Solch einen Tod hätte sich Winnetou, die Figur, die Pierre Brice unzählige Male verkörpert hat und mit der er identifiziert wird wie kein Zweiter, wohl gewünscht. Das Management des 86-Jährigen hat nun mitgeteilt, dass Brice in den Armen seiner Frau Hella in einem Pariser Krankenhaus gestorben ist, in das er gestern Abend eingeliefert worden war. Er starb an den Folgen einer Lungenentzündung. Zuletzt hatte der Franzose mit seiner Frau im oberbayerischen Garmisch-Partenkirchen gelebt.
Der am 6. Februar 1929 im nordfranzösischen Brest geborene Pierre erlebte die Bombardierung der Stadt durch die Deutschen und arbeitete für den Widerstand als Botenjunge. Mit 19 Jahren meldete er sich freiwillig zum Indochina-Krieg. Später war er Fallschirmjäger im Algerienkrieg.
Nach einigen Auftritten als Photomodell und Tänzer begann er 1958 seine Karriere als Schauspieler im französischen Kino, die jedoch auf der Stelle trat. Ab 1960 ging er daher nach Italien, zwei Jahre darauf nach Spanien und kam dann in die Bundesrepublik. Produzent Horst Wendlandt hatte den damals 32-Jährigen in dem spanischen Film "Los Atracadores" gesehen. Wendtlandt bot dem Franzosen die Rolle als Apachen-Häuptling Winnetou in der Karl May-Verfilmung "Der Schatz am Silbersee" an. Die Rolle brachte ihm den Durchbruch. Bis 1968 spielte er in weiteren zehn deutschen Western Winnetou und wurde in Deutschland zum Star. Als er 1965 den Filmtod in "Winnetou 3" starb, war die Empörung bei Teilen des Publikums so groß, dass den Produzenten es nicht schwer fiel, ihn in "Old Shurehand" sofort wieder auferstehen zu lassen.
Nach Ende der Karl May-Streifen war er in den Siebzigern in einigen italienischen und französischen Produktionen zu sehen, so in "Die Puppe des Gangsters" von 1975 mit Sophia Loren, und spielte Theater. 1976 jedoch wurde der Mime "rückfällig" und schlüpfte wieder in seine berühmteste Rolle, als ihn die Karl-May-Festspiele im sauerländischen Elspe unter Vertrag nahmen. Es war eine win-win-Situation: Der Name Pierre Brice lockte Tausende an, und der Akteur war wieder so populär als zuvor. Von 1976 bis 1980 und 1982 bis 1986 wirkte er in Elspe mit. Das deutsche Fernsehen hing sich an die Winnetou-Renaissance und produzierte mit Antenne Paris die Co-Produktion "Mein Freund Winnetou" - diesmal an Originalschauplätzen der Geschichten in Mexiko, nicht wie die Kinofilme in Kroatien. Ab 1988 wechselte Brice zu den Elspe-Konkurrenten in Bad Segeberg zu den dortigen Karl May-Festspielen, wo er bis 1991 die edle Rothaut gab.
In den neunziger Jahren war Brice hauptsächlich in deutschen Fernsehfilmen wie "Mallorca - Liebe inbegriffen" von 1993 oder Serien wie "Ein Schloss am Wörthersee" und "Klinik unter Palmen" zu sehen. 1997 stellte er sogar ein letztes Mal Winnetou für den ZDF-Fernsehfilm "Winnetou's Rückkehr" dar, die in Spanien gedreht wurde.
Pierre war seit 1981 mit der aus Amberg stammenden Hella Krekel verheiratet. Privat setzte er sich als UNICEF-Botschafter für Kinderrechte ein und engagierte sich im Tierschutz, insbesondere für Bären und Straßenhunde in Rumänien. 1992 erhielt er das Bundesverdienstkreuz für sein Lebenswerk. 2004 erschien seine Autobiographie "Winnetou und ich".