"Ich - einfach unverbesserlich", RTL, 20:15 Uhr:
Als ein Superschurke (gesprochen von Oliver Rohrbeck, im Original von Steve Carrell) ein Trio von Waisenmädchen als Schachfiguren in einem großen Komplott missbraucht, stellt er fest, dass deren Liebe ihn langsam zum Besseren verändert.
Wenn man einem Novizen etwas anvertraut, birgt das natürlich auch immer ein gewisses Risiko: Wird der Neue der Aufgabe gewachsen sein? Als Universal Pictures 2008 bei der gerade mal ein Jahr zuvor gegründeten Tochterfirma Illumination Entertainment die 3D- und CGI-Produktion "Despicable Me" (Verabscheuenswürdiges Ich, so der Originaltitel) in Auftrag gaben und ihr das Budget von 69 Millionen Dollar überantworteten, war das sicherlich nicht ganz ohne Risiko. In einem Markt mit Platzhirsch-Konkurrenz wie Disney, DreamWorks und Pixar musste man sich schon strecken, um beim inzwischen mit erstklassigen Animationsfilmen verwöhnten Publikum wahrgenommen zu werden. Zumal es auch das Spielfilmdebüt für die beiden Regisseure Pierre Coffin und Chris Renaud war.
Aber es hätte nicht besser laufen können. Das zeigt sich auch daran, dass es inzwischen nicht nur eine Fortsetzung gibt, sondern in zwei Wochen mit "Minions" (die Helfershelfer von Superschurke Gru, die besondere Popularität erlangt haben) sogar ein Spin-off in den Kinos starten wird, das schon jetzt als sicherer Hit gilt. Als "Despicable Me" 2010 auf die Leinwand kam, waren nicht nur die Kritiker begeistert, sondern auch das Publikum. Und wie! Mit weltweit 543 Millionen Dollar wurde der Zeichentrickfilm zum neunterfolgreichsten Film des Jahres - zwar hinter "Toy Story 3", "Shrek Forever After" und "Tangled" ("Rapunzel - Neu verföhnt"), aber noch vor "How to Train Your Dragon". Dazu wurde er sowohl bei den Golden Globes als auch bei den Britischen Filmpreisen als "Bester Animationsfilm" nominiert.
Das amerikanisch-französische Regie-Duo stibitzte ganz offensichtlich schwer bei der Konkurrenz wie Pixar und Warner Brothers' Looney Tunes, aber äußerst geschickt und setzte alles zu einem überraschend gedankenvollen, familienfreundlichen Genuss zusammen, der noch mit eigenen Überraschungen aufwartete. Kritiker Jeff Beck gab im "Examiner" zu: "Ich erwartete einen weiteren schlichten Kinderfilm mit ein paar Witzen und vielleicht einigen lauten Geräuschen, um die Kleinen bei Laune zu halten, aber zu meiner Überraschung war dieser Film viel mehr als das."
"Sieben", ZDF, 23:00 Uhr:
Zwei Polizisten, ein Frischling (Brad Pitt) und ein vor seiner Pensionierung stehender Veteran (Morgan Freeman), jagen einen Serienmörder (Kevin Spacey), der seine Opfer anhand der Sieben Todsünden aussucht.
Es gibt Filme, die sieht und vergisst man. Es ist kaum vorstellbar, dass jemand, der diesen Thriller von 1995 gesehen hat, sich nicht daran erinnert. "Seven" ist eines jener Meisterwerke, bei dem sowohl der Inhalt wie auch die Umsetzung so singulär und originell sind, die Emotionen der Leinwand so direkt in die Eingeweide des Zuschauers gehen, dass sich das Gesehene unauslöschlich einbrennt. Es ist fast ein Wunder, dass ein größeres Hollywood-Studio wie New Line Cinema einen solchen fast schon nihilistischen Streifen produzierte. Und es verwundert nicht minder (oder auch angesichts der Qualität auch wieder nicht), dass dieses schwer verdauliche Werk so gut beim Publikum ankam: Vier Wochen an der Spitze der US-Charts schaffen aktuell nicht mal mehr Produktionen wie "Avengers", und dass der Streifen sich als siebterfolgreichster Film des Jahres mit weltweit 327 Millionen Dollar in eine Top Ten mit "Toy Story", "Pocahontas" und "Caspar" vorschob, spricht Bände.
Drehbuchautor Andrew Kevin Walker und Regisseur David Fincher, der nach der frustrierenden Arbeitserfahrung mit "Alien 3" eigentlich noch keine Lust hatte, wieder auf dem Regiestühlchen Platz zu nehmen, entwerfen das Bild einer (Großstadt)-Hölle auf Erden: Ständig regnend, dreckig, verfallend, klaustrophobisch und farblos. Letzteren Effekt erzielte man durch Bleichauslassung. Durch diesen Visuellen Effekt beim Entwickeln des Films entsteht ein durch ein Schwarzweißbild überlagertes Farbbild - und damit nicht nur ein signifikantes Aussehen, sondern auch eine passende Metapher für den Film: Hier schiebt sich der Wahnsinn als ein diffuses religiöses Fieber vor die Realität.
Schon der grandiose Vorspann von Kyle Cooper versetzt das Publikum in einen Zustand der angespannten Erwartung (und bereits da weiß man, warum Richard Francis-Bruce für seinen Schnitt für den "Oscar" nominiert wurde), was da auf sie zukommen könnte, und Fincher lässt bis zum verheerenden Finale die Zuschauer nicht aus dem Griff dieses Unbehagens heraus. Dass das Studio dabei den Schluss des Films zunächst nicht akzeptieren wollte, verwundert kaum. Da aber Brad Pitt - der gerade bei "Legends of the Fall" (Legenden der Leidenschaft) hatte erleben müssen, dass das Ende eines seiner Werke nach Drehschluss noch verändert worden war - damit drohte, die Produktion platzen zu lassen, wenn der Schluss nicht wie im Drehbuch gefilmt würde, blieb es dabei.
Zum Glück: Das eindringliche, unvergessliche Finale ist einer der großen Pluspunkte dieses in Los Angeles gedrehten brutalen Schockers, neben den auf den Punkt gebrachten Darstellungen und den clever inszenierten blutigen Szenen. Ein Zuschauer aus Toronto findet: "Das ist einer der einfallsreichsten, am besten geschriebenen und intelligentesten Filme der letzten Jahrzehnte. Der Film bleibt dank der Kombination des düsteren visuellen Stils, der intensiv vorangetriebenen Handlung und den glänzenden Darstellern über die gesamte Spieldauer angespannt und fokussiert. Er verliert sich nie in unwichtigen Nebensträngen oder greift auf typische Hollywood-Klischees zurück. Er ist einzigartig, weil er sowohl das Bedürfnis des Publikums befriedigt, in das Drama hineingezogen und unterhalten zu werden, als auch kompromisslos und schockierend zu sein."
"127 Hours", Pro7, 23:20 Uhr:
Ein Bergsteiger (James Franco) wird unter einem Felsen eingeklemmt, während er alleine durch einen Canyon nahe Moab im US-Bundesstaat Utah klettert, und ergreift verzweifelte Maßnahmen, um zu überleben.
Geschichten, die das Leben schreibt...kein Wunder, dass Regisseur und Drehbuchautor Danny Boyle an der wahren Begebenheit um den Bergsteiger Aron Ralston interessiert war, der 2003 für fünf Tage und sieben Stunden (eben 127 Hours) in dem Canyon festsaß und daraus ein Jahr später den Bestseller "Between a Rock and a Hard Place" entwickelte. Vier Jahre lang verfolgte Boyle das Projekt, bis es 2010 endlich auf den Leinwänden erschien und fast einhellig von der Presse als eine magenumdrehende und gleichzeitig inspirierende Erfahrung gepriesen wurde. Auf vortrefflichste Weise ergänzten sich hier die nicht zu bändigen inszenatorischen Einfälle des Engländers mit der großartigen Darstellung von Franco.
Dabei hätte das Ganze auch ordentlich schief gehen können, denn über weite Strecken des Films erzählt Boyle sehr realitätsgetreu Ralston's Zwangslage nach - und das heißt, dass man nicht viel mehr zu sehen bekommt als einen Mann, der feststeckt. Doch es ist dem Genius des Filmemachers zu verdanken, dass seine Vision eines "Action-Films, mit einem Mann, der sich nicht bewegen kann", wahr wurde. Dabei drehte er hauptsächlich in einem Studio und begrenzte Spezialeffekte auf ein Minimum. So konnte die Fox Searchlight-Produktion, die auch an den Originalplätzen in Utah entstand, für moderate 18 Millionen Dollar entstehen.
Doch all das Lob der Kritiker und auch die zahlreichen Preise und Nominierungen (unter anderem sechs "Oscar"-Nennungen als "Bester Film", für den "Besten Hauptdarsteller", für das "Beste Drehbuch", für den "Besten Schnitt", für die "Beste Musik" und den "Besten Song" "If I Rise") konnten den Flop des Films nicht verhindern. Fox schickten den Streifen ohnehin nur mit unter 1000 Kopien in die Kinos, aber es kamen auch viel zu wenige Zuschauer: 18 Millionen Dollar in Nordamerika reichten gerade mal zur Deckung der reinen Produktionskosten; die zusätzlichen 42 Millionen Dollar weltweit waren ebenfalls enttäuschend.
Ein Grund lag sicherlich darin, dass viele Besucher sich wegen einer bestimmten Szene nicht in den Film trauten, zumal die Presse begierig jeden Ohnmachts- oder Übelkeitsanfall von Zuschauern breit trat - obwohl Danny Boyle überhaupt nichts explizit zeigt. "Man kann wissen, wie die Geschichte ausgeht und trotzdem von diesem mystischen, ergreifenden und wunderbaren Film bewegt sein", ergriff Kritiker Roger Moore in "Movie Nation" Partei für das Werk.
Hier geht es zum kompletten TV-Programm