"Gravity", Pro7, 20:15 Uhr
Eine biomedizinische Ingenieurin (Sandra Bullock) und ein Astronaut (George Clooney) versuchen zu überleben, nachdem ein Unfall sie in den Weltraum treiben lässt.
Man bekommt nicht viel mehr Kino als in "Gravity". Wer die Dreharbeiten zu diesem Thriller verfolgt hat, in dem nicht viel mehr passierte, als dass Hauptdarstellerin Sandra Bullock in einer Röhre saß, wird ermessen, wie viel Arbeit die Künstler und Techniker investieren mussten, um am Ende die beeindruckenden und realistischen Bilder einer Frau, die im Weltraum umhertaumelt, auf die Leinwand zu bringen.
Regisseur und Drehbuchautor Alfonso Cuarón hatte laut eigenen Angaben als Kind immer wieder den Thriller "Marooned" ("Verschollen im Weltraum") mit Gregory Peck von 1969 gesehen, bei der die Rückkehr einer Rakete zur Erde misslingt. Nun wollte der Mexikaner ein Werk in Szene setzen, das ausschließlich im Weltraum aus der Perspektive der Astronauten spielen und dabei so wirklichkeitsnah und eindringlich wie möglich sein sollte. Die 3D-Photographie sollte dies unterstützen.
Die Warner Brothers-Produktion wurde in den britischen Pinewood und Shepperton Studios gefilmt, wo die Spezialeffekte-Firma Framestone die computergenerierten Bilder programmierte, die am Ende 80 Prozent der gezeigten Bilder umfassten - mehr als in "Avatar", der auf 60 Prozent kommt. Um das Licht realistisch wirken zu lassen, hatte man ein Lichtsystem aus 1,8 Millionen individuell anzusteuernder LED-Lampen aufgebaut.
Für Bullock, die den Großteil des Streifens alleine trägt, waren das anstrengende Arbeitstage, da sie die meiste Zeit im Astronautenanzug in eine Röhre steigen musste und nur per Headset mit der Crew kommunizieren konnte. Diese nannte die Röhre "Sandy's Käfig" und versuchte, die Stimmung aufzuhellen, indem sie jeden Morgen, wenn die Aktrice am Drehort eintraf, eine Feier für sie veranstalteten.
Dabei war Sandra nicht die erste Wahl gewesen. Angelina Jolie war zunächst vorgesehen, dann absolvierte Marion Cotillard einen Leinwandtest, Scarlett Johansson und Blake Livley waren im Rennen, und Curarón machte sich sehr für Natalie Portman stark. Auf der männlichen Seite sollte eigentlich Robert Downey Jr. mitwirken, der sich dann für ein anderes Projekt entschied.
Nachdem 100 Millionen Dollar investiert worden waren und mancher witzelte, dass die Produktion damit mehr gekostet hatte als so manche tatsächliche Raumfahrtmission, war nun die Frage, ob das Publikum dieses "Kammerspiel im Weltraum", dessen laute Explosionen nur im Trailer zu vernehmen gewesen waren, im Film aber realistischerweise die Stille nicht durchbrachen, annehmen würde.
Als "Gravity" die Internationalen Filmfestspiele von Venedig im August 2013 eröffnete, war schnell klar: Den Filmemachern war etwas Besonderes gelungen. Die Kritiker überschlugen sich vor Lob über den unheimlichen, spannenden Streifen, der so meisterhaft in Szene gesetzt und dessen Bilder überwältigend waren. Den Segen von Astronauten und Wissenschaftlern, die bestätigten, dass - bis auf Kleinigkeiten - das Meiste des Gezeigten realitätsnah war, gab es noch obendrauf. Die Zuschauer stürmten die Kinos und machten das Werk mit weltweit 723 Millionen Dollar zu einem Riesenerfolg.
Mit über 200 Preisen wurde "Gravity" zu einem der in der ganzen Welt am meisten ausgezeichneten Filme des Jahres. Zehnmal für den "Oscar" nominiert, gewann er sieben Academy Awards: Alfonso wurde als erster hispanischer Filmemacher für die Regie ausgezeichnet, dazu kamen die Kamera, die Musik, der Schnitt, die Spezialeffekte, der Tonschnitt und die Tonmischung. Nicht gewinnen konnte der Film selbst ("12 Years a Slave" siegte), Bullock und die Ausstattung.
Kritiker Mark Hughes schrieb in "Forbes": "Man muss nicht Science Fiction mögen, um diesen Film wertzuschätzen. Man muss einfach nur die Kraf des Kinos lieben, eine transzendente Erfahrung zu ermöglichen."
"Psycho", 3sat, 22:00 Uhr
Eine Sekretärin (Janet Leigh) aus Phoenix stiehlt 40 000 Dollar eines Kunden, verschwindet Richtung Kalifornien zu ihrem Freund (John Gavin). In der Nacht muss sie Halt in einem abgelegenen Motel machen, das von einem jungen Mann (Anthony Perkins) geführt wird, der unter der Fuchtel seiner Mutter steht.
Möglicherweise Alfred Hitchcock's bekanntester Film, auf jeden Fall sein kommerziell erfolgreichster und für das gesamte Horror-Genre wegweisendster. "Psycho" ist tief im kulturellen Gedächtnis verwurzelt, hat unzählige Anspielungen, Parodien, Quasi-Remakes und Fortsetzungen und eine Fernsehserie hervorgebracht. Anthony Perkins fabulöse Darstellung des Norman Bates hat seine gesamte Karriere überschattet - selbst in "Murder on the Orient Express" erwähnt er seine "Mutter" - während die Duschszene, das unheimliche Wohnhaus und Bernard Herrmann's nur von Streichern bestrittene, teilweise schrille Filmmusik jedem bekannt sind, sich im Mindesten für das Kino interessiert.
Dabei wäre das Werk, das hinter "Ben Hur" der zweiterfolgreichste Film des Jahres 1960 wurde, vier "Oscar"-Nominierungen (für Regie, Nebendarstellerin Janet Leigh, Kamera und Ausstattung) und einen Golden Globe (für Leigh) erhielt, niemals gedreht worden, wenn es nach Paramount Pictures gegangen wäre.
Dem Studio schuldete Hitchcock vertraglich noch eine Produktion. Diese sollte "No Bail for the Judge" mit Audrey Hepburn sein, doch als die Schauspielerin schwanger wurde, verfolgte der Regisseur das Projekt nicht weiter. Statt dessen wollte er den Roman "Psycho" von Robert Bloch verfilmen, der 1959 veröffentlicht worden war. Die Paramount-Manager waren entsetzt: Die Buchvorlage, in ihren Augen ein "Groschenroman", war ihnen wegen Themen wie Pornographie, Transvestitismus, Sexualität und der brutalen Gewaltdarstellungen im wahrsten Wortsinn ein Horror. Sie forderten statt dessen einen Hochglanz-Thriller wie Alfred's aktuell sehr erfolgreich laufenden "North by Northwest" ("Der unsichtbare Dritte").
Doch die Ablehnung des Projekts ließ es Hitchcock nur noch hartnäckiger verfolgen: Er bot an, zu verminderten Honorar und mit so geringen Kosten wie möglich zu arbeiten. Als auch das nicht fruchtete, entschied er, den gesamten Film selbst auf eigene Kosten zu produzieren und dabei auf viele Mitarbeiter seiner Fernsehserie "Alfred Hitchcock presents" zurückzugreifen, um ebenfalls kostengünstiger zu arbeiten. Paramount würden den Film dann lediglich in die Kinos bringen.
So wurde es gemacht, und Hitchcock drehte nicht mal bei Paramount, sondern bei Universal Studios, an die Paramount später gänzlich die Rechte verkaufen sollten, und die so bis heute Bates Motel und das unheimliche viktorianische Wohnhaus als eine der Attraktionen auf ihrer Studio-Tour bieten können.
Mit Komponist Herrmann, Cutter George Tomasini und Vorspanngestalter Saul Bass kamen bewährte Künstler an Bord, mit Leigh und Perkins konnten - die Darsteller verzichteten auf einen Teil ihrer Gage - auch namhafte Schauspieler für die kleine, nur 800 000 Dollar teure (entspricht heute etwa 6 Millionen Dollar) Produktion gewonnen werden. Der teuerste Posten war dabei der Aufbau der Hauskulisse. Das Drehbuch schrieb Joseph Stephano, der den Roman an einer entscheidenden Stelle veränderte: Aus dem übergewichtigen, mittelalten, unsympathischen Trinker Norman Bates im Roman wurde der junge, unsichere, nicht unsympathische Mann, dem Perkins so unverwechselbar Gestalt verlieh.
Den größten Teil der Dreharbeiten nahm die Duschszene ein, die im Film gerade mal drei Minuten dauert, aber aus 77 verschiedenen Einstellungen und 50 Schnitten besteht. Eine Woche lang drehte das Team diese ikonische Szene, der auch Janet Leigh 1995 ein ganzes Buch "Psycho: Behind the Scenes of the Classic Thriller" widmen sollte.
Hitchcock war von Anfang an darauf bedacht, nichts über die Dreharbeiten und den Handlungsverlauf nach außen dringen zu lassen. Obwohl der Roman bereits erschienen war, konnte er davon ausgehen, dass die meisten Kinobesucher diesen nicht kannten, und wollte das Publikum mit seiner Version so weit wie möglich überraschen und verunsichern. Daher fanden auch keine Kritikeraufführungen im Vorfeld statt, und einer der Werbesprüche für den Horrorfilm lautete: "Pünktlich kommen...nichts verraten!"
Bevor das Werk in die Kinos kam, focht der Filmemacher den Kampf mit den Zensoren aus, die zahlreiche Schnitte verlangten. Dass sich Hitchcock letztendlich durchsetzen konnte, hatte einen großen Einfluss auf die weitere Filmgeschichte: Nun konnten Regisseure das zeigen, was vorher verpönt gewesen war: Außerehelichen Sex (wenn auch nur angedeutet), abweichendes sexuelles Verhalten und explizitere Gewaltdarstellungen - und erstmals auch eine Toilettenspülung. Man könnte positiv sagen, dass das Kino realitätsnäher wurde. Kritiker würden einwenden, dass die Geschmacksmesslatte nach unten wanderte.
Heute bestreitet niemand mehr, dass Hitchcock das perfekte Zusammenspiel von Montage, Musik und Atmosphäre zur Erzeugung beklemmenden Horrors gelang. Weil er diesen mit Taktgefühl, Anmut und Kunst in Szene setzte, gelang ihm nicht nur der moderne Horrorfilm - er erfand ihn hier praktisch.
Der Filmemacher, der wie stets eine prominente Rolle bei der Promotion seines Werks einnahm - im Trailer ist nur er zu sehen, wie er durch die Kulissen führt - verfügte, dass nach Beginn des Films niemand mehr in die Kinosäle eingelassen werden durfte, um die Konzentration auf den Streifen nicht durch die Zuspätkommer stören zu lassen. Die Kinobesitzer protestierten erst und fürchteten Umsatzeinbußen, aber diese Maßnahme erwies sich als einer der cleversten Werbeschachzüge, der die Neugier auf den Streifen nur noch erhöhte. In den Foyers zählten teilweise sogar Uhren einen Countdown bis zum Beginn der Vorstellung hinunter.
Die ersten Kritiken waren lediglich gemischt, und manche Rezensenten zeigten sich nahezu entsetzt, dass ein renommierter Regisseur einen solchen Streifen in Szene gesetzt hatte. Doch das Klingeln der Kinokassen überdröhnte schnell alles: Die Zuschauer standen bis auf die Straße Schlange - besonders in den USA, in Kanada, Großbritannien, Frankreich und Japan wurden lokale Rekorde gebrochen. Am Ende kamen weltweit 50 Millionen Dollar zusammen - und Hitchcock wurde über Nacht steinreich. Seine Gewinnbeteiligung summierte sich auf 15 Millionen Dollar - das entspricht heute etwa 120 Millionen Dollar.
1992 nahm die US-Library of Congress "Psycho" als ein "historisch, künstlerisch oder ästhetisch bedeutsames Werk" in das National Film Registry auf, um es der Nachwelt zu erhalten.
Ein Zuschauer aus dem US-Bundesstaat Connecticut schwärmt: "Was kann man noch über einen Film sagen, der schon zu Tode analysiert worden ist? Nur das: Wenn Ihr ihn noch nicht gesehen habt, dann ist man es sich schuldig, dies nachzuholen. Nicht nur, um einem der wahren Meister des Films seine Aufwartung zu machen, sondern weil es so viel Spaß macht, diesen Streifen zu sehen. Man kann förmlich spüren, wie das Jahrzehnt von den Fünfzigern in die Sechziger kippt. Die Menschen sind noch alle fein und brav angezogen, aber ihre Gespräche und Blicke verraten etwas von einer Gesellschaft, in der eine Zeitbombe auf ihre Explosion wartet. Es ist spannend zu sehen, wie sich Hitchcock so wirkungsvoll außerhalb seines normalen Elements bewegt und die Dinge mit solch klinischer Distanziertheit und technischer Finesse vorantreibt. Häufig imitiert, parodiert und angespielt, hat 'Psycho' auch 55 Jahre nach seiner Uraufführung noch nicht ausgespielt. Ihr solltet dem Bates Motel einen Besuch abstatten - Norman hat noch ein Zimmer frei!"
"Prisoners", Pro7, 22:05 Uhr
Als Keller Dover's (Hugh Jackman) kleine Tochter und deren Freundin verschwinden, nimmt er die Suche nach ihr in die eigenen Hände, während ein Polizist (Jake Gyllenhaal) mehreren Spuren nachgeht und die Zeit verrinnt.
Kein Roman oder eine andere Vorlage liegt diesem emotional komplexen Kriminalfilm zugrunde, den eine Atmosphäre der bösen Vorahnung durchzieht. Aaron Guzikowksi hat das Originaldrehbuch verfasst und der kanadische Regisseur Denis Villeneuve ("Sicario") es so fesselnd und verstörend mit einem großartigem Ensemble, zu dem noch Paul Dano, Terrence Howard, Viola Davis, Mario Bello und Melissa Leo gehören, auf die Leinwand gebracht.
Villeneuve blickt in seinem englischsprachigen Debut, das er für 46 Millionen Dollar für Warner Brothers realisierte, in menschliche Abgründe, räumt dem Schmerz der Opferfamilien ebenso viel Raum ein wie der methodischen Suche des Polizisten und stellt unbequeme Fragen nach Selbstjustiz. Dies alles im US-Bundesstaat Georgia phantastisch gefilmt vom meisterhaften Kameramann Roger Deakins, der für einen "Oscar" nominiert wurde.
Dieses Meisterwerk war 2013 an den Kinokassen nur mäßig erfolgreich, erfreute sich aber hervorragender Kritiken und auch der Anerkennung durch Industrie und Presse, was sich in rund zehn Preisen niederschlug. Kritiker Matt Pejkovich lobte in "Matt's Movie Review": "Ein düsterer und packender Film, der viele Zuschauer mit seiner labyrinthischen Handlung ins Trudeln bringen, mit seinen starken Darstellern bannen und mit seinen vielen moralischen und religiösen Komplexitäten verfolgen wird."
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