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Die Brücke am Kwai mit Alec Guinness und Sessue Hayakawa
Die Brücke am Kwai mit Alec Guinness und Sessue Hayakawa
© Columbia Pictures

TV-Tips für Sonntag (17.1.): Alec Guinness baut an seinem Meisterstück

Arte zeigt Meisterwerk "Die Brücke am Kwai"

Wer am Sonntagabend etwas Neues sehen möchte, sollte im Hauptprogramm Pro7 einschalten, wo die Free TV-Premiere von Ben Stiller's "Das erstaunliche Leben des Walter Mitty" ausgestrahlt wird. Aber in Sachen Qualität ist eigentlich Arte ein Muss: Dort läuft parallel ein "Oscar"-Gewinner und Meisterwerk: "Die Brücke am Kwai" mit Alec Guinness.

"Das erstaunliche Leben des Walter Mitty", Pro7, 20:15 Uhr
Als sein Job und der seines Kollegen bei einem Verlagshaus gefährdet sind, unternimmt der Tagträumer Walter Mitty (Ben Stiller) eine Reise rund um die Welt, die sich zu einem außerordentlicheren Abenteuer entwickelt, als er es sich je hätte ausdenken können.

Diese Komödie aus dem Jahr 2013 hat eine lange, schwierige Produktionsgeschichte und schmorte über viele Jahre in der so genannten "Planungshölle" Hollywoods. Der letztes Jahr verstorbene Produzent Samuel Goldwyn Jr. hatte 1994 die Idee, es seinem Vater, dem Produzenten Samuel Goldwyn gleichzutun, der 1947 die Kurzgeschichte "The Secret Life of Walter Mitty" von James Thurber aus dem Jahr 1939 erstmals verfilmt hatte. Damals spielte Danny Kaye die Titelrolle; nun war die Wiederverfilmung für Jim Carrey vorgesehen.

1997 wurde der erste Drehbuchentwurf vorgelegt, und Ron Howard ("Rush") verhandelte mit New Line Cinema um den Regieposten, entschied sich dann aber für "Ed TV", so dass das Projekt wieder in den Schubladen verschwand. Zwei Jahre später engagierte man Chuck Russell ("The Scorpion King") als Regisseur und ließ das Drehbuch wieder umschreiben. Dann geriet das Projekt 2001 in rechtliche Mühlen, weil New Line Cinema die Produktion an ein anderes Studio loswerden wollten, was in ihren Augen gleichzeitig bedeutet hätte, dass Produzent Goldwyn sein kreatives Sagen verloren hätte. Der verklagte das Filmstudio und gewann den Prozess. Die Rechte verblieben bei ihm.

Nun ging Goldwyn mit "Walter Mitty" 2003 zu Paramount Pictures. Steven Spielberg ("Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels") wollte jetzt inszenieren und brachte seine Produktionsfirma DreamWorks Pictures als Co-Produzenten an Bord. Das Drehbuch wurde von Zach Helm ("Mr. Magorium's Wonder Emporium") wieder umgeschrieben, doch Spielberg entschied sich schließlich auch gegen die Komödie und drehte statt dessen "War of the Worlds". Mit Richard LaGravense ("Beautiful Creatures") wurde erneut ein Drehbuchautor engagiert, um das offenbar weiterhin bestehende Problem zu lösen, dass die Geschichte hauptsächlich aus Gag-Sequenzen bestand, es aber an einer überzeugenden verbindenden Handlung mangelte.

2005 sollte Mark Waters ("Mr. Popper's Penguins") inszenieren, für die Titelrolle wurde nun Owen Wilson engagiert, der aber wegen unterschiedlicher kreativer Auffassungen wieder ausstieg. Paramount ließen das Projekt wieder in der Schublade verschwinden. 2007 wanderte "Walter Mitty" daher zu 20th Century, wo Drehbuchautor Jay Kogen ("The Wrong Guy" / "Ein Killer kommt selten allein") den Stoff auf Hauptdarsteller Mike Myers zuschneidern sollte. Auch daraus wurde nichts, und 2010 verkündeten Fox, dass Sacha Baron Cohen in der Regie von Gore Verbinski ("Lone Ranger") und einem Drehbuch von Steven Conrad ("Unfinished Business") vor die Kameras treten sollte. Diese Pläne lösten sich ebenfalls in Luft auf.

Endlich im April 2011 fand das anscheinend mit dem Fluch ewigen Scheiterns belegte Projekt seinen Frieden: Ben Stiller sollte die Titelrolle verkörpern - und die Regiefrage löste er gleich mit, denn der Mime würde den Film auch selbst inszenieren und produzieren und dabei das Drehbuch von Conrad nutzen. Als weibliche Hauptrolle fanden 20th Century Fox Kristen Wiig - ursprünglich war Jahre zuvor mit Scarlett Johansson verhandelt worden - dazu kamen mit Shirley MacLaine, Adam Scott und Sean Penn weitere prominente Akteure. Stiller drehte den Streifen für 90 Millionen Dollar in New York City und auf Island - auch die in Afghanistan spielenden Szenen.

Ben zeigt in seiner fünften Regiearbeit Ehrgeiz und legt die eigentlich kleine Geschichte groß an, hinter dem Spektakel fehlt es aber oft an Substanz. Zum Glück verrät sein Film aber nichts von der schweren Geburt des Projekts, sondern wirkt wie aus einem Guss. Während die Kritiken gemischt ausfielen, kam "The Secret Life of Walter Mitty" beim Publikum gut an und wurde mit weltweit 188 Millionen Dollar ein Erfolg - von den anfänglichen Gerüchten über die Preiswürdigkeit der Produktion war aber schnell keine Rede mehr.

Kritiker Mark Hughes lobte den Streifen in "Forbes": "Der Film macht Spaß und sorgt für Lacher, regt aber auch sinnvolle Gedanken über das Leben an, und wie wir uns entscheiden, es zu leben - mit einer anrührenden Darstellung des Hauptdarstellers, mit dessen Figur man mitfiebert."



"Die Brücke am Kwai", Arte, 20:15 Uhr
Nachdem er seine Differenzen mit dem Befehlshaber (Sessue Hayakawa) eines japanischen Kriegsgefangenenlagers beigelegt hat, willigt ein britischer Offizier (Alec Guinness) ein, seine Soldaten für den Bau einer Eisenbahnbrücke des Feindes einzusetzen - nichts von den Plänen seiner eigenen Landsleute ahnend, die Brücke zu zerstören.

Wenn ein Film alle beleidigt, dann hat er wohl etwas richtig gemacht: Bei der Aufführung 1957 kritisierten die Japaner, der Abenteuerfilm würde die japanischen Ingenieure als inkompetent darstellen und die britischen als super-effizient. Die Briten wiederum empfanden das Werk als anti-britisch, weil die Hauptfigur des Colonal Nicholson als Kollaborateur der Japaner gezeichnet sei und überhaupt alle Soldaten als willfährig gehorsame Marionetten, die so zum (vermeintlichen) Sieg des Feindes - der Errichtung der Brücke - beitragen.

Schon während der Dreharbeiten in Sir Lanka (damals Ceylon) der in Burma spielenden Geschichte waren Hauptdarsteller Alec Guinness und Nebendarsteller James Donald wiederholt mit Regisseur David Lean ("Lawrence of Arabia") aneinander geraten, weil sie selbst den Film als anti-britisch empfanden. Das führte zu der Explosion des Regisseurs: "Jetzt könnt ihr euch verpissen und nach Hause gehen, ihr englischen Darsteller! Zum Glück arbeite ich morgen mit einem amerikanischen Schauspieler (William Holden)."

Die Handlung der britischen Columbia Pictures-Produktion und der ihr zu Grunde liegende Roman "Le Pont de la Rivière Kwai" von Pierre Boulle aus dem Jahr 1954 hat einen wahren historischen Hintergrund, und die 1942 errichtete "Brücke über dem Kwai" existiert tatsächlich in Kanchanaburi im Westen Thailands. Die Brücke ist Teil einer Eisenbahnstrecke, die im Zweiten Weltkrieg gebaut wurde, um die thailändische und birmanische Eisenbahnlinie zu verbinden. Durch die Verbindung sollte eine durchgehende Linie von Bangkok in Thailand nach Rangun in Birma zur logistischen Unterstützung der japanischen Besetzung Birmas geschaffen werden. Rund 100 000 asiatische Zwangsarbeiter und 16 000 Kriegsgefangene fanden unter schlimmen hygienischen Bedingungen beim Bau der Strecke den Tod, die deshalb die Bezeichnung "Todesbahn" erhielt. Diese ist vor drei Jahren auch Thema des britischen Dramas "The Railway Man" mit Colin Firth gewesen.

Im Fall der Brücke am Kwai zwangen die Japaner Kriegsgefangene zwei Brücken zu bauen. Zunächst eine Holzbrücke und fünf Monate später zusätzlich eine stählerne Brücke. Der Film deutet die menschenverachtenden Zustände für die unter Todesdrohung arbeitenden Kriegsgefangenen dabei nur an. Beide Brücken wurden von alliierten Bombern zerstört. 1946 wurde die Stahlbrücke als Teil der Kriegsreparationen von einer japanischen Firma wieder aufgebaut und ist bis heute in Betrieb.

Für die Dreharbeiten ließ Lean eine Holzbrücke bei Kitulgala in Ceylon über den Fluss Kelanie aufbauen, die 35 Meter hoch und 130 Meter lange war. Diese Brücke wurde dann tatsächlich gesprengt, während ein unbesetzter Zug über sie hinwegfuhr.

David Lean und seinem Team schafften eines der großen Meisterwerke der Filmgeschichte - ein komplexes Werk, das schwierige Fragen stellt und leichten Antworten widersteht und sich dabei auf großartige Leistungen insbesondere des Regisseurs und des Hauptdarstellers mit seiner genialen psychologisch differenzierten Darstellung verlassen kann, die beide mit dem "Oscar" gekrönt wurden. Der effektvolle und sorgfältig inszenierte Streifen changiert ambivalent zwischen der Verherrlichung militärischer Pflichterfüllung und der ironischen Kritik an der absurden Sinnlosigkeit des Krieges.

"The Bridge on the River Kwai" wurde ein fabelhafter Erfolg. Für umgerechnet knapp 3 Millionen Dollar hergestellt, spielte er weltweit über 30 Millionen Dollar ein und war der erfolgreichste Film des Jahres. Die Kritiker waren rundweg begeistert, ebenso das Publikum, und der Streifen konnte so ziemlich alles gewinnen, was es an Preisen gab. Sieben "Oscars" waren darunter; neben Lean und Guinness erhielt der Film den Academy Award als "Bester Film", für die "Beste Kamera", für den "Besten Schnitt" und die "Beste Musik" sowie das "Beste Drehbuch". Nominiert war dazu noch der japanische Nebendarsteller Sessue Hayakawa.

Beim Gewinn der Drehbuchautoren lief ein Schmierenstück ab: Ausgezeichnet wurde der französische Romanautor Pierre Boulle, der des Englischen überhaupt nicht mächtig war. Die eigentlichen Urheber Carl Foreman und Michael Wilson standen zu der Zeit auf der "Schwarzen Liste" der kommunistischen Hexenjäger des US-Kongresses und durften nicht genannt werden. Erst 1984 rückte die Academy of Motion Picture Arts and Sciences die Situation gerade, indem sie nachträglich Foreman und Wilson die Ehre offiziell zu Teil werden ließ. Da waren beide indes schon tot.

"The Bridge on the River Kwai" ist in die Populärkultur eingegangen, parodiert und angespielt in zahlreichen Fernsehserien, in Musicals und in Computerspielen. Der von den britischen Kriegsgefangenen beim Einmarsch in das Lager zu Beginn gepfiffene "Coloney Bogey March" aus dem Jahr 1914 wurde ein Welt-Hit und war jahrelang in der deutschen Fernsehwerbung präsent. 1997 nahm die US-Library of Congress den Film als "künstlerisch, historisch oder ästhetisch bedeutsames Werk" in das National Film Registry auf, um es der Nachwelt zu erhalten.

Ein Zuschauer aus Salem im US-Bundesstaat Oregon schwärmt: "Vom Anfang bis zum spektakulären Höhepunkt baut David Lean eine subtile Anspannung auf, die er bis zum Ende durchhält. Diese unterstreicht das Drama und macht es zu einem packenden, unvergesslichen Film. Die mitreißenden Bilder werden mit der emotionalen Verstrickung der Charaktere perfekt verbunden. Und nicht zuletzt versteht es der Regisseur, wie er die Darstellungen seiner Schauspieler erreicht, um die großartige Geschichte so überzeugend und glaubhaft zu erzählen. Alec Guinness erhielt zu Recht den 'Oscar', denn er verschwindet so sehr in seiner Figur, dass man den Schauspieler völlig vergisst. Ein Klassiker in jedem Sinne, ist dieser Film ein Paradebeispiel für die Magie des Kinos."



"Auf brennender Erde", ARD, 23:35 Uhr
Eine Mutter (Kim Basinger) und ihre Tochter (Charlize Theron) versuchen sich einander anzunähern, nachdem die Tochter (in jungen Jahren Jennifer Lawrence) eine schwierige Kindheit durchleben musste.

Dieses US-Drama von 2008 ist hauptsächlich wegen des Mitwirkens der damals 17-jährigen Jennifer Lawrence in einem ihrer ersten Filme interessant, noch bevor sie zwei Jahre später mit "Winter's Bone" bekannt werden sollte. Sie wurde prompt bei den Filmfestspielen von Venedig mit dem Preis als "Beste Nachwuchsdarstellerin" ausgezeichnet.

Der mexikanische Drehbuchautor Guillermo Arriga, bekannt für seine verschachtelt, mit mehreren Handlungssträngen und mit vielen Rückblenden arbeitenden Werke wie "21 Grams" und "Babel", ging auch bei seinem Regiedebut so vor. Laut eigener Aussage wollte er einen Film mit "vielen intensiven Liebesgeschichten drehen, die zu unterschiedlichen Zeiten und an verschiedenen Orten spielen, mit Figuren, welche die Heilkräfte von Liebe, Vergebung und Erlösung finden". Sein 20 Millionen Dollar teures Independent-Drama drehte er in Depoe Bay und Portland im US-Bundesstaat Oregon und in Las Cruces im US-Bundesstaat New Mexico.

Doch "The Burning Plain", für den Hans Zimmer die Filmmusik beisteuerte, wurde zum Beispiel für einen Streifen, der die Runde auf Filmfestivals macht, aber kaum ins Kino kommt. Dass es der kleinen Produktion trotz der namhaften Besetzung nicht gelang, einen größeren Kinoeinsatz in den USA zu erreichen und es damit in den Mainstream zu schaffen, lag sicherlich auch an der Ablehnung durch die Kritiker, die das schwer mit Symbolen arbeitende und melodramatische Werk dafür rügten, es nicht zu vermögen, wirkliche Gefühlswallungen auf die Zuschauer zu übertragen. Bis heute ist der Film die einzige Regiearbeit von Arriga geblieben.

Die Zuschauer, die den Streifen gesehen haben, beurteilen ihn freundlicher. Und auch Kritiker Robert Roten gehörte zu den Verteidigern im "Laramie Movie Scope": "Der Film ist an manchen Stellen unglaubwürdig, aber ich bewundere die Geschicklichkeit der Handlungsführung und der gekonnten Art, wie alle Stücke am Ende zusammen kommen."



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