"The Avengers", RTL, 20:15 Uhr
Die mächtigsten Helden der Erde (und darüber hinaus) müssen sich zusammenschließen und lernen, als ein Team zu agieren, wenn sie den boshaften Loki (Tom Hiddleston) und seine Armee von Außerirdischen aufhalten wollen, welche die Menschheit versklaven wollen
Als Anfang der nuller Jahre sowohl "Spider-Man" als auch "X-Men" exzellente Ergebnisse an den Kinokassen erzielten, weckte das bei Marvel Comics Begehrlichkeiten. Bis dahin hatte man die Lizenzen für seine Comic-Figuren an unterschiedliche Filmstudios vergeben - und nur bescheiden daran verdient. War nicht viel mehr Geld drin, wenn man selbst Spielfilme mit den Superhelden produzierte? Und dann mit gezieltem Crossover der Figuren den Appetit auf die jeweils kommenden Filme steigern könnte? Marvel-Präsident Kevin Feige gab dem Konzept den Namen "Marvel Cinematic Universe" und trug es zur Wall Street, um Geld für das Vorhaben, sein eigenes Filmstudio zu gründen, einzusammeln. Er hatte Erfolg: Merrill Lynch gewährten einen Kredit in Höhe von 525 Millionen Dollar - ein lohnendes Investment, wie sich zeigen sollte.
Von Anfang an war ein "Avengers"-Film geplant, in dem die verschiedenen Superhelden gemeinsam auftreten würden, und dass Solo-Filme der Helden auf dieses Opus hinarbeiten sollten. Als der erste Marvel-Solo-Film "Iron Man" im Mai 2008 erfolgreich startete, begannen sofort die konkreten Vorbereitungen auf den "Avengers"-Streifen, indem man die Schauspieler unter Vertrag nahm. Robert Downey Jr unterschrieb als Erster für seinen Iron Man-Part. Nach und nach sammelte man die Superhelden-Darsteller ein - mit Ausnahme von Edward Norton, den Marvel nicht mehr in der Rolle des "Hulk" sehen wollten und durch Mark Ruffalo ersetzten. Ironischerweise sollte es dann gerade Ruffalo sein, der besonders viel Lob für seine Darstellung auf sich ziehen würde.
Als Regisseur verpflichtete man Joss Whedon, der mit dem viel gepriesenen, kaum gesehenen "Serenity" 2005 sein Händchen für Abenteuerfilme bewiesen hatte und als Drehbuchautor von erfolgreichen TV-Serien wie "Buffy" oder "Angel" bekannt war. Seine erste Amtshandlung im Jahr 2010 war, das vorhandene Drehbuch von Zak Penn in den Papierkorb zu werfen und selbst ein neues zu schreiben. Dieses wurde ab dem Frühjahr 2011 hauptsächlich in Albuquerque in New Mexico und dann in Pennsylvania, Ohio und New York City für die Irrsinnssumme von 220 Millionen Dollar verfilmt. 14 Spezialeffektefirmen wurden damit betraut, die rund 2200 Effekte zu erschaffen.
Wie schon angedeutet - die Mühen machten sich bezahlt. Als der erste Trailer im Internet auftauchte, wurde er innerhalb des ersten Tages über 20 Millionen Mal angesehen, und als Walt Disney Studios das Werk in die Kinos brachten, brach es täglich neue Kassenrekorde. Als am Ende abgerechnet wurde, war "The Avengers" nicht nur der weltweit erfolgreichste Film des Jahres 2012, sondern mit Einnahmen im Höhe von über 1,5 Milliarden Dollar auch der dritterfolgreichste aller Zeiten. Und nicht unverdient. Kritiker und Publikum waren durch die Bank begeistert: Whedon gelang es, die vielen superben Action-Szenen mit solchen auszubalancieren, in denen die Menschlichkeit der Superhelden nicht zu kurz kam.
Die technische Meisterschaft des Ganzen wurde durch Nominierungen für einen "Oscar" und einen Britischen Filmpreis für die "Besten Spezialeffekte" belohnt. Kritiker Chris Knight schrieb für die "National Post": "Whedon muss die verschiedenen Handlungsstränge und die Leinwandzeit für seine Schauspieler ausbalancieren. Das macht er prima, und speist auch noch Humor und einen Hauch von Drama in die Action ein."
"Shutter Island", Pro7, 22:30 Uhr
Ein U.S. Marshall (Leonardo DiCaprio) untersucht das Verschwinden einer Mörderin (Emily Mortimer), die aus einem Krankenhaus für geisteskranke Kriminelle entflohen ist.
Auch wenn auf den Werbeplakaten zu diesem Kriminalfilm aus dem Jahr 2010 der Leuchtturm von Warnemünde zu sehen ist, so drehte Martin Scorsese sein 80 Millionen Dollar teures Werk leider nicht an der Ostsee, sondern an verschiedenen Orten im US-Bundesstaat Massachusetts. Peddocks Island im Hafen von Boston diente als die im Film gezeigte Gefängnisinsel.
Grundlage des Films ist der 2003 erschienene Roman "Shutter Island" von Dennis Lehane, an dem Columbia Pictures interessiert waren, dann aber nicht zugriffen, so dass Paramount Pictures die Verfilmungsrechte erwarben. Scorsese kam an Bord und brachte zum vierten Mal Leonardo DiCaprio als Hauptdarsteller mit.
Der Filmemacher hatte offensichtlich seinen Spaß, diesmal hemmungslos dick aufzutragen und ganz frech und unverfroren die an den Film Noir angelehnte Geschichte mit Spannungsszenen, die eher aus einem Horrorfilm zu stammen schienen, aufzupeppen. Exquisit gefilmt von Robert Richardson (aktuell "Oscar"-nominiert für "The Hateful Eight"), wie stets geschnitten von der meisterhaften Thelma Schoonmaker und gespielt von einem phantastischen Ensemble (Michelle Williams, Patricia Clarkson, Mark Ruffalo, Ben Kingsley, Max von Sydow, Jackie Earle Haley und Elias Koteas), ist "Shutter Island" das beste Beispiel für ein Meisterwerk, das seine Groschenroman-Wurzeln nicht verleugnet, sondern sie handwerklich perfekt in einen seiner Vorzüge verkehrt.
Solche Filme gewinnen keine Preise, aber an den Kinokassen: Mit weltweit 295 Millionen Dollar wurde die Romanverfilmung ein großer Erfolg und einer von Martin Scorsese's umsatzstärksten Filmen.
Kritiker Bruce Bennett lobte in "Spectrum": "Ein lohnender und einnehmender Film, der es wert ist, ein zweites Mal gesehen zu werden - was ja nie ein schlechtes Zeichen ist."
"Der General", Arte, 23:20 Uhr
Als Nordstaaten-Soldaten im Amerikanischen Bürgerkrieg eine Lokomotive aus den Südstaaten entführen, macht sich ein Zugführer (Buster Keaton) daran, diese allein hinter feindlichen Linien zurückzuerobern und gleichzeitig seine Liebste zu befreien (Marion Mack).
1926 befand sich Buster Keaton auf dem Höhepunkt seiner Popularität: "Sherlock, Jr.", "The Navigator", "Seven Chances", "Go West" und "Battling Butler" - ein Hit folgte dem nächsten. Produzent Joseph Schenck, ein russischstämmiger Pionier der US-Filmwirtschaft und im Vorstand des Filmstudios United Artists, ließ dem damals 31-jährigen Regisseur und Drehbuchautoren daher völlig freie Hand, als es um das nächste Projekt ging. Denn offensichtlich konnte Keaton nichts falsch machen.
Buster's Gag-Zuarbeiter Clyde Bruckman schlug dem Filmemacher eine Verfilmung von "Daring and Suffering: A History of the Andrews Railroad Raid" von William Pittenger aus dem Jahr 1887 vor, die 1925 gerade als "The Great Locomotive Chase" neu aufgelegt worden war. Pittenger schilderte in seinem Sachbuch einen Vorfall aus dem Amerikanischen Bürgerkrieg: Am 12. April 1862 hatten Nordstaaten-Soldaten einen Zug der Südstaaten entführt. Sie wollten die Eisenbahnbrücken nach Überquerung durch Brandlegung zu zerstören und so Nachschubwege für die Südstaaten sabotieren. Verfolgt wurden sie von einem einzigen Lokomotivführer.
Diese Geschichte hatte nichts per se Komisches zu bieten, dennoch entwickelte Keaton zusammen mit seinem Team den Ehrgeiz, die Geschehnisse als rasante Komödie auf die Leinwand zu bringen. Und dabei sollten nicht politisch korrekt die Nordstaaten-Soldaten die Helden sein, sondern der verfolgende Lokführer aus den Südstaaten. "Man kann aus den Südstaatlern keine Gegenspieler machen. Das Publikum lehnt das ab. Die haben den Krieg ohnehin verloren", begründete Keaton diesen Perspektivwechsel.
Besonders ambitioniert zeigte sich der Regisseur in Sachen Realitätsnähe: "Macht es so authentisch, dass es weh tut", forderte er seinen Ausstatter Fred Gabourie auf. Den Originalzug "General" konnte das Team nicht verwenden. Als bekannt geworden war, dass die Lokomotive für eine Komödie eingesetzt werden sollte, protestierten Nachkommen der Entführer, und die Bahngesellschaft machte einen Rückzieher. Statt dessen kauften Keaton und Co. drei alte Lokomotiven mit Holzfeuerung und gestalteten sie entsprechend "auf alt" um.
Als Drehort diente die Gegend um Cottage Grove im US-Bundesstaat Oregon, wo die Oregon, Pacific and Eastern Railway dem Produktionsteam einen 30 Kilometer langen Streckenabschnitt überließ. Dort ließ Buster aufwendig mit fahrenden Kameras drehen: Die Kamera wurde auf der gefilmten Lokomotive angebracht oder auf einem auf parallelen Schienen geführten Fahrzeug zur fahrenden Lokomotive bewegt. Alle Fahrzeuge wurden mit speziellen Stoßdämpfern ausgestattet und Straßen wurden mit Planierraupen eingebnet, um einen ruhigen Bildstand zu gewährleisten. Gefilmt wurde meist mit drei bis vier Kameras gleichzeitig.
Für den Höhepunkt des Films, wenn der Lokomotivführer per Feuer eine Brücke zum Einsturz bringt und die darauf fahrende Lok in den darunter fließeden Fluss stürzt, baute man eigens eine 20 Meter lange Holzbrücke, über die ein echter Zug fuhr. Im passenden Moment wurde die Brücke mit Sprengladungen zum Einsturz gebracht, und die Lokomotive krachte ins Flussbett, wo sie noch 20 Jahre als Touristenattraktion liegen blieb. Die Einstellung, die man nur einmal drehen konnte, war gelungen. Aber sie hatte auch ihren Preis: Alleine diese kostete 42 000 Dollar, was heute in etwa einer halben Million Dollar entspricht, und gilt als teuerster Stunt der Stummfilmgeschichte. Zum Vergleich: 1926 waren Neuwagen teilweise für 300 Dollar zu erwerben.
Insgesamt eskalierten die Kosten des aufwendigen Drehs. Lagen diese bei einer Buster Keaton-Produktion sonst bei rund 220 000 Dollar, so türmten sie sich bei "The General" am Ende auf 750 000 Dollar. Der Funkenflug der Züge hatte immer wieder Waldbrände ausgelöst, was die Dreharbeiten behinderte und auch Ausstattung zerstörte. Das Budget war so um weitere nicht eingeplante 50 000 Dollar belastet worden. Und die gefährlichen Stunts sorgten für zahlreiche Unfälle, nicht zuletzt auch beim Hauptdarsteller, der sich nicht von Stuntmen doublen ließ.
Am Ende war das Werk, das Keaton auch noch selbst schnitt, "ganz und gar mein Ding", wie er betonte. Und so stand er auch in der Verantwortung, als sein Streifen bei den Kritikern durchfiel, die schon daran Anstoß nahmen, dass jemand es gewagt hatte, eine Komödie über den Bürgerkrieg zu drehen, und als die Zuschauer ausblieben. "The General" konnte in den USA seine Produktionskosten nicht einspielen und wurde Buster's erster Flop. Als Konsequenz daraus folgte, dass man dem Künstler nie wieder solche Freiheiten einräumte wie hier.
Als Ende der Fünfziger die alten Stummfilmklassiker wiederentdeckt und aufgeführt wurden, sorgte Keaton dafür, dass besonders "The General" wieder in die Kinos kam, den er selbst für seinen besten Film hielt. Späte Genugtuung: Mit rund 35 Jahren Verspätung wurde der Film als das zeitlose Meisterwerk gefeiert, das es ist: Brillant gefilmt und voller klassischer und teilweise atemberaubend physischer Gags befand sich Buster Keaton hier auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft. Noch heute taucht es auf vielen Bestenlisten auf und gehörte 1989 zur ersten Tranche der Kinofilme, die von der US-Library of Congress in das damals neu geschaffene National Film Registry aufgenommen wurde. Dort sollen "historisch, künstlerisch und ästhetisch bedeutsame Werke" für die Nachwelt erhalten werden.
Ein Zuschauer aus New York City schwärmt: "Wenn Leute heute lesen, dass dies einer der besten Filme aller Zeiten ist, sind sie nach dem ersten Sehen oft enttäuscht. Der Film fordert einen heraus, weil er seine Stärken nicht stolz zur Schau stellt. Die enorm aufwendige Aufnahme der einstürzenden Brücke dauert nur einige Sekunden. Wer in Hollywood würde Geld in so spektakulärer Weise versenken und es dann runterspielen? Buster Keaton aber will niemals eine Reaktion des Publikums erzwingen, er manipuliert nicht, er überspielt nicht. Er protzt nicht mit seinen akrobatischen Künsten oder seinem enormen Repertoire an komischem Talent. Etwas so Subtiles wird Zuschauer oft kalt lassen. Aber diejenigen, welche die Ausdrucksstärke von Buster's so genanntem Stone Face sehen, die seinen besonderen trockenen Humor und seine präzise Klarheit und seinen Geschmack zu schätzen wissen, wird dieser Film umhauen."
1956 verfilmten Walt Disney Pictures die Geschichte als Abenteuerfilm "The Great Locomotive Chase" ("In geheimer Mission").
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