"Paris, Texas", 3sat, 22:35 Uhr:
Ein Mann ohne Gedächtnis (Harry Dean Stanton) taucht nach vier Jahren in der Wüste auf und versucht zusammen mit seinem siebenjährigen Sohn (Hunter Carson), seine Frau (Nastassja Kinski) wiederzufinden.
Selten hat ein Film es vermocht, die kargen Wüstenlandschaften und Orte im US-Bundesstaat Texas so öde und fremd und zugleich so faszinierend wirken zu lassen, wie Wim Wenders' deutsches Drama, das er auf Englisch in den USA drehte. Sein langjähriger Kameramann Robby Müller fing die Werbeplakate, die Graffiti, den rostigen Autoschrott, die alten Eisenbahnschienen, die Neon-Lichter, die Motels und die scheinbar endlosen Straßen auf unnachahmliche Art und Weise ein.
Aber das ist nur die eine Seite der Medaille dieses Werks von 1984: Wenders gelang auch ein Film, der intelligent, schön, poetisch und nostalgisch ist und dabei glaubwürdige Figuren aufweist - ein ergreifendes, faszinierendes Portrait von Menschen, die gegen ihre Entwurzelung ankämpfen. Kein Streifen, der die Antworten auf dem Silbertablett serviert, der aber die emotionale Beteiligung der Zuschauer reich belohnt. Musiker wie Kurt Cobain, U2 und M83 haben den Film als einflussreich auf ihre Musik bezeichnet oder Dialoge daraus gesampelt.
"Paris, Texas" war einer der erfolgreichsten Filme auf Filmfestivals: 1984 gewann er gleich drei Preise auf den Filmfestspielen in Cannes - darunter den Hauptpreis, die Goldene Palme -, war als "Bester ausländischer Film" für den Golden Globe, den Britischen Filmpreis (BAFTA), den Französischen Filmpreis César und den Italienischen Filmpreis nominiert. Wenders gewann einen BAFTA-Award für die "Beste Regie". In der Heimat reichte es als "Bester Film" für den 2. Platz hinter "Oberst Redl" bei den Deutschen Filmpreisen.
Ein Zuschauer aus Colorado schwärmt: "Ich habe nie zuvor oder danach einen Film gesehen, der die Extreme wie Liebe, Schmerz und Verlust mit solcher Unmittelbarkeit und schonungsloser Aufrichtigkeit darstellt. Ich habe nicht geweint, aber ich wurde an all die Zeiten meines Lebens erinnert, in denen ich geweint habe, und warum. Vielleicht hat jeder solch einen Film, der sie oder ihn so sehr bewegt, dass es nicht in Worte zu fassen ist. Dieser Streifen ist meiner."
"Die Insel", Pro7, 22:45 Uhr:
Ein junger Mann (Ewan McGregor), der als Klon von einem Biopharma-Konzern gezüchtet wurde, um als Organ-Ersatzteillager zu dienen, flieht mit seiner Geliebten (Scarlett Johansson) aus der künstlichen Welt, die seine Hersteller für ihre "Produkte" geschaffen haben.
Michael Bay ist der König Midas des Kinos - er kann jede Scheiße zu Gold machen. Im vergangenen Jahr war sein "Transformers 4" der mit Abstand erfolgreichste Film weltweit - und man wird lange suchen müssen, um jemanden zu finden, der das plausibel erklären kann. Doch für jede Regel gibt es eine Ausnahme. Und so hat auch Bay durchaus schon mal schwer daneben gelegen. Ironischerweise ist gerade "Die Insel" nicht gerade einer seiner schwächsten Streifen, dennoch floppte der Science-Fiction-Film 2005 in den USA kolossal: Das 126 Millionen Dollar teure Werk, für das sich DreamWorks und Warner Brothers zusammen getan hatten, konnte dort nur 35 Millionen Dollar umsetzen.
"The Island" ist eine laute und bombastische Mischung aus "THX 1183", "Logan's Run" und "Coma", bei der Bay schon nach einer halben Stunde das Interesse an den Anti-Utopie-Elementen seiner Handlung verliert und lieber wieder auf spektakuläre Verfolgungsjagden und Explosionen setzt.
Kritiker Nev Pierce erklärte für die BBC: "Es gibt viel in den intimeren, um die Charaktere kreisenden Momenten zu genießen - falls man mit der unerbittlichen, aufgeblasenen Action, die sie umgibt, zurechtkommt."
"Gesetz der Straße - Brooklyn's Finest", ARD, 01:20 Uhr
Drei voneinander unabhängige Polizisten aus Brooklyn (Don Cheadle, Richard Gere und Ethan Hawke) treffen am selben Tatort ein, nachdem sie völlig unterschiedliche Karrierewege hinter sich haben.
Drehbuchautor Michael Martin hatte mit seinem Skript zu "Brooklyn's Finest" 2005 an einem Drehbuchwettbewerb teilgenommen. Er gewann keinen Preis, aber auf seine Arbeit war Hollywood aufmerksam geworden, und Martin konnte sein Werk schließlich für 200 000 Dollar verkaufen. Nachdem Antoine Fuqua als Regisseur für die Independent-Produktion gewonnen werden konnte, dauerte es nicht lange, bis viele namhafte Stars mit dem Mann zusammen arbeiten wollten, der bereits 2001 mit "Training Day" das Kriminalfilm-Genre und dessen "Schmutzige Cops"-Unterkategorie enorm bereichert hatte. Allen voran Ethan Hawke, der bereits bei "Training Day" dabei gewesen war, aber auch Ellen Barkin, Wesley Snipes, Vincent d'Onofrio und Will Patton. Alle Darsteller nahmen Gagenkürzungen in Kauf, um dabei sein zu können.
Der Streifen spielt im berüchtigten Brownsville Viertel von Brooklyn und wurde vor Ort, aber auch in Manhattan und Queens gedreht. Dass sich Realität und Fiktion dabei recht nahe kamen, stellte sich nach Ende der Dreharbeiten heraus: Zaire Paige, ein Bandenmitglied aus der Gegend, hatte einen Part übernommen - drei Monate nach den Dreharbeiten war er in einen Mord verwickelt und wurde zu 107 Jahren Gefängnis verurteilt.
Fuqua schuf einen angemessen knallharten Streifen und taucht diesen in eine Atmosphäre von mit den Händen zu greifender Spannung, auf die er sich so gut versteht. Aber vieles von dem, was man hier gezeigt bekommt, glaubt man, schon zigmal woanders gesehen zu haben - und dort nicht unbedingt schlechter. Viele der Handlungsversatzstücke waren inzwischen bereits zu Klischees geworden. Publikum und Kritiker zeigten sich jedenfalls unbeeindruckt, und der 17 Millionen Dollar teure Film floppte.
Kritiker Ben Rawson-Jones befand für "Digital Spy": "Der Film ist spannend anzusehen und erinnert einen wirkungsvoll an die zu selten wertgeschätzten Talente einiger Mitglieder von Besetzung und Crew. Es ist nur eine Schande, dass die Handlung und die Charakterisierungen ausreichenden Einfallsreichtum und Funken vermissen lassen."
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