Bei den Australischen Filmpreisen im Januar 2015 gab es das seltene Ereignis eines Unentschiedens: Die Mitglieder der Australian Academy of Cinema and Television Arts (AACTA) krönten gleich zwei Werke zum "Besten Film des Jahres 2014". Wer sich seine Meinung bilden möchte, ob er lieber dem Horrorfilm "The Babadook" oder dem Drama "The Water Diviner" einen Preis verliehen hätte, kann sich ab jetzt ein Bild machen, denn zufällig laufen beide Streifen parallel in unseren Kinos an.
"Der Babadook"
Horrorfilm
Australien
93 Minuten
FSK 16
"If it's in word
or in a look
you can't get rid of the
Babadook"
Horrorfilm über eine Mutter (Essie Davis), die ihren kleinen Sohn (Noah Wiseman) alleine erzieht und zunehmend von dessen Ängsten und Aggressionen überfordert ist. Als eine schreckliche Kinderbuch-Gestalt in ihr häusliches Leben eindringt, führt dies zu dramatischen Ereignissen. Das sensationelle Regiedebüt von Jennifer Kent, mit dem die Schauspielerin, die hier auch das Drehbuch verfasst hat, gleich mal den Australischen Filmpreis für den "Besten Film" (zusammen mit Russell Crowe's "Das Versprechen eines Lebens"), für die "Beste Regie" und für das "Beste Drehbuch" erhielt. Statt der inzwischen allzu üblichen, billigen "leise...leise...LAUT!"-Erschricktaktiken vieler Horrorfilme setzt ihr Werk auf eine leise, langsam alles durchdringende Bedrohung und verbindet dies dazu noch mit einer tiefempfundenen, bewegenden Geschichte einer Mutter und ihres Sohnes. Während fast jeder Kritiker aus dem Häuschen war und es bisher über 30 Preise und rund 50 Nominierungen gesetzt hat, war das Publikum deutlich reservierter - so wie unser Rezensent Carsten Moll.
"Das Versprechen eines Lebens"
Drama
Australien
111 Minuten
FSK 12
Noch ein australischer Spielfilm. Noch ein mit dem Australischen Filmpreis ausgezeichneter "Bester Film". Noch ein Regiedebüt eines Schauspielers. Russell Crowe erzählt die Geschichte eines Australiers (Crowe selbst), der nach dem Ersten Weltkrieg in die Türkei reist, um seine drei nach der Schlacht von Gallipoli vermissten Söhne zu finden. Die Kritiker befinden, dass Crowe der Schauspieler hier Crowe den Regisseur aussticht, aber bei allen inszenatorischen Schwächen, die auch unser Kritiker Carsten Moll ausgemacht hat, ist ihm ein dankenswert "unpathetisches und in weiten Teilen packendes Drama" gelungen. "The Water Diviner", so der Originaltitel, gewann auch noch Australische Filmpreise für die "Besten Kostüme" und für Yilmaz Erdogan als "Bester Nebendarsteller".
"Die abhandene Welt"
Drama
Deutschland
100 Minuten
FSK 0
Margarethe von Trotta meldet sich mit diesem Drama zurück, zu dem sie auch das Drehbuch verfasst hat. Hier wird ein zufälliger Bilderfund im Internet zum Auslöser für die Reise einer Frau (Katja Riemann) nach New York. Die Begegnung mit einer Opernsängerin (Barbara Sukowa), die ihrer verstorbenen Mutter frappierend ähnlich sieht, bringt dort ungeahnte Familiengeheimnisse ans Licht. Die Kritiken zu "Die abhandene Welt" sind sehr gemischt - von "bewegend" und "Kino-Highlight des Jahres" bis zu "Kopfgeburt" und "unglaubwürdige Lachnummer" reichen die Besprechnungen in den deutschen Medien. Der darüberhinaus mit Matthias Habich, Gunnar Möller, Karin Dor und August Zirner hochkarätig besetzte Streifen erhielt von der Filmbewertungsstelle das Prädikat "Besonders wertvoll".
"Der Knastcoach"
Komödie
USA
100 Minuten
FSK 12
Komödie über einen schnöseligen Banker (Will Ferrell), der sich mit tatkräftiger Unterstützung eines afro-amerikanischen Arbeiters (Kevin Hart) für eine mehrjährige Haftstrafe "abhärten" will. Hier ist es umgekehrt zum "Babadook": Während die Kritiker die Nase rümpften über die nervige Homophobie (offenbar haben Männer vor nichts so sehr Angst wie vor einer Vergewaltigung durch einen Mann - und ob das Gegenstand von Scherzen sein sollte, ist so die Frage), die rassistischen Klischees und die abgeschmackten, zotigen Witze, konnte sich "Get Hard" (so der Originaltitel) zumindest in den USA zum Erfolg mausern. Doch davon lässt sich unsere Kritikerin Bianka Pieringer auch nicht umstimmen - sie sieht zu viel "billigen Klamauk".
"Hedi Schneider steckt fest"
Drama
Deutschland
92 Minuten
FSK 12
Tragikomödie über eine selbstbewusste junge Mutter (Laura Tonke), die plötzlich Panikattacken erleidet, wodurch ihr bisher so heiles Familienleben aus den Fugen gerät. Der nach "Hotel Very Welcome" von 2007 zweite Spielfilm von Sonja Heiss. Die Kritiker loben den Humor, den die Regisseurin, die auch das Drehbuch geschrieben hat, der eigentlich tragischen Geschichte beigegeben hat, und die schauspielerischen Leistungen von Tonke in der Titelrolle und Hans Löw als ihrem Ehemann. Die Filmbewertungsstelle hat dem Werk das Prädikat "Besonders wertvoll" verliehen, weil es ihm gelinge, eine psychische Erkrankung auf bewegende und zugleich sehr unterhaltsame Art und Weise nahezubringen. Unsere Kritikerin Sonja Hartl kann dem nur bedingt zustimmen.