vorzügliches Werk der Phantasie und des Einfallsreichtums, ein echter Klassiker vom Range eines 'The Wizard of Oz'. Ich hoffe, dass Johnny Depp's Darstellung ihm einen Platz in der Ruhmeshalle des Kinos sichert - etwas, das wir unseren Kindern und Enkeln wie einen entdeckten Schatz wieder und wieder zeigen werden."
"RoboCop", 3sat, 00:01 Uhr
In einem dystopischen und von Kriminalität geplagten Detroit kehrt ein tödlich verwundeter Polizist (Peter Weller) als ein mächtiger Cyborg, der von seinen verschütteten Erinnerungen geplagt wird, zu seiner Einheit zurück
Ein bisschen erinnert die Geschichte dieses Science Fiction-Films von 1987 an die Geschichte eines ungeliebten Bengels mit schlechten Manieren, der sich am Ende als Klassenbester herausstellt. Der niederländische Regisseur Paul Verhoeven ("Total Recall") musste der Zensorbehörde zwölf Schnittfassungen vorlegen, bevor sein Werk endlich eine Freigabe erhielt, die nicht der eines Porno-Films entsprach. Ein dreiviertel Jahr darauf gewann "Robocop" einen "Oscar" für den "Besten Schnitt der Toneffekte" und war für zwei weitere beim "Besten Schnitt" und beim "Besten Ton" nominiert.
Einige Kritiker hatten sicherlich zur Überraschung der Filmemacher selbst den Streifen als einen der besten des Jahres gekürt, die Zuschauer die Orion Pictures-Produktion mit 53 Millionen Dollar zu einem großen Erfolg gemacht. Rundherum konnten alle zufrieden sein, und für Produzent Jon Davison, der nach den anstrengenden und aus dem Ruder gelaufenen Dreharbeiten gesagt hatte, er habe sich "selbst wie das Opfer eines Gewaltverbrechens gefühlt", hatten sich die Mühen letztlich bezahlt gemacht.
Die Idee zu "RoboCop" speiste sich aus zwei Drehbüchern, deren Autoren Edward Neumeier und Michael Miner sich 1984 zusammen getan hatten. Neumeier hatte seit 1981 an einem Skript über einen Polizistenroboter gewerkelt, während Miner an einer Idee gesessen hatte, bei der ein Polizist nach einem Unfall an Maschinen angeschlossen wird und so Superkräfte entwickelt. Orion, die gerade mit "The Terminator" einen großen Erfolg verbucht hatten, kauften die Verfilmungsrechte.
Für die Hauptrolle waren Arnold Schwarzenegger und Rutger Hauer, mit dem Verhoeven gerade bei "Flesh and Blood" zusammen gearbeitet hatte, im Gespräch, doch wegen ihrer großen, muskulösen Physis waren sie letzlich ungeeignet für die Figur und das Kostüm des RoboCop. Selbst der schmächtigere Weller quälte sich mit dem Kostüm, das zunächst ungeeignet war, sich wie beabsichtigt darin zu bewegen, und dann den Schauspieler in der Hitze der Dreharbeiten im Sommer 1986 im texanischen Dallas extrem schwitzen ließ. Unter anderem wegen der Schwierigkeiten mit dem RoboCop-Kostüm verzögerten sich die Dreharbeiten, und das Budget explodierte von 10 auf 13 Millionen Dollar. Alle Tricks entstanden dabei noch ohne Computerbearbeitung mit praktischen Effekten und Modellen.
Wie später bei "Starship Troopers" musste sich Verhoeven den Vorwurf gefallen lassen, einen faschistischen Film gedreht zu haben, während der Regisseur betonte, dass er einen satirischen Blickwinkel gegenüber solchen Positionen eingenommen habe und sich über sie lustig mache. In jedem Fall gelang ihm ein optisch hervorragender und überraschend intelligenter Streifen, der seine Ultra-Gewaltdarstellungen nutzt, um seine Satire amerikanischer Kultur zu ummanteln.
Der Erfolg von "RoboCop" blieb nicht folgenlos: Nach zwei Fortsetzungn, zwei Zeichentrickserien, einer Fernsehserie und einer Miniserie erschien vor zwei Jahren die Wiederverfilmung von José Padilha mit Joel Kinnaman in der Titelrolle, die den Erfolg des Originals nicht wiederholen konnte.
Ein niederländischer Zuschauer lobt: "Der Erfolg dieses Films kann einem Mann zugeschrieben werden - Paul Verhoeven. Seine spezielle Mischung aus völlig übertriebener Gewalt, Blut und sozialer Satire machen aus diesem Streifen mehr als einen zweitklassigen Film mit lahmem Titel, schwacher Geschichte und Figuren. Auch diejenigen, welche die Sozialsatire nicht verstehen, werden sich bestens unterhalten fühlen."
"Der Clou", ZDF, 00:25 Uhr
Im Chicago des Jahres 1936 tut sich ein kleiner Trickbetrüger (Robert Redford) mit einem Meisterbetrüger (Paul Newman) zusammen, um ein Vermögen von einem kriminellen Bankier (Robert Shaw) zu erschwindeln und den Mord an seinem Partner zu rächen.
"The Sting" ist der Beweis, dass Charme, Humor und einige raffinierte Wendungen genügen, um einen großartigen Film zu machen, der dann auch noch Blockbuster-mäßige Umsätze erzielt. 1973 war die Universal Pictures-Produktion mit 156 Millionen Dollar der mit Abstand erfolgreichste Streifen in den USA. Inflationsbereinigt wären dies heute 770 Millionen Dollar. Zum Vergleich: Der aktuell erfolgreichste Film des Jahres in den Staaten - "Finding Dory" - kommt auf knapp 500 Millionen Dollar.
David Ward hatte für sein Drehbuch das Sachbuch "The Big Con" von David Maurer aus dem Jahr 1940 adaptiert, in dem Maurer einen Betrug, wie er im Film dann gezeigt wird, schilderte. Universal engagierten für den Kriminalfilm mit Regisseur George Roy Hill, Paul Newman und Robert Redford das Erfolgstrio, das vier Jahre zuvor mit "Butch Cassidy and the Sundance Kid" bereits einen Riesenerfolg gelandet hatte.
Als Bösewicht kam der Engländer Robert Shaw hinzu. Als dieser kurz vor den Dreharbeiten im Beverly Hills Hotel auf nassem Untergrund ausrutschte und sich eine Bänderverletzung im Knie zuzog, wollte er die Rolle aufgeben. Doch Hill überzeugte ihn, an Bord zu bleiben und den Part mit Beinschiene unter den weiten Hosen zu mimen. Dass Shaw's Charakter im Film hinkt, wird nicht weiter thematisiert.
Bei den Academy Awards wurde der Mega-Erfolg ebenfalls entsprechend gewürdigt: Sieben Goldjungen bei zehn Nominierungen konnte "The Sting" abräumen: Bester Film, Regie, Drehbuch, Schnitt, Musik, Ausstattung und Kostüme gewannen. Leer gingen lediglich Hauptdarsteller Robert Redford, Kamera und Ton aus. 2005 nahm die Library of Congress den Streifen als "kulturell, historisch oder ästhetisch bedeutsames Werk" in das National Film Registry auf, um es der Nachwelt zu erhalten.
Ein Zuschauer aus Marietta im US-Bundesstaat Ohio findet: "Tolles Gaunerstück mit den Giganten Paul Newman und Robert Reford, die ihre 'Butch Cassidy und Sundance Kid'-Flamme wieder entzünden, um Verbrecher Robert Shaw in seiner besten Rolle zu übertölpeln. Komponist Marvin Hamlish frischt wunderschön Scott Joplin's großartige Musik auf, während Regisseur George Roy Hill und Drehbuchautor David Ward den Film mit schlagfertigen Dialogen, wundervoller Ausstattung und Schnitt sowie exzellenten Nebendarstellern vorantreiben."
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