(28.04.2016) Kotau vor China wegen tibetischer Figur in "Doctor Strange"?
Marvel Films haben sich gegen den Vorwurf verteidigt, ihren Fantasy-Film "Doctor Strange" weißgewaschen zu haben, als sie die Rolle des Ancient One mit der definitiv nicht asiatischen Schottin Tilda Swinton besetzten. In der Marvel-Comic-Vorlage ist die Figur von tibetischer Herkunft.
Doch das ist laut dem Filmstudio irrelevant: "The Ancient One ist ein Titel, der von keiner bestimmten Person getragen wird, sondern ein Name, der durch die Zeiten übertragen wird. In diesem bestimmten Fall trägt ein keltischer Mensch den Titel." Die Rollen würden von Marvel extra so besetzt, dass sie sich von Stereotypen und dem Ausgangsmaterial absetzten, um das Marvel Cinematic Universe zum Leben zu erwecken. Swinton hatte zuvor bereits erklärt, ihre Rolle sei kein asiatischer Charakter. Bei den Verhandlungen mit Marvel sei dieser Aspekt nicht relevant gewesen.
Die Kontroverse bestand von dem Moment an, als Marvel die Besetzung Swintons bekannt gegeben hatten, nahm aber zuletzt wieder Fahrt auf, als Drehbuchautor C. Robert Cargill ("Sinister 2") erklärt hatte, dass die Politik eine Rolle bei der Vergabe des Parts gespielt habe: "The Ancient One kommt aus Tibet - und wenn man diese Figur so besetzt hätte, hätte man riskiert, dass die chinesische Regierung den Film nicht zeigen würde, weil für sie Tibet kein Ort ist, den sie anerkennen. Das Erwähnen dieses Ortes und seines Volkes hätten sie als Provokation verstanden." Zwar ruderte Cargill später auf Twitter zurück und stellte klar, dass dies seine eigene Meinung sei und niemand vom Studio mit ihm dieses Thema erwähnt habe. Aber im Internet äußern sich viele User ähnlich zur Motivation der Studiomanager, den wichtigen Filmmarkt China nicht zu verprellen.
"Doctor Strange" kommt am 27. Oktober 2016 in die deutschen Kinos.
(04.05.2016) George Takei: "Marvel müssen denken, wir seien alle Idioten"
George Takei, der regelmäßig Hollywood dafür kritisiert, asiatische Rollen und Schauspieler zu vernachlässigen, hat sich in die Debatte um den Part des von Tilda Swinton verkörperten Ancient One in der Comic-Verfilmung "Doctor Strange" eingeschaltet. Der Mime ist davon überzeugt, dass die Motivation von Marvel Films, die tibetische Figur mit einer weißen Schauspielerin zu besetzen, nichts mit der Angst des Studios vor China zu tun hat. Drehbuchautor C. Robert Cargill ("Sinister 2") hatte in einem Interview gemutmaßt, wegen der chinesischen Nichtanerkennung von Tibet hätten Marvel im vorauseilenden Gehorsam die Ethnie des Ancient One verändert.
Takei will von dieser Erklärung nichts wissen. Der 79-Jährige schreibt auf Facebook: "Damit ich das richtig verstehe: Man besetzt eine weiße Schauspielerin, um den Umsätzen in Asien nicht zu schaden? Diese Erklärung ist so oberpeinlich wie die Besetzung selbst. Marvel scheinen zu denken, dass wir alle Idioten sind."
Die Tibet-Frage sei schon vor der Besetzungsentscheidung geklärt gewesen, indem im Drehbuch die Heimat des Ancient One von Tibet ins nepalesische Katmandu verlegt worden sei. "Zu dem Zeitpunkt hätte es schon keine Rolle mehr für die chinesische Regierung gespielt, ob die Figur weiß oder asiatisch ist. Das ist eine Ausrede, und es ist beschämend, dass sie erwarten, dass wir ihnen das abkaufen. Sie haben Tilda besetzt, weil sie glauben, dass weiße Zuschauer weiße Gesichter sehen wollen."
Takei sauer: "Alle Argumente der Welt ändern nichts an der Tatsache, dass Hollywood sehr wenige Rollen für asiatische Schauspieler anbietet, und dass wenn es mal eine gibt, sie einen weißen Darsteller engagieren - was immer die Gründe dafür sein mögen. Erst wenn sich diese Mentalität ändert und die Studios ihre Praxis beenden - Stichwort "The Last Airbender" oder "Aloha" - werde ich aufhören, das anzusprechen."
(15.09.2016) Update
Der Premierentermin am 25. Oktober rückt näher, und nun hat "Doctor Strange"-Regisseur und Drehbuchautor Scott Derrickson ("Erlöse uns von dem Bösen") Stellung zu den Rassismusvorwürfen genommen. Der Filmemacher erklärt, dass er sich der Problematik, aus der in der Comic-Vorlage asiatischen Figur durch die Besetzung mit der Engländerin Tilda Swinton eine europäische zu machen, wohl bewusst war. Daher habe er dies mit einer anderen Entscheidung ausbalanciert.
"Ich wollte zunächst Wong, den Diener von Doctor Strange, aus dem Film herauslassen. Aber als die Entscheidung getroffen wurde, Tilda zu besetzen, haben wir ihn wieder in die Geschichte hineingeschrieben", berichtet der Filmemacher. "Anders als der Ancient One konnte sein Charakter total unterwandert und in etwas Anderes umgearbeitet werden, was keinem der Stereotypen in den Comics entspricht."
Benedict Wong spielt den namensgleichen Diener in dem Fantasy-Film, der in den Comics seit 1963 dabei ist und sich über die Jahre zu einem zupackenden und sarkastischen Helfer von Doctor Strange entwickelt hat.
In seinem Film wirke eine "diverse Besetzung mit, wie sie nur sein kann", so Derrickson weiter. "Auch das war eine bewusste Entscheidung." Und was Swinton betreffe: "Wir bringen eine reife Dame, die nicht 28 Jahre alt ist, in Lederhosen in einer großen Rolle in das Marvel-Universum ein."