Die Pläne des Miramax-Studios, das britische Kriegsdrama "The
Colditz Story" von 1955 neu aufzulegen, haben Proteste aus
britischen Kriegsveteranenkreisen ausgelöst.
Die Pläne des amerikanischen Miramax-Studios, das britische
Kriegsdrama "The Colditz Story" von 1955 neu aufzulegen, haben
Proteste aus britischen Kriegsveteranenkreisen ausgelöst, die eine
Umdeutung der wahren Begebenheiten fürchten. "The Colditz Story"
basiert auf einem Buch von Pat Reid und schildert die Vorgänge in
dem berüchtigten Kriegsgefangenenlager Schloss Colditz in Sachsen,
aus dem britische Gefangene auszubrechen versuchten. Nun fürchtet
man auf der Insel nicht ganz ohne Grund aufgrund der
Hollywood-Historie, dass in dem neuen "The Colditz Story" auf
einmal die Amerikaner die heldenmütigen Ausbruchgenies mimen werden
- obwohl zur Zeit der entsprechenden Geschehnisse damals überhaupt
keine US-Soldaten auf Colditz inhaftiert waren. Die britische
Zeitung "The Independent" titelte warnend: "Aus Colditz konnten die
Amerikaner nicht entkommen, aber mit den Leinwandrechten sind sie
abgehauen." Einer, der es wissen muss, weil er selbst vier Jahre
Gefangener auf Colditz war, ist laut eigenen Worten "etwas nervös"
über die Neufassung. Der 88jährige Kenneth Lockwood, der der
Colditz Association angehört, wünscht sich
"dass sie das nicht machen würden. Wenn sie zeigen werden, wie
Amerikaner den Ausbruch aus Colditz anführen, dann bin ich geneigt
zu lachen. Ich verwehre mich stark gegen das Umschreiben von
Geschichte. Normalerweise haben sie eigene gute Geschichten, und es
ist nicht nötig, irgendwelche aufzumotzen, denn die Tatsachen sind
interessanter und spannender als Erfindungen. Frühere amerikanische
Verfilmungen von Kriegsereignissen lassen nichts Gutes ahnen. Ich
meine, sie ließen Errol Flynn den Krieg in Burma gewinnen, obwohl
bei der Operation überhaupt keine Amerikaner involviert
waren."
Die Liste lässt sich bis in die Gegenwart fortsetzen: In
"Gesprengte Ketten" von 1962 übernahm US-Star Steve McQueen die
Hauptrolle in einem Film, der von Briten handeln sollte, die einen
Fluchtweg aus einem deutschen Gefangenenlager graben. In Steven
Spielbergs "Der Soldat James Ryan" schienen die Amerikaner allein
in der Normandie zu landen, und im aktuellen US-Hit "U-571"
erbeutet auf einmal die US-Navy statt der Briten die legendäre
"Enigma"-Dechiffriermaschine der Deutschen. Darüber regt sich
Kenneth Lockwood besonders auf: "Der Film ist eine Verdrehung der
wahren Begebenheiten. Die Macher sollten verantwortungsvoller
sein." Der Grund für den freizügigen Umgang mit der Geschichte ist
klar: Die Amerikaner schwelgen nun einmal gern in der Art
Patriotismus, die "Der Soldat James Ryan" teilweise unerträglich
macht, und sehen sich zu gern als Siegertypen. Aber auch
Geschäftsgründe spielen in dem Wirtschaftszweig Filmproduktion
natürlich eine Rolle, denn amerikanische Stars sind oft
Kassenmagneten, denen die Briten nichts Vergleichbares entgegen zu
setzen haben. So zieht Lockwood auch den nahe liegenden Schluss:
"Geld - nur darum geht es. Darum, wie viel man rausholen kann."
Besieht man sich die Pläne von Miramax, wen sie für "The Colditz
Story" besetzen wollen, wird die pure Richtigkeit dieser
Einschätzung nur allzu deutlich: Das Studio will Tom Cruise
("Magnolia"), Matt Damon ("Dogma") und Ben Affleck ("Dogma") die
Hauptrollen anvertrauen.