"Ray", 3sat, 20:15 Uhr
Das Leben und die Karriere des Rhythm und Blues-Musikers Ray Charles (Jamie Foxx) von seinen bescheidenen Anfängen im Süden der USA, wo er mit sieben Jahren erblindet, bis zu seinem meteorhaften Aufstieg während der Fünfziger und Sechziger.
40 Millionen Dollar kostete die Produktion dieses Dramas, und laut Regisseur Taylor Hackford ("Parker") hatte es 15 Jahre gebraucht, um die Finanzierung des Budgets zu sichern. Keines der großen Hollywood-Studios war an einer Biographie über den Musiker Ray Charles interessiert - Stichwort oscarssowhite - so dass der Streifen unabhängig produziert werden musste.
Die Vorproduktion des Werks begleitete Ray Charles persönlich, dem eine Version des Drehbuchs in Braille-Blindenschrift gegeben worden war. Auch wenn sich der Film bemüht, nahe an den wahren Ereignissen zu bleiben, gibt es dennoch künstlerische Freiheiten aus dramaturgischen Gründen. So wurde der Künstler zum Beispiel niemals mit einem Auftrittsverbot in seinem US-Bundesstaat Georgia belegt und seine Drogenabhängigkeit wird im Film runtergespielt.
Dies alles verblasst allerdings in diesem packenden und energiegelandenen Portrait des Mannes, der von Jamie Foxx in einer atemberaubenden Leistung auf die Leinwand gebracht wurde. Der Darsteller gewann jeden Preis, den es zu gewinnen gab, neben dem "Oscar", den Golden Globe, den Britischen Filmpreis und den Screen Actors Guild Award. Dazu erhielt der Film einen weiteren Academy Award für die "Beste Tonmischung" und war nominiert für den "Besten Film", die "Beste Regie", den "Besten Schnitt" und die "Besten Kostüme".
Ray Charles sollte die Fertigstellung seiner Filmbiographie nicht mehr miterleben. Er starb einige Monate vor der Uraufführung im Oktober 2004. An den Kinokassen wurde das Werk ein solider Erfolg, der weltweit 125 Millionen Dollar umsetzte.
Ein amerikanischer Zuschauer schreibt: "Ich bin nie ein großer Fan des Biopic gewesen und auch kein Fan von Ray Charles und seiner Musik. Ich dachte, ich würde diesen Film erdulden müssen. Ich lag falsch. Das ist eine mitreißende Geschichte, klassisch erzählt, bei welcher der Realismus in den Nuancen liegt - das Neigen eines Kopfes in einem dramatischen Moment oder der Blick in den Augen, während sie singen. Der Film lässt nicht nur eine Zeit, sondern eine Ära lebendig werden, ein Leben, das sie das Publikum ohne große Spezialeffekte oder großartige Panoramen zeigen. Das Werk zeigt nicht bloß die Musikszene der Fünfziger und Sechziger, sondern versetzt die Zuschauer direkt dorthin."
"Cocktail für eine Leiche", Arte, 20:15 Uhr
Zwei Studenten (John Dall und Farley Granger) erdrosseln ihren Kommilitonen, verstecken seine Leiche in einer Truhe in ihrem Appartement, in das sie für den Abend Freunde und Familie eingeladen haben, um den "perfekten Mord" abzurunden.
Alfred Hitchcock hat während seiner gesamten Karriere die Herausforderung gesucht, sei es in der Nutzung technischer Mittel oder in dramaturgischer Hinsicht. Bei diesem Kriminalfilm von 1948 nahm er beides gleichzeitig in Angriff: Dramaturgisch beschränkte er sich - wie in "Lifeboat" oder "Rear Window" ("Das Fenster zum Hof") auf einen Handlungsort - technisch wollte er ein cinematisches Theaterstück auf die Leinwand bringen, die Illusion erwecken, dass die Zuschauer ein Stück in Echtzeit sehen. Zugleich drehte der Regisseur erstmals in Farbe und auf eigene Rechnung.
Nach rund einem Jahrzehnt war der Vertrag des Engländers mit dem Hollywood-Produzenten David O. Selznick ausgelaufen. Die stürmische Zusammenarbeit zweier selbstbewusster und sturköpfiger Männer war für Hitchcock oft frustrierend gewesen. Nun wollte er niemandem mehr Rechenschaft ablegen und gründete zusammen mit dem Medienunternehmer Sidney Bernstein die Produktionsgesellschaft Transatlantic Pictures. Als erstes Projekt nahm man die Verfilmung des Theaterstücks "Rope" (Seil) des Engländers Patrick Hamilton aus dem Jahr 1929 in Angriff.
Hamilton hatte mit seinem Stück den wahren Vorfall des Mordes eines 14-Jährigen durch zwei 18 und 19 Jahre alte Studentan an der University of Chicago im Jahr 1924 dramatisiert. Die Studenten betrachteten Mord als eine Kunstform, der sie Gestalt verleihen wollten. Dass beide homosexuell waren, hatte die Presse thematisiert und war dem Publikum selbst zwanzig Jahre später noch präsent. Die Filmversion durfte wegen der Zensurvorschriften Homosexualität nicht thematisieren, so dass das Drehbuch dies nur andeutete - aber jeder wusste, was gemeint war. So lehnte Cary Grant die Hauptrolle mit Hinweis auf die homosexuellen Bezüge ab, so dass Hitchcock statt dessen erstmals mit James Stewart arbeitete. Für die Rolle der mörderischen Studenten engagierte man mit John Dall und Farley Granger zwei homosexuelle Schauspieler.
Um die Illusion eines Echtzeit-Films aufrecht zu erhalten, beschränkte Hitchcock Schnitte auf wenige Szenen und ließ in den längstmöglichen Einstellungen - eine Filmspule konnte zehn Minuten aufnehmen - drehen. Die Schnitte "versteckte" er, indem er zum Beispiel am Ende einer Spule einen Schauspieler vor die Kamera treten ließ, um diese abzudunkeln und dann an der Stelle weiterzufilmen.
Das ganze Vorgehen machte ein fehlerfreies Agieren aller Beteiligten notwendig: Jeder musste zu einem bestimmten Zeitpunkt an einer vorbestimmten Stelle stehen und die Dialoge wie auf einer Theaterbühne fehlerfrei aufsagen, während die große Technicolor-Kamera durch die Kulisse fuhr und Bühnenarbeiter permanent beschäftigt waren, Requisiten und Wände aus dem Weg zu räumen und dann wieder zurückzustellen. In der Vorbereitung ließ Alfred jede Szene wie bei einem Theaterstück proben. Im Hintergrund, das den Sonnenuntergang New Yorks zeigt, musste derweil das Licht verändert werden und künstliche, aus Glasgespinsten gefertigte Wolken über den Horizont verschoben wurden.
Ob dieser technische Aufwand nötig war, hat Hitchcock im Nachhinein selbst in Frage gestellt: Indem er weitgehend auf Schnitte verzichtete, beraubte er sich eines seiner mächtigsten filmischen Instrumente, der Montage. Und ob die Zuschauer wirklich so darauf achteten, dass hier eine einzige Einstellung imitiert werden sollte - auch wenn die Kritiker das thematisierten -, bleibt dahin gestellt. Auf jeden Fall floppte der spannende und technisch ambitionierte Streifen trotz wohlwollender Besprechungen.
Eine portugiesische Zuschauerin meint: "Wenn ein ganzer Film in nur einem Raum spielt und uns trotzdem knapp 80 Minuten in Atem hält, dann muss er gut sein."
"Stadt ohne Maske", Arte, 21:35 Uhr
Zwei Detektive (Barry Fitzgerald und Don Taylor) ermitteln in New York City im Todesfall einer jungen Frau, deren scheinbarer Selbstmord sich als Mord entpuppt.
Bei diesem Kriminalfilm ist das "was" weniger entscheidend als das "wie". Regisseur Jules Dassin ("Rififi") entschied sich, diese Universal Pictures-Produktion im Sommer 1947 vollständig vor Ort in New York City zu drehen statt im Studio, was ungewöhnlich war, aber entscheidend zur Faszination und zur Atmosphäre dieses Streifens beitrug. Der visuelle Stil des Werks wurde dabei von den Bildern des New Yorker Photographen Weegee inspiriert, der 1945 ein Buch über seine Stadt unter dem Titel "Naked City" veröffentlicht hatte und nun als visueller Berater verpflichtet wurde. Seine Impulse verhalfen "The Naked City" (so der Originaltitel) ebenso zu seinem Aussehen wie die Einflüsse des italienischen Neorealismus, der sich besonders realistischer Darstellung verpflichtet sah.
Regie und Kamera zeigen in halbdokumentarischem Stil die Originalschauplätze authentisch, detailliert und zeichnen so das facettenreiche Bild der Metropole - und bewahren dieses für die Nachwelt wie in einer Zeitkapsel.
"The Naked City" gewann 1949 den "Oscar" für die "Beste Kamera" und den "Besten Schnitt", zudem war das Originaldrehbuch von Malvin Wald nominiert. 2007 wurde der Film als "kulturell, historisch oder ästhetisch bedeutsam" in das National Film Registry der US-Library of Congress aufgenommen.
Ein amerikanischer Zuschauer findet: "Niemand konnte die Atmosphäre einer Stadt besser zum Vorteil des Films nutzen als Jules Dassin. Dieser hervorragende Streifen ist kurz und knapp und ungeschminkt. Keine Sekunde wird verschwendet, während er durch die Detektivhandlung eilt und in einer ausgezeichneten Verfolgungsjagd mündet. Anders als andere Dassin-Werke hat dieses hier Sinn für Humor und entfernt sich nie zu weit von seinen Groschenroman-Wurzeln. Wer eine Produktion aus den Vierzigern sehen will, die aus den gestelzten Studiokonventionen ausbricht, die so vielen Filmen jener Zeit starr aufgezwungen wurden, sollte hier einen Blick riskieren."
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