Glamour, Kino, DiskussionenZwischen dem 09. und 16. Dezember 2007
präsentierte sich Dubai von seiner glanzvollsten Seite. Grund war
die jüngste Ausgabe seines internationalen Filmfestivals, mit dem
man seit nunmehr vier Jahren Stars, Journalisten und Fachpublikum
zur Vorweihnachtszeit in die arabische Metropole einlädt, um sich
selbst und das Medium Film zu feiern
Dubai International Film
Festival 2007Die Luxushotels am Jumeirah Beach wurden also
aufpoliert, das Essen internationalen Geschmäckern angepasst, die
harschen Einreiseregeln am Flughafen gelockert. Das Endziel:
"Bridging Cultures. Meeting Minds". Unter diesem Motto versucht das
Festival, mit filmischen Beiträgen und Diskussionen Brücken
zwischen Kulturen zu bauen, crosskulturelles Verständnis zu
schaffen und so internationales Interesse für die Veränderungen und
den Fortschritt des Mittleren Ostens zu generieren. Dubai erscheint
hierfür der ideale Ort: Insgesamt 200 Nationalitäten tummeln sich
in der noch jungen Metropole, der Stadtname bedeutet übersetzt
soviel wie "Treffpunkt".
Erzeugt wurde dieses kosmopolitische Flair in diesem Jahr mit einer
Vielzahl an Spielfilmen, Dokumentationen und Kurzfilmen, bei deren
Auswahl man den Fokus neben dem arabischen Kino auf den indischen,
afrikanischen, asiatischen und vor allem chinesischen Markt legte.
Bei vielen anderen Festivals kamen diese Länder bislang zu kurz.
Doch auch in der populäreren Sektion "World Cinema" bewies man ein
glückliches Händchen: Der politische Thriller "Michael Clayton" mit
George Clooney eröffnete das Festival, geendet wurde mit "Kite
Runner", der überwiegend gelungenen Verfilmung eines Bestsellers
des iranischen Autors Khaled Hosseini. Dazwischen gab es "No
Country for Old Men" von den Coen-Brüdern, das Joy-Division Biopic
"Control" des niederländischen Starfotografen Anton Corbjin und
Fatih Akins umjubelten Film "Auf der anderen Seite", der
vergangenen Mai bereits den Drehbuchpreis an der Croisette gewonnen
hatte. Zwar feierten viele andere dieser Filme ihre Weltpremiere
bereits auf den A-List-Festivals in Cannes, Venedig oder Toronto,
doch selten war das Programm eines kleineren Festivals so gespickt
mit potentiellen Oscarkandidaten wie das in Dubai.
Diesen kulturellen Fortschritt zelebrierte man vor Ort dann auch in
einem dekadenten Maße, dass man fast schon das Gefühl bekam, es
wäre bei einigen Festivalbesuchern mehr angesagt, auf den schicken
Parties von Filmen zu schwärmen, anstatt sie überhaupt erst zu
sehen. Denn gebechert wurde allabendlich: Am Strand, in equisiten
Restaurants, auf künstlichen Inseln - oder aber in einem
historischen Fort mitten in der Wüste, das für die
Abschlusszeremonie in einen pompösen arabischen Basar verwandelt
wurde.
Auch sonst garantierte das Festival seinen Gästen Luxus pur:
Champagner, Austern, 5 Sterne Hotels, Festivallimousinen der Marke
Jaguar und Emirates-Businessclassflüge gehörten bei einer
persönlichen Einladung zum Standard, was neben den wichtigsten
internationalen Journalisten auch zahlreiche Stars zu einem Trip
nach Dubai bewegte.
Hayden Christensen sollte bei seinem Aufenthalt allerdings für
Unmut bei der Festivalleitung. Obwohl man seinen Trip bezahlt und
seine Ausflüge vor Ort zudem noch mit gewaltigen Summen gesponsert
hatte, ließ der anberaumte Pressetermine ausfallen und verbrachte
die Zeit lieber mit seiner angeblich neuen Freudin Rachel Bilson
("O.C. California"), die mit ihm nach Dubai gekommen war. Als man
ihn für seine Trägheit rügte, bequemte er sich an seinem letzten
Abend wenigstens zu einem Gang über den roten Teppich. Manchen muss
man eben zwingen.
Sharon Stone - Dubai
International Film Festival
2007Sharon Stone war da schon fleißiger. Die Grand Madame der
Charity war zum ersten Mal nach Dubai gekommen, um im Wüstenressort
Bab al Shams eine ihrer berühmt berüchtigten
AmFAR-Wohltätigkeitsgalas auszurichten, die mit fulminanten
Spendeneinannahmen bereits bei zahlreichen anderen Festivals
(Berlinale, Cannes, Rom) für Aufsehen gesorgt hatte. An der Seite
von Michelle Yeoh, Kenneth Cole, Gloria Estefan und Dita von Teese
zog sie den anwesenden, teils hochrangingen Scheichs, drei
Millionen Dollar für wohltätige Zwecke aus der Tasche. Unter den
Hammer fielen unter anderem ein live von Brian Olsen gemaltes Bild
von Marylin Monroe (200 000 Dollar), Sharon Stones altes Auto, ein
Lincoln Continental von 1961 (400 000 Dollar) sowie ein privater
Kino- Dinnerabend mit der 49-Jährigen in Los Angeles. (110 000
Dollar).
Auch Nathalie Dubois, die Chefin der in szenekreisen
berühmt-berüchtigen Geschenke-Lounge "DPA", gab sich großzügig:
Nach den Golden Globes, den französischen Cesars sowie den
Festivals in Cannes und Venedig war auch sie erstmalig nach Dubai
gekommen, um Stars kostenlos mit den angesagtesten Produkten des
Jahres auszustatten: Den Besitzer wechselten unter anderem Trips
nach Kenia, sündhaft teure Beautyprodukte von Sphatika,
Fendi-Sonnenbrillen, Kristalle mit persönlichem 3D-Foto von Precise
und Parfümkreationen der arabischen Marke Ajmal.
Dubai International Film
Festival 2007Weniger glamourös, aber dafür tiefgründiger ging es
beim "Bridging Cultures"-Panel zu, bei dem hochrangige Mitglieder
der Kunstszene das Motto des Festivals diskutierten. Vor allem
Bestsellerautor Paolo Coelho mahnte mit bewegenden Worten die
Notwendigkeit einer besseren Völkerverständigung an. "Es reicht
nicht, dass wir nur unser Dorf verstehen. Wir müssen auch unsere
Nachbarn begreifen, um eine Zukunft zu haben." Mit am Tischen saßen
außerdem der libanesische Politaktivist Gisele Khoury, der
südafrikanische Autor und Regisseur Rayda Jacobs und der
amerikanische Schauspieler Danny Glover, der in Dubai außerdem den
Preis für sein Lebenswerk verliehen bekam. In seinen Augen trägt
das Medium Kino wesentlich zu einem besseren Verständnis des
Anderen bei. "Weltbürger wurde ich erst durchs Kino. Film bringt
Nationen zusammen, schafft eine neue Sprache."
Ob es Dubai auch in Zukunft gelingen wird, seinen rasanten
Vormarsch in die Liga der weltweit wichtigsten Festivals
auszubauen, bleibt abzuwarten. Die Chancen zumindest stehen gut.
Bei einem Wirtschaftswachstum von jährlich 25 Prozent bleibt eben
viel Geld für Kultursubventionierung – und für die
Eigenkreation eines Hypes, der mit der nötigen Nachhaltigkeit auch
irgendwann Wirklichkeit werden wird.