"Vielleicht lieber morgen", Pro7, 20:15 Uhr
Ein introvertierter Studienanfänger (Logan Lerman) wird von zwei Studenten (Emma Watson und Ezra Miller) unter die Fittiche genommen und mit der wahren Welt vertraut gemacht.
1999 erschien der Briefroman "The Perks of Being a Wallflower" (Der Vorzug, ein Mauerblümchen zu sein) von Stephan Chbosky, der in der Folge das Interesse einer Reihe namhafter Filmemacher erregte, neben anderen John Hughes ("The Breakfast Club"), der die Verfilmungsrechte von Chbosky erwarb und sogar schon ein Drehbuch verfasste, es aber nicht zur Produktionsreife brachte.
Schließlich erwarben 2009 Mr. Mudd Productions, die Filmgesellschaft von John Malkovich, nach dem Tod von Hughes die Rechte und konnten Stephen Chbosky selbst überreden, sein Buch zu adaptieren und zu inszenieren. Manchmal ist es nicht die beste Idee, den Autoren selbst Hand anlegen zu lassen, denn welcher Schöpfer trennt sich schon gerne von seiner Prosa, wenn es darum geht, sie leinwandgerecht aufzubereiten? Doch Chbosky war uneitel genug, das Drehbuch von Hughes als Ausgangsbasis zu nehmen und mit seinen eigenen Noten zu versehen.
Und der Schriftsteller, der bis dahin nur 1995 eine kleine Independent-Komödie gedreht hatte, zeigte sich der Aufgabe mehr als gewachsen. Er schuf ein charmantes, tief empfundenes und ehrliches Drama, das von den starken Leistungen der Hauptdarsteller profitierte. Gedreht wurde für 13 Millionen Dollar in Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania.
"The Perks of Being a Wallflower" wurde 2012 als kleine Independent-Produktion mit weltweit 33 Millionen Dollar ein Achtungserfolg, erhielt hervorragende Kritiken und wurde für zahlreiche Preise nominiert und mit diesen ausgezeichnet. Kritiker Eric Snider lobte: "Es ist schon eine Weile her, dass ein Film so bunt die Komik, die Tragik, die Angst und den Überschwang des Erwachsenwerdens eingefangen hat."
"James Bond jagt Dr. No", ZDF, 23:00 Uhr
Ein zielstrebischer britischer Geheimagent (Sean Connery) untersucht das Verschwinden eines Kollegen und die Störungen des amerikanischen Weltraumprogramms.
Heute ist James Bond ein Milliardengeschäft, ein mediales Ereignis und eine der langlebigsten Filmreihen aller Zeiten. Wenn von "007", "Wodka Martini, geschüttelt, nicht gerührt" oder "Lizenz zum Töten" die Rede ist, weiß jeder halbwegs kulturell interessierte Mensch weltweit, was gemeint ist. Und mit "Dr. No" fing 1962 alles an.
Zwei britische Produzenten kämpften um die Verfilmungsrechte an der Agenten-Reihe des englischen Autors Ian Fleming und taten sich schließlich zusammen: Albert Broccoli, dessen Tochter Barbara die 007-Werke noch heute produziert, und Harry Saltzman konnten United Artists gewinnen, ihnen eine Filmversion zu finanzieren, nachdem eine Reihe von Hollywood-Studios abgewunken hatten, weil ihnen der Stoff "zu britisch" oder "zu sexuell aufreizend" schien.
Geplant war eigentlich, als erstes den achten Roman "Thunderball" zu verfilmen, aber ein Rechtsstreit zwischen Autor Fleming und dem Drehbuchautoren Kevin McClory verhinderte dies. Statt dessen entschieden sich Broccoli und Saltzman für "Dr. No", den sechsten James Bond-Roman von 1958. Diese Wahl war nicht ganz zufällig: Die im Buch und dann im Film erwähnten Störungen des US-Raumfahrtprogramms waren Anfang der Sechziger in der realen Welt mit verloren gegangenen US-Raketen in Cape Canaveral ein Thema.
Als Regisseur wählte Broccoli den soliden Handwerker Terence Young aus, der bereits für ihn Filme gedreht hatte. Richard Maibaum adaptierte das Buch recht getreu, was in der Zukunft bei den weiteren Abenteuern des Superspions beileibe nicht mehr so sein sollte.
Für ein erstes Werk etablierten Maibaum und Young erstaunlich viele Motive und Formalia, die bis heute die 007-Reihe kennzeichnen. Zwar fehlt noch die obligatorische Action-Szene vor dem Vorspann und ein Bond-Song, aber der einfallsreich gestaltete Vorspann selbst, das Eröffnungsbild mit dem in die Kamera durch einen Pistolenlauf zielenden Bond, die von Monty Norman komponierte James Bond-Musik, die erotische Frauenrolle (hier bestens verkörpert von der Schweizerin Ursula Andress), exotische Handlungsorte und ein größenwahnsinniger Bösewicht kommen ebenso bereits vor wie die Einführung "Bond. James Bond", der Martini, Bernard Lee als Geheimdienstchef M und Lois Maxwell als Miss Moneypenny, die ihre Rollen noch bis Ende der Siebziger beziehungsweise Mitte der Achtziger spielen sollten.
Young verzichtete indes auf die später üblichen Gadgets - allerdings auch aus dem simplen Grund, dass das bescheidene Budget von nur 1 Million Dollar keine großen Sprünge zuließ. Gedreht wurde auf Jamaika und in London, wo Ausstatter Ken Adam mit dem Wenigen, das er hatte, wahre Wunder wirkte und mit seinen futuristischen Kulissen maßgeblich zum Erfolg beitrug.
Erfolgsfaktor Nummer eins war indes der Hauptdarsteller, den niemand auf der Rechnung hatte und keiner zunächst so richtig wollte. Für seine Figur schwebte Ian Fleming eher jemand wie David Niven vor, während die Produzenten Cary Grant wollten. Nachdem einige Schauspieler für den Part getestet worden waren, ging er schließlich an einen 30 Jahre alten Schotten, der seit 1957 vor den Kinokameras stand, ohne bisher besondere Aufmerksamkeit auf sich gezogen zu haben: Sean Connery.
007 machte aus dem Nebendarsteller einen Superstar, der bis an sein Karriereende vom Nimbus dieser Figur zehrte, auch wenn ihm das nicht behagte. Fleming fand den selbstbewussten jungen Mann, dessen Unterarm die Tätowierung "Scotland Forever" zierte, zu ungehobelt - aber Connery definierte den Geheimagenten durch seine coole und raubtierhafte Art. Die Produzenten konnten froh sein, dass sie den Darsteller gleich für mehrere Filme unter Vertrag genommen hatten. Es sollte nicht lange dauern, bis Connery die Rolle satt hatte und aus dem Kontrakt aussteigen wollte.
Niemand erwartete viel von "Dr. No". Im schlimmsten Fall hätten sich die Kritiker und Zuschauer über die absurden Abenteuer lustig gemacht. Aber United Artists starteten schon lange vor der Premiere eine große Werbekampagne, um die Figur James Bond bekannt zu machen und schlossen Werbeverträge mit Alkoholika-, Tabak-, Kleidungs- und Auto-Firmen ab. Die Kritiken waren dann zur Premiere in der Tat lediglich gemischt, aber die Zuschauer fällten ein eindeutiges Urteil und machten den Streifen mit einem Umsatz von 6 Millionen Dollar weltweit zu einem Achtungserfolg, der United Artists veranlasste, sofort den nächsten Part "From Russia with Love" in Auftrag zu geben.
Heute zählt der humorvolle, action-reiche und spannende "Dr. No" zu den besten Teilen der gesamten 007-Reihe und taucht regelmäßig in den Top Ten der Bestenlisten auf, bei denen über die inzwischen 24 Abenteuer abgestimmt wird. Mit James Bond erhielt die die Filmindustrie auf der Insel ein Konjunkturprogramm, das bis zum heutigen Tag virulent ist. Nicht umsonst wird 007 das "Rückgrat" der britischen Filmindustrie genannt.
Ein britischer Zuschauer schreibt: "Viele werden 'Goldfinger' als die Blaupause für die Bond-Formel heranziehen. Und dem stimme ich zu, was die kreative Feinabstimmung und die Definition des Stils betrifft. Aber von dem Moment an, in welchem Sean Connery erstmals am Spieltisch sitzt, eingenebelt in Zigarettenrauch, süffisant, selbstbewusst, eine Mischung aus männlicher Sexualität und heroischer Pose ausstrahlend, wird ein neuer ikonischer Kinoheld geboren und mit ihm eine andere Art von Film. Das ist gewagt, wegweisend und immer noch einer der besten Action-Filme aller Zeiten und einer der einflussreichsten Streifen der Filmgeschichte überhaupt."
"Lunchbox", Arte, 00:55 Uhr
Eine Verwechslung im sonst so gut funktionierenden Lunchbox-Lieferservice von Mumbai bringt eine junge Hausfrau (Nimrat Kaur) in den Kontakt mit einem älteren Mann (Irrfan Khan). Sie beginnen, sich per Briefe in den Lunchboxen eine gemeinsame Phantasiewelt aufzubauen.
Indien ist berühmt für sein effizientes Liefersystem von Lunchboxen, bei dem Angestellte von Zuhause frisch gekochte Mahlzeiten von den so genannten Dabbawalas an ihre Arbeitsplätze zugestellt bekommen. 2007 drehte Ritesh Batra einen Dokumentarfilm über jene Dabbawalas in Mumbai. Durch die Beobachtungen und die Erzählungen der Lieferanten aus ihrem Alltag kam ihm die Idee für einen Spielfilm: Was, wenn eine dieser Boxen einmal verwechselt würde und dies zu einer Liebesgeschichte führt?
2011 schrieb er ein Drehbuch. Um es zu finanzieren, stellte es der Filmemacher beim Talent Project Market der Berlinale Talents auf der Berlinale 2012 vor. Es gelang dem Inder tatsächlich, Finanziers zu finden, die aus Indien, Deutschland, Frankreich und den USA kamen. Mit den eingesammelten umgerechnet 3 Millionen Dollar konnte er ein halbes Jahr mit seiner Besetzung - darunter viele Laiendarsteller und tatsächliche Dabbawalas - ein halbes Jahr proben und dann 2012 in Mumbai drehen.
Der Regiedebutant schuf ein warmherziges, herzliches und süßes, aber nicht kitischiges Drama, das bei den Filmfestspielen in Cannes 2013 eine Stehende Ovation und 2015 eine Nominierung bei den Britischen Filmpreisen als "Bester fremdsprachiger Film" erhielt. Bei den Asiatischen Filmpreisen war "Dabba" (so der Originaltitel) ebenfalls als "Bester Film" nominiert, und Batra erhielt den Preis für sein Drehbuch, während Irrfan Khan als "Bester Schauspieler" geehrt wurde. Weltweit spielte das Werk rund 15 Millionen Dollar ein.
Kritikerin Deborah Kennedy meinte in "Willamette Week": "Ritesh Batra erlaubt der Beziehung der beiden Protagonisten, sich langsam und dezent zu entwickeln - wie eine alte Photographie, und der zarte Humor bringt die exakt richtige Würze in eine bereits köstliche Mischung von Melancholie und Hoffnung."
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