"96 Hours - Taken 2", RTL, 20:15 Uhr:
In Istanbul werden der im Ruhestand lebende CIA-Agent Bryan Mills (Liam Neeson) und seine Frau (Famke Janssen) vom Vater (Rade Šerbedžija) eines Kidnappers, den Mills ermordete, als er seine Tochter rettete, entführt.
2008 begann eine neue Zeitrechnung im Kino: Liam Neeson Action-Hero. Trotz eines "Rob Roy" hier und eines "Batman Begins" dort, hatte man den Iren selten so brutal-kompromisslos gesehen wie in "Taken", der in Deutschland als "96 Hours" lief. Die Auswirkungen spürt man bis heute: Aktuell läuft der Thriller "Run All Night" mit Neeson in den Kinos.
Die Schlacht Liam Neeson vs Albanien begeisterte durch ihre rasante Schlichtheit das Publikum und wurde zum Überraschungs-Hit. Und das ließ die Verantwortlichen bei 20th Century Fox nicht ruhen - sie gaben einen zweiten "Taken" in Auftrag. Und für den gingen Regisseur Olivier Megaton und die Drehbuchautoren Luc Besson und Robert Mark Kamen, die allesamt zurückkehrten, 2012 kein Risiko ein. Die Formel blieb in etwa die gleiche: "Wieder zeigt Neeson fiesen Albanern, wo der Hammer hängt", wie es "prisma" auf den Punkt bringt. Allerdings ohne die Wucht und den Überraschungseffekt des Originals.
Das Publikum störte es wenig: Zwar kam "Taken 2" in den USA nicht an den Vorgänger heran, aber weltweit übertraf das Einspiel trotz weitgehend negativer Kritiken das des Originals bei weitem: Nach dessen 227 Millionen Dollar gaben die Kinobesucher diesmal 376 Millionen Dollar aus - bei Produktionskosten von 45 Millionen Dollar, die auch durch die Dreharbeiten vor Ort in Istanbul entstanden. Auch dieser Erfolg ließ die Filmemacher natürlich nicht ruhen: Anfang dieses Jahres kam "Taken 3" in die Lichtspielhäuser - ebenfalls sehr erfolgreich.
Kritiker Daniel Kimmel von "New England Movies Weekly" befand: "So absurd das alles ist - kein Action-Fan wird enttäuscht sein. Man mag mit den Augen rollen, aber man wird nicht gähnen."
"Die Lady von Shanghai", Arte, 20:15 Uhr:
Von der hinreißenden Mrs Bannister (Rita Hayworth) fasziniert, nimmt der Matrose Michael O'Hara (Orson Welles) an einer bizarren Kreuzfahrt mit einer Yacht teil und verstrickt sich in einen komplexen Mordplan.
"The Lady from Shanghai" repräsentiert in einer Nussschale all das, was Orson Welles' gesamte Karriere auszeichnete: Kreatives Genie, Einmischung des Filmstudios und dadurch entstehendes Produktionschaos, Verstümmelung des Films, Fehlschlag an der Kinokasse und die langsame Wiederentdeckung und Wertschätzung des Films im Lauf der Jahrzehnte.
Orson Welles benötigte mal wieder Geld. Diesmal waren es 55 000 Dollar für sein ausladendes Broadway-Musical "Around the World in Eighty Days". In seiner Not wandte er sich an Columbia Pictures-Chef Harry Cohn und versprach ihm, für diese Summe als Vorschuss einen Film zu produzieren, zu schreiben, zu inszenieren und auch die Hauptrolle zu übernehmen. Als Sahnehäubchen brachte er noch seine damalige Frau und Columbia-Star Rita Hayworth mit. "The Beauty and the Brain", wie die Presse das Promi-Paar damals nannte, sollten Columbia einen Erfolgsfilm bescheren.
Welles machte sich daran, den Kriminalroman "If I Die Before I Wake" von Sherwood King aus dem Jahr 1938 zu bearbeiten und machte das Buch durch zahlreiche Änderungen zu seinem eigenen Werk. Der damals 31-Jährige brachte wieder einige Schauspieler seiner Mercury Theatre-Truppe wie Everett Sloane und Erskine Sandford mit. Der Star der Produktion war allerdings Rita Hayworth, die gerade mit dem Kriminalfilm "Gilda" in der Titelrolle in die Star-Stratosphäre schoss. Als Welles ihr für ihre Rolle als Femme Fatale in "The Lady from Shanghai" ihre berühmte rotblonde Mähne abschneiden ließ, waren 16 Photographen anwesend, um das Ganze im Bild festzuhalten. Dann wurde die verbliebene Haarpracht knallblond gefärbt.
Welles drehte nicht nur im Studio, sondern vor Ort in San Francisco und in Acapulco, dazu an Bord von Errol Flynn's Yacht "Zaca", die sein Freund ihm zur Verfügung gestellt hatte. Stilistisch spielte Welles wieder die ganze Klaviatur, die ihn seit seinem Debüt von "Citizen Kane" bekannt gemacht hatte: Ungewöhnliche Kameraperspektiven, extreme Nahaufnahmen, große Tiefenschärfe, die Vorder- wie Hintergrund gleich scharf wirken ließ. Besonders die Nahaufnahmen verschärfen das Gefühl von Paranoia und Verhängnis. Teilweise wirkt das Ganze auch durch die stilisierten Darstellungen wie expressionistisches Theater. Welles schuf so einen einfallsreichen und dynamischen Kriminalfilm und ersann einige brillante Szenen. Im Frühjahr 1947 legte er dem Studio seine 150 Minuten lange Schnittfassung vor.
Aus der ersten Vorführung für Studio-Boss Harry Cohn stürmte dieser wutentbrannt und bot jedem, "der mir die Handlung erklären kann", 1000 Dollar. Auch war er entsetzt, wie der Regisseur seine Hauptdarstellerin in Szene gesetzt hatte: Nach seiner Meinung zu unvorteilhaft. Cohn verdonnerte Orson zu Nachdrehs, die das Budget des Films sprengten. Schließlich wurde Welles der Film ganz aus den Händen genommen und durch Cutterin Viola Lawrence um ein Drittel auf 81 Minuten heruntergekürzt. Der Filmemacher distanzierte sich von dieser Version, der auch eine neue Filmmusik aufgezwungen wurde, die Welles als "Donald Duck-Musik" disqualifizierte. Das herausgeschnittene Material aus "The Lady from Shanghai" gilt als zerstört und damit für immer verloren. Besonders für die berühmte Schusswechselszene in einem Spiegelkabinett, die Woody Allen 1993 in seiner Komödie "Manhattan Murder Mystery" noch einmal aufleben ließ, bedauerte Welles dies. Ursprünglich dauerte die ganze Sequenz rund 20 Minuten, von denen nun nur doch drei übrig gelassen wurden.
Als "The Lady from Shanghai" mit großer Verzögerung 1948 endlich in den USA anlief - die Uraufführung hatte bereits in Frankreich stattgefunden - eilte ihm schon der Ruf einer Katastrophe voraus. Und die selbsterfüllende Prophezeiung schlug sich in einem Flop an den Kinokassen nieder. Für Orson Welles bedeutete dies das Ende seiner Hollywood-Karriere. Für seine nachfolgenden Filme besorgte er sich das Kapital in Europa.
Über die Jahrzehnte ist "The Lady from Shanghai" von der Kritik wiederentdeckt und neu wertgeschätzt worden. Ein amerikanischer Zuschauer befindet: "Die etwas verrückte, etwas unlogische, etwas (oder sehr) bizarre Konstruktion ist genau das, was den Film wirken lässt. Die Art und Weise, wie er sich vom Erzählen zum bloßen Suggerieren der Geschichte wandelt; die Art und Weise, wie er Reaktionen so vergrößert zeigt, das es fast wie surreales Drama wirkt; die Art und Weise, wie unglaubwürdige und unrealistische Szenen fabelhaft wie eine Art Traum inszeniert werden, all das ist großes Kino. Photographie und Beleuchtung sind unglaublich, wirklich phänomenal. So ist der Film alleine schon wegen seines Aussehens großartig."
"Salt", Pro7, 23:30 Uhr:
Evelyn Salt, eine CIA-Agentin (Angelina Jolie) taucht unter, als ein Überläufer (Daniel Olbrychski) sie beschuldigt, eine russische Spionin zu sein.
"Wer ist Evelyn Salt?", fragten die Poster zu diesem Thriller von 2010. Nun, zunächst mal war sie ein Mann namens Edwin Salt. Ursprünglich war dies nämlich ein Tom Cruise-Projekt. Drehbuchautor Kurt Wimmer hatte den Stoff schon seit 2002 in Angriff genommen. Doch als Columbia Pictures 2007 die Produktion anschoben, machte Cruise einen Rückzieher: Er sah diese Agentenfigur zu nahe an seinem Ethan Hunt, den er in der "Mission Impossible"-Reihe verkörperte, und entschied sich stattdessen, für 20th Century Fox "Knight and Day" zu drehen. Für Regisseur Phillip Noyce der Auslöser, ganz neu nachzudenken und eine mit Angelina Jolie schon länger besprochene Idee einer weiblichen Agentenrolle in die Tat umzusetzen. Brian Helgeland ("Robin Hood") half dabei, die Hauptfigur im Drehbuch einer Geschlechtsumwandlung zu unterziehen, wobei die eigentliche Handlung bestehen blieb.
Gedreht wurde vor Ort in Washington D.C. und New York City. Jolie trainierte Kampftechniken für ihre Rolle und führte die meisten Stunts selbst durch. Computer-Bilder beschränkten sich auf das Erschaffen der Hintergründe und einige Effekte. Noyce hatte allerdings Schwierigkeiten, dem Film einen befriedigenden Schluss zu verpassen und veröffentlichte später auf Disc gleich zwei alternative Schnittfassungen des gesamten Films, welche diesen jeweils eine andere Handlungsrichtung einschlagen ließen.
Dass mit Jolie eine weibliche Hauptfigur besetzt wurde, tut "Salt" gut, denn zum Einen ist die Schauspielerin, deren Engagement für ihre Rolle spürbar ist, in Top-Form, zum Anderen wäre der Streifen mit seiner vorhersehbaren und manchmal lächerlichen Handlung allzu austauschbar. Möglicherweise hatte Cruise da ein gutes Näschen, auch wenn er mit "Knight and Day" vom Regen in die Traufe kam.
"Salt" erhielt gute Kritiken und wurde ein Erfolg beim Publikum, allerdings kein so überwältigender, als dass sich bis heute jemand daran gemacht hätte, ein weiteres Abenteuer mit Evelyn Salt zu initiieren. Die Produktion erhielt eine Academy Awards-Nominierung für den "Besten Tonschnitt".
Kritiker RL Shaffer schrieb für "IGN DVD": "Der Film funktioniert trotz seiner schlampigen, häufig haarsträubenden Handlung und den durchsichtigen Wendungen, und sei es auch nur als ein unterhaltsam intensives und überraschend düsteres B-Movie, das - einmal in Schwung gekommen - kaum im Tempo nachlässt."
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