Roberto Benignis Film “Das Leben ist schön“, der
bereits einige Preise einheimsen konnte und von Kritikern und
Publikum begeistert aufgenommen wurde, fand in der öffentlichen
Besprechung nun einen Gegner.
David Denby, Kritiker der Zeitschrift New Yorker, hatte Benignis
Werk bereits bei seinem Start in den USA, im Oktober vergangenen
Jahres, in einer zehnzeiligen Rezension verrissen. Doch nun, genau
in der Vorbereitungsphase der Oscar-Verleihung, die am 21. März
stattfinden wird, greift Denby seine Kritik wieder auf, um seinem
Unmut über den Film eine neue Gewichtung zu verleihen - und dem
Oscar-nominierten Regisseur in ein, seiner Ansicht nach
'gebührenderem' Licht erscheinen zu lassen.
"'Das Leben ist schön' verleugnet den Holocaust", schreibt der
Kritiker einer Zeitschrift für Intellektuelle.Illustriert wird sein
Artikel durch ein ganzseitiges Cartoon des Pulitzer-Preisträgers
Art Spiegelmann. Es stellt einen Juden im Streifenanzug - im
Hintergrund: ein Arbeitslager - dar, dessen mitleidige Erscheinung
im Kontrast steht zu seinem auf den Arm gehaltenen
Goldjungen.
Der italienischen Zeitung La Repubblica zufolge ist der wiederholte
und verstärkte Angriff Denbys gerade auf die bevorstehende
Oscar-Verleihung zurückzuführen. Andererseits hätten dem Kritiker
die allgemeine Begeisterung um den toskanischen Regisseur und
seinen Film, sowie die um ihn zelebrierten Lobpreisungen sowieso
sehr widerstrebt.
"Es ist einer der unüberzeugendsten und selbstgefälligsten Filme,
die je gedreht wurden. Als ich den Film im letzten Oktober sah,
blieb mir das Lachen im Halse stecken. Ich kam aus dem Kino mit
einem Gefühl, als ob man mir die Seele zerrissen hätte," wird der
Kritker zitiert. Wohl wissend, daß seine Kritik von der Oscar-Jury
und den großen Zeitungen der jüdischen Gemeinden in den USA gelesen
werde und auf Abwehr stoßen würde, hat der Kritiker sich in seinm
Uretil nicht erschüttern lassen. Auch die Tatsache, daß “Das
Leben ist schön“ auf dem Filmfest in Jerusalem begeistert
aufgenommen und keinesfalls als Leugnung des Holocaust verstanden
wurde, schert den Kritiker überhaupt nicht. Benigni "wußte
sicherlich, daß ein Kind, welches nach Auschwitz kam, sofort
umgebracht wurde, daß in jedem Lager die Menschen geschlagen und
getötet wurden, und Gnade kaum vorkam", schreibt Denby."Aber er
zeigt uns nichts darüber. Eigentlich schützt er das Publikum, wie
Guido vor seinem Vater geschützt wird. Letztendlich behandelt er
uns damit alle selbst wie Kinder." Der außerordentliche Erfolg des
Films wird von Denby nicht außer Acht gelassen, jedoch hat er seine
eigene Erklärung dafür:"Es ist ein Hinweis darauf, daß das Publikum
die Thematik Holocaust satt hat, und müde ist von deren unendlichen
Fähigkeiten aus der Bahn zu werfen. Dank Benigni können sie jetzt
lachend und glücklich das Thema als 'abgehandelt' abhaken."
In der Zwischenzeit sind die Vorkehrungen um die Oscar-Verleihung
in vollem Gange. Die Stimmen, für die 19 Hauptkategorien sollen bis
zum 16. März abgegeben werden. Roberto Benigni, der die
Oscar-Zeremonie kaum noch abwarten kann, wird dort als Kandidat, in
bemerkenswerten sieben Kategorien nominiert,teilnehmen. Seine
bisher erhaltenen Preise lassen jedoch bereits vermuten, daß sich
die Reise nach L.A. lohnen wird. Sollte er aber ohne die begehrte
Statue nach Hause zurückkehren, wird seinerseits keine Träne
fließen - doch sicherlich einige aus den Reihen des Publikums, das
seinen Film mit dem adäquaten Blick gesehen und verstanden haben.