Eine richtig gute Kinowoche hat begonnen: Gleich drei Filme sind absolut sehenswert, darunter erfreulicherweise auch mal wieder eine heimische Produktion: Nicolette Krebitz hat mit "Wild" einen verstörendes und imponierendes Werk vorgelegt. Wilde Tiere satt, wenn auch nur computergeneriert, gibt es in der gelungenen Real-Neuverfilmung des "Dschungelbuch". Und das "Oscar"-nominierte dänische Drama "A War" zeigt beeindruckend das moralische Dilemma von Soldaten im Kriegseinsatz.
"The Jungle Book"
Abenteuerfilm
USA
105 Minuten
FSK 6
Das nächste Kapitel im Wirtschaftsroman "Walt Disney verfilmt seine Zeichentrick-Klassiker als Realfilm neu": Jon Favreau ("Iron Man 2") hat für die unglaubliche Summe von 175 Millionen Dollar die Wiederverfilmung der Geschichtensammlung des Briten Rudyard Kipling aus dem Jahr 1893 mit viel Computerbildern auf die Leinwand gebracht - und offenbar nicht nur einen neuen Standard für CGI gesetzt. Die Kritiken jubeln über den Abenteuerfilm, in dem der zwölf Jahre alte, aus New York stammende Neel Sethi die Hauptrolle als im Dschungel aufwachsender Mowgli übernommen hat. Die Tiere sind computeranimiert und mit den Stimmen der ersten Garde deutscher Schauspieler ausgestattet: Armin Rohde, Heike Makatsch, Christian Berkel, Jessica Schwarz, Ben Becker, Joachim Król und Justus von Dohnányi. Der Streifen ist genauso wunderschön anzusehen, wie er packend mitzuerleben ist - einer der seltenen Fälle, bei dem eine Neuverfilmung die Vorgänger übertrifft. Unser Kritiker Christopher Diekhaus ist auch begeistert: "Visuell berauschend, rasant inszeniert, abwechslungsreiche und spannende Unterhaltung - etwas mehr Herz hätte dem Film allerdings nicht geschadet." Unsere Empfehlung: Reingehen!
"Hardcore"
Thriller
Russland
92 Minuten
FSK 18
Russischer Thriller, dessen Kniff in seiner Perspektive besteht: Alles ist aus der Sicht des Hauptdarstellers gedreht, der sich wie in einem Ego-Shooter-Videogame durch die Handlung ballert. Dabei versucht er, seine vergessene Identität zu ergründen und seine Frau (Haley Bennett) aus den Händen eines Kriegsherren (Danila Kozlovsky) zu befreien, der Soldaten künstlich herstellen lassen will. Der russische Regiedebutant Ilya Naishuller möchte mit seinem Werk den Action-Film neu erfinden, aber ohne erwähenswerte Handlung oder Figuren, um die es sich zu sorgen lohnt, verliert sein Dreh schnell den Reiz. Die Einspielergebnisse in den USA und in Großbritannien haben gezeigt, dass trotz immerhin gemischter Kritiken die Ich-Perspektive des Wild Bunch-Streifens eher abzuschrecken scheint. Unser Rezensent Falk Straub war ebenfalls schnell genervt: "Die mehr als dünne Geschichte dient lediglich dazu, die Gewalt von Episode zu Episode zu steigern. Selbst für kurzweilige, gehaltlose Unterhaltung ist das viel zu wenig."
"The Lady in the Van"
Komödie
Großbritannien
104 Minuten
FSK 6
Britische Komödie über einen Schriftsteller (Alex Jennings) und eine kauzige alte Dame (Maggie Smith), die sich mit ihrem Van in dessen Einfahrt "einnistet" – und dort wohnen bleibt. Obwohl die Dame ein paar unangenehme Eigenheiten hat, beginnt die Nachbarschaft sie ins Herz zu schließen. Drehbuchautor Alan Bennett ("The History Boys") hat sein eigenes Theaterstück von 1999 adaptiert, in dem er die wahre Geschichte von Mary Shepherd erzählte, die tatsächlich für 15 Jahre in einem Van auf der Auffahrt seines Londoner Hauses gelebt hatte. Maggie Smith hatte die Rolle bereits auf der Bühne gespielt und war dafür mit dem Olivier Award ausgezeichnet worden. Für die Spielfilmversion war sie für einen Golden Globe und einen Britischen Filmpreis nominiert. Und es ist in der Tat die grandiose Hauptdarstellerin, welche den von Nicholas Hynter ("Hexenjagd") inszenierten Streifen mit dessen berührenden und oftmals heiteren Stellen sehenswert macht. Die Kritiker liebten das Sony Pictures-Werk, während die Zuschauermeinungen deutlich verhaltener sind. Unsere Kritikerin Bianka Piringer gefiel "der trockene britische Humor, der sich jeder Rührseligkeit widersetzt, und die Geschichte einer Freundschaft in eine vergnügliche Komödie mit Tiefgang verwandelt".
"A War"
Drama
Dänemark
120 Minuten
FSK 12
Dänisches Drama, das für den "Oscar" als "Bester nicht englischsprachiger Film" nominiert gewesen ist, über den Kommandanten (Pilou Asbæk) einer dänischen Einheit in Afghanistan, der in einem Gefecht gegen die Taliban eine folgenschwere Entscheidung trifft. Zurück in der Heimat muss er sich für seinen Befehl vor einem Gericht verantworten. Regisseur und Drehbuchautor Tobias Lindholm ("Die Jagd") ist ein spannendes, intelligentes und erfrischend zurückhaltende Mischung aus Kriegs-Thriller und Gerichtsdrama gelungen, wobei beide Teile äußerst wirkungsvoll sind. Die Kritiker sind begeistert, so wie unsere Kollegin Bianka Piringer: "Der hoch spannende Film geht das moralische Dilemma an, in das ein Kriegseinsatz den einzelnen Soldaten zu stürzen vermag." Unsere Empfehlung: Reingehen!
"Wild"
Drama
Deutschland
97 Minuten
FSK 16
Deutsches Drama über eine introvertierte junge Frau (Lilith Stangenberg), die einen wilden Wolf einfängt. Durch die Nähe zu dem Tier beginnt sie, ihre animalische Seite in jeder Hinsicht auszuleben. Nicolette Krebitz ("Das Herz ist ein dunkler Wald") thematisiert in ihrer dritten Regiearbeit das Verwischen und Überschreiten der Grenzen zwischen Mensch und Tier; zudem betreibt sie ein Spiel mit weiblichen Fantasien von Lust und Schmerz, auch in Verbindung mit dem Wolf. Laut der Presse ist Krebitz ein großer Wurf gelungen, in dem die Hauptdarstellerin Lilith Stangenberg mit einer beeindruckenden Darstellung glänzt. Ebenso beeindruckt hat das Werk unsere Kritikerin Bianka Piringer zurückgelassen: "Ihren radikalen, libidinös gefärbten Ausbruch aus einer verlogenen Zivilisation inszeniert Regisseurin Nicolette Krebitz als packendes Gedankenexperiment, das sich nicht von Überlegungen zu Plausibilität und Realismus einschränken lässt." Unsere Empfehlung: Reingehen!
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