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Die Wettbewerbs-Jury der Berlinale mit (v.l.nr.): Schauspielerin Alba Rohrwacher, Kritiker Nick James, Schauspieler Lars Eidinger, Jury-Präsidentin Meryl Streep, Schauspieler Clive Owen, Photographin Brigitte Lacombe und Regisseurin Malgorzata Szumowska
© Berlinale

Tagebuch Berlinale 2016: Jetzt geht's los!

1. Tag: Jury unter Meryl Streep stellt sich der Presse

Heute Abend um 19.30 Uhr ist es so weit: Im Berlinale-Palast am Potsdamer Platz werden die 66. Internationalen Filmfestspiele von Berlin feierlich eröffnet. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsministerin Prof. Monika Grütters, der Regierende Bürgermeister von Berlin Michael Müller, Jury-Präsidentin Meryl Streep und Berlinale-Direktor Dieter Kosslick geben in einer von Anke Engelke moderierten Gala den Startschuss für das bis zum 21. Februar andauernde Filmfestival vor geladenen Gästen. Im Anschluss wird das Festival mit dem außer Konkurrenz laufenden Coen Brothers-Komödie "Hail, Caesar!" auch cineastisch beginnen.

Inoffiziell ist es indes schon heute Morgen losgegangen, als sich im Pressezentrum, das im benachbarten Hyatt Hotel eingerichtet ist, die Wettbewerbsjury den Fragen der Journalisten stellte. Dort drängelten sich die Pressevertreter noch deutlich enger als im Vorjahr, und der Grund war nicht schwer auszumachen: Meryl Streep. Die Anwesenheit des Stars lockte die Medienschaffenden, so dass nicht alle einen Platz ergattern konnten. Und fast alle Fragen gingen an die Amerikanerin, die irgendwann meinte: "So, jetzt sollte auch mal etwas Alba fragen, sie hat noch gar nichts gesagt."

Besagte Alba ist die italienische Schauspielkollegin Alba Rohrwacher aus Italien, die vergangenes Jahr gute Kritiken für ihren Auftritt in dem Wettbewerbsfilm "Vergine giurata" ("Sworn Virgin") erhalten hatte. Mit ihr spielte damals Lars Eidinger, der nun ebenfalls auf dem Podium saß. Als weitere Jury-Vertreter beantworteten der britische Filmkritiker Nick James, der britische Schauspieler Clive Owen, die polnische Regisseurin Malgorzata Szumowska - letztes Jahr mit einem Silbernen Bären für "Cialo" ("Körper") ausgezeichnet - und die französische, aber in New York City lebende Photographin Brigitte Lacombe die Fragen.

Bei diesen waren diesmal zum Glück wenige idiotische dabei, sondern viele bezogen sich auf die Themen Geschlechtergleichheit (Streep hat sich hier als Aktivistin hervorgetan), regionales Kino im arabischen oder chinesischen Raum und auf die Arbeit als Jury insgesamt. Meryl ist erstmals bei einer Jury dabei. "Ich weiß nicht, wie man das macht, aber lerne das wahrscheinlich, während wir hier sind", erklärte die 66-Jährige. Kritiker James scherzte, er hoffe, dass sie einfach eine sehr gute Schauspielerin sei und daher nicht wesensverwandt mit ihrer Rolle in "Der Teufel trägt Prada". Auf jeden Fall hat die Aktrice ihre Jury-Kollegen gebeten, sich vorher nicht über die Filme im Wettbewerb zu informieren, um unvoreingenommen an die Werke heranzugehen.

Clive Owen erklärte, er seziere einen Film nicht, sondern lasse ihn als Ganzes auf sich wirken und beurteile ihn danach. Lars Eidinger hingehen sagte, es sei natürlich, dass ein Mensch konstant bewerte, und dies gelte natürlich auch für eine solche Jury-Situation. Für Regisseurin Szumowska, die berichtete, wie sehr ihr die Berlinale-Auszeichnung im vergangenen Jahr beruflich geholfen habe, meinte, dass es eine Luxussituation sei, sich zehn Tage lang aus dem sonst so stressigen und schnellen Leben herauszuziehen und statt dessen in Ruhe Filme anzuschauen und sich dann darüber mit anderen Menschen auszutauschen.

Nick James dankte der Berlinale-Leitung, dass er als Kritiker in die Jury berufen worden sei. Nachdem in diesem Jahrhundert kaum noch Rezensenten in Jurys gekommen seien, empfinde er es als Wertschätzung für seinen Berufsstand. Ebenso positiv äußerte sich Meryl Streep über die mehrheitliche weibliche Jury mit ihr an der Spitze: "Die Berlinale ist da anderen voraus." Auf die Frage, wie die Jury es denn empfinde, dass nur Weiße berufen worden seien, gab die Darstellerin schlagfertig zurück: "Schauen Sie sich doch selbst an!" In der Tat war bei aller Internationalität auch die Journalistenschar so white.

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