"Frenzy", 3sat, 22:15 Uhr
Ein Serienmörder stranguliert in London Frauen mit seinen Krawatten. Scotland Yard hat einen Verdächtigen (Jon Finch), aber er ist der falsche Mann.
Nach den vielen Schwierigkeiten bei seinem letzten Film "Topaz" von 1969, einer für Alfred Hitchcock unüblich chaotischen Produktion, setzte sich der Filmemacher für seinen vorletzten Film "Frenzy" (zu deutsch: Raserei) kleiner und kehrte in vielerlei Beziehung zu seinen Wurzeln zurück. Erstmals seit 1950 und "Stage Fright" ("Die Rote Lola") drehte der Engländer wieder in seiner Heimat und dann auch noch vor der Haustür seiner Kindheit in Covent Garden in London.
Thematisch griff er auf sein seit 1926 immer wieder auftauchendes Motiv des zu Unrecht verdächtigten Mannes zurück, der seine Unschuld beweisen muss, und nutzte dafür den Roman "Goodbye Piccadilly, Farewell Leicester Square" von Arthur La Bern aus dem Jahr 1966, den Anthony Shaffer ("Mord mit kleinen Fehlern") adaptierte.
Wie schon lange nicht mehr durchtränkte Hitchcock's angelsächsische Ironie das Werk, das er ohne Hollywood-Stars und nur mit britischen Schauspielern in Szene setzte, wobei er Michael Caine für die Rolle des Schurken nicht hatte engagieren können, weil Caine der Part nicht zusagte. Hitchcock stellt permanent mit makaberen Details und tiefschwarzem Humor einen Zusammenhang zwischen Essen, Sex und Tod her, das Ganze formal sorgfältig sowie technisch perfekt und nicht zuletzt spannend in Szene gesetzt.
Dabei bildet der Kriminalfilm eine seltsame Mischung aus Altmodischem - der Obst- und Gemüsemarkt in Covent Garden, der hier gezeigt wird, war eher eine Kindheitserinnerung als die realitätsnahe Abbildung vom Anfang der Siebziger - und Zeitgeist. So ist dies der erste Hitchcock-Film mit Nacktszenen, wobei aber für Anna Massey und Barbara Leigh-Hunt jeweils Körper-Doubles zum Einsatz kamen.
Nach den drei zuvor mit Enttäuschung aufgenommenen Filmen "Marnie", "Torn Curtain" und "Topaz" wurde "Frenzy" von der Presse als Rückkehr zur alten Form für den damals 72 Jahre alten Regisseur gefeiert. Vier Golden Globes-Nominierungen für den "Besten Film", die "Beste Regie", das "Beste Drehbuch" und die "Beste Musik" waren ein Ausdruck dieser Wertschätzung. Ein anderer war der Erfolg an den Kinokassen: Die 2 Millionen Dollar teure Produktion spielte alleine in den USA 12 Millionen Dollar ein.
Ein australischer Zuschauer findet: "Man sollte gewarnt sein, dass dieser Streifen eine der grauenvollsten Vergewaltigungs- und Mordszenen enthält, die je gefilmt wurden - wunderschön gefilmt natürlich, so dass man nicht wegschaut, aber das macht es nur noch fürchterlicher. Anschließend folgt eines von Hitchcock's Markenzeichen: Eine lange Kamerafahrt ohne Schnitt. Die Kamera zieht sich zurück, aus dem Gebäude hinaus in die belebten und lauten Straßen - und man weiß in diesem Moment, dass niemand die arme Frau hat schreien hören. Einer von Hitchcock's selbstsichersten und spannendsten Filmen."
"Kiss Kiss Bang Bang", Pro7, 22:35 Uhr
Ein Mord führt einen Privatdetektiv (Val Kilmer), eine herumkrebsende Schauspielerin (Michelle Monaghan) und einen Dieb (Robert Downey Jr.), der sich als Schauspieler ausgibt, zusammen.
In fast keiner Kritik zu "The Nice Guys", Shane Black's aktuellem Kinofilm, fehlt der Verweis auf seinen Erstling "Kiss Kiss Bang Bang" von 2005 - und dass dieser doch besser gewesen sei. An Kritiker-Zuspruch fehlte es dieser Komödie nie; allein, warum die Warner Brothers-Komödie vor gut einem Jahrzehnt so schwer floppte, vermag sich niemand so recht zu sagen. Leider wiederholt sich für Black Geschichte: Auch "The Nice Guys" ist ein kritischer Gewinn, aber ein kommerzieller Reinfall.
Shane, damals immer noch besonders bekannt und hoch gehandelt für sein Drehbuch zu "Lethal Weapon" von 1987, nahm sich für sein Regiedebut, für das er selbst das Drehbuch verfasste, den Roman "Bodies Are Where You Find Them" von Brett Halliday aus dem Jahr 1941 als Grundlage und verfeinerte diese Art von Film Noir mit einem hartgekochten Privatdetektiv mit satirischen Einsprengseln zu phantastischer Unterhaltung. Die treffsicheren Darstellungen der großartigen Schauspieler, die virtuos konstruierte Geschichte, die ihre Motive aus - neben dem erwähnten Roman - vielen Quellen schöpfte, und die kluge Inszenierung tragen das Übrige zu dieser halben Hommage, halben Satire bei.
Leider ließen sich zu wenige Zuschauer in die Kinos locken, so dass die 15 Millionen Dollar teure Produktion weltweit gerade mal ihre reinen Produktionskosten wieder einspielte.
Kritiker Craig Outhier schrieb für "Orange County Register": "Der Film ist solch ein köstlichtes Bombardement, dass man kaum merkt, dass die verschachtelte und gewundene Handlung kein bisschen Sinn ergiebt."
"Snatch", Pro7, 00:40 Uhr
Skrupellose Boxpromotoren, brutale Buchmacher, ein russischer Gangster, inkompetente Amateurräuber und angeblich jüdische Juweliere ringen um einen unbezahlbaren gestohlenen Diamaten.
Nach seinem großen Erfolg mit dem Erstling "Lock, Stock and Two Smoking Barrels" ("Bube, Dame, König, Gras") von 1998 blieb der britische Filmemacher Guy Ritchie bei seinen Leisten und legte zwei Jahre darauf mit dieser Komödie eine Variation seines Debuts vor: Mit hohem Tempo wechselt er zwischen einzelnen Episoden dieses Ensemble-Films; wieder spielt die Handlung im Unterwelt-Milieu von London, zudem sind mit Alan Ford, Vinnie Jones und Jason Statham auch wieder die selben Schauspieler dabei - diesmal ergänzt durch die Hollywood-Stars Dennis Farina, Brad Pitt und Benicio del Toro.
Ritchie erzählt einfallsreich, fulminant und rasant und wechselt in bewährter Weise zwischen Humor und Gewaltszenen. Zwar schleicht sich manchmal der Verdacht ein, dass hier mehr Schein als Sein produziert wird, aber die bissigen Dialoge - der Regisseur ist auch für das Drehbuch verantwortlich - und die interessanten Charaktere machen dieses Meisterwerk, das beim Publikum noch besser ankam als bei den Kritikern, sehenswert. Die umgerechnet 10 Millionen Dollar teure britische Columbia Pictures-Produktion setzte weltweit 83 Millionen Dollar um.
Ein englischer Zuschauer schwärmt: "Dieser phantastische Film bringt alles, was 'Lock, Stock and Two Smoking Barrels' ausmachte, und macht es sogar noch besser. Wieder gibt es die geschickt verwobenen Handlungsstränge, die witzigen Sprüche und die zugleich einschüchternden und komischen Londoner Bösewichte. Ebenfalls wieder da sind der kunstvolle Schnitt und der oft cineastische Stil. Wie Guy Ritchie's Erstling braucht der Streifen etwas, um sich zu sortieren, aber wenn er einmal sein Tempo gefunden hat, hält er es bis zum Schluss durch."
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