Im Rahmen der 65. Internationalen Filmfestspiele Berlin stellen die Berlinale Classics eine erstrangige Auswahl von Filmen in neu digitalisierter Fassung vor. Dabei zeigt die Reihe sowohl wiederentdeckte Filme, die durch ihre neu bearbeitete Ton- und Bildqualität brillieren, als auch Klassiker der Filmgeschichte, deren aufwendige Restaurierung das Publikum begeistern wird. Für die kommende Festivalausgabe stehen bereits drei deutsche Filme fest, die alle als Weltpremiere zu sehen sein werden. Das gesamte Programm der Classics-Reihe wird Mitte Januar bekannt gegeben.
"Varieté" von Regisseur E. A. Dupont, ein Eifersuchtsdrama im Zirkusmilieu, mit dem späteren und ersten Oscar-Preisträger Emil Jannings als Hauptdarsteller zählt zu den deutschen Filmklassikern der Stummfilmära. Die digitale Restaurierung des Films erfolgt 2014/15 durch die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Filmarchiv Austria. Grundlage sind eine Nitrokopie aus der Library of Congress in Washington sowie eine Nitrokopie des Filmarchivs Austria. Die restaurierte Fassung zeigt den Film erstmals wieder annähernd vollständig.
Die neu komponierte Musik hat Martyn Jacques, künstlerischer Leiter der Band The Tiger Lillies, geschrieben. Martyn Jacques: "For us the music we have made is very much from the heart. It is our circus music for a wonderful film." Die Weltpremiere der digital restaurierten Fassung, die in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen NFP* entstanden ist, wird musikalisch von The Tiger Lillies live begleitet.
Mit "Jahrgang 45" beschreibt Regisseur Jürgen Böttcher das Lebensgefühl junger Menschen im Prenzlauer Berg der 1960er Jahre. Der einzige Spielfilm des Dokumentarfilmers Böttcher war der letzte und ungewöhnlichste in der Reihe der sogenannten "Plenumsfilme" der DEFA. Das elfte Plenum des Zentralkomitees der SED, das sich 2015 zum 50. Mal jährt, führte zum umfassendsten Filmverbot der deutschen Kinogeschichte: 1965/66 wurden zwölf DEFA-Spielfilme und damit fast eine ganze Jahresproduktion verboten. Jahrgang 45 wurde 1966 zwischen Roh- und Feinschnitt abgebrochen und eingelagert. Erstmals im Februar 1990 aufgeführt, wurde er erst nach der Uraufführung auf der Grundlage des Originalbildnegativs fertiggestellt; der Ton musste dabei vollständig nachsynchronisiert werden. Die digitale Restaurierung unter maßgeblicher Beteiligung von Kameramann Roland Gräf wurde 2014/15 durch die DEFA-Stiftung in einem kompletten 4K-Workflow realisiert.
Mit ihrem Spielfilmdebüt "9 Leben hat die Katze" errang Ula Stöckl 1968 die Aufmerksamkeit der internationalen Filmszene und war auf zahlreichen Filmfestivals präsent. Ihr Film über fünf Frauen behandelt die Frage, ob und wie weibliche Emanzipation in einer männlich geprägten Gesellschaft überhaupt gelingen kann, und gilt als Meilenstein der feministischen Filmgeschichte in Deutschland. Ursprünglich in Techniscope gedreht und im Technicolor-Druckverfahren (Dye Transfer) kopiert, wurde der Film nun von der Deutschen Kinemathek auf Basis des Originalnegativs neu bearbeitet. Eine vom Filmmuseum München bewahrte Technicolor-Kopie diente als Farbreferenz für die digitale Restaurierung.
"Zwei der präsentierten Filme sind im Rahmen der Digitalisierungsoffensive der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) bearbeitet worden", freut sich Rainer Rother, Leiter der Retrospektive und Künstlerischer Direktor der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen. Die Classics bieten zu diesem Thema eine Podiumsdiskussion unter dem Titel "Die Zukunft der Digitalisierung des Filmerbes" an.
Sonderveranstaltung:
"Berlinale Classics: Die Zukunft der Digitalisierung des Filmerbes"
Donnerstag, 12.02.2015, 18:00 Uhr
Deutsche Kinemathek, Veranstaltungsraum 4. Stock
Podiumsdiskussion mit Claudia Dillmann, Ralf Schenk, Ernst Szebedits und Rainer Rother
Varieté
Von Ewald André Dupont, Deutschland 1925
Freitag, 06.02.2015, 19:00 Uhr, Haus der Berliner Festspiele
Beginn des Vorverkaufs am 19.12.2014 über: www.berlinerfestspiele.de.
Weltpremiere der digital restaurierten Fassung
im Vorführformat 2K DCP
Musik und Performance: The Tiger Lillies
Jahrgang 45
Von Jürgen Böttcher, DDR 1966
Präsentiert von Jürgen Böttcher
Weltpremiere der digital restaurierten Fassung
im Vorführformat 4K DCP
9 Leben hat die Katze
Von Ula Stöckl, BRD 1968
Präsentiert von Ula Stöckl
Weltpremiere der digital restaurierten Fassung
im Vorführformat 2K DCP