Ist der Ruf erst einmal ruiniert, kann das für einen Superstar
schnell teuer werden. Während die Yellow Press mit den bizarren
Eskapaden unserer Popkultur-Ikonen mächtig Reibach macht, halten
Filmstudios und Agenten hinter den Kulissen Krisengipfel ab –
um zu retten, was zu retten ist, oder die wirtschaftliche Reißleine
zu ziehen. Mel Gibson und Madonna sind die jüngsten Beispiele für
Image-Desaster mit bösen finanzielle Folgen.
Der Film ist außerordentlich brutal und die weitgehend unbekannten
Schauspieler sprechen in einem altertümlichen Maya-Dialekt mit
Untertiteln. Kein Zweifel: "Apocalypto", ein blutrünstiges
Action-Abenteuer über den Untergang der Maya-Zivilisation, hat
nicht die herkömmlichen Zutaten für einen Kassenhit. Allein der
zugkräftige Name seines Regisseurs sollte das Publikum deshalb dazu
bewegen, sich das Gemetzel auf der Leinwand anzusehen: Mel Gibson.
Doch als der Oscarpreisträger Ende Juli am Steuer seines Wagens
sturzbesoffen festgenommen wurde (und diesen unrühmlichen Vorgang
mit wüsten Beschimpfungen und antisemitischen Tiraden
kommentierte), wurde aus diesem Plan Makulatur. Der christlich
erzkonservative Saubermann war über Nacht zur Unperson geworden -
und somit zum größten Hindernis für die erfolgreiche Vermarktung
seines 50 Millionen Dollar teuren Films.
Die Tinte auf dem Distributionsvertrag war gerade mal getrocknet,
da stand "Apocalyptos" US-Verleiher Disney vor der schwierigen
Entscheidung, dem Superstar zu kündigen oder ihn zu rehabilitieren.
Das Studio wagte den Spagat und machte beides: Ein gemeinsam mit
Gibsons Produktionsfirma Icon geplantes TV-Projekt zum Thema
Holocaust wurde demonstrativ auf Eis gelegt. Für "Apocalypto"
starteten die PR-Strategen hingegen eine detailliert geplante
Wiedergutmachungskampagne. Den Anfang machte ein zweiteiliges
Interview, das einen reumütigen Gibson im Frühstücksfernsehen des
zu Disney gehörenden Senders ABC zeigte. Ausschnitte daraus wurden
später in die ganze Welt gesendet. An Thanksgiving hob der Sender
dann zur allerbesten Sendezeit ein einstündiges Gespräch mit Gibson
ins Programm, inklusive Ausschnitten von den Dreharbeiten. Mehr als
sieben Millionen Interessierte sahen zu. Darüber hinaus bewirbt
Disney den Film um Umfeld von gefragten Serien wie "Desperate
Housewives" (ebenfalls ABC), und Gibson stellte sich dem
spanischsprachigen Latinopublikum mit einem Auftritt in der
einflussreichen Sendung "Hier und Jetzt" des Senders Univision.
Nebenher besuchte der Schauspieler Meetings bei den Anonymen
Alkoholikern, warnt in Werbespots vor dem Missbrauch von Alkohol,
kam aufs Cover der Zeitschrift "Entertainment Weekly" und schaut
kurz vor dem US-Start seines Films am 8. Dezember bei den so
populären wie seicht-unverfänglichen Talk-Shows von Jay Leno und
Ellen DeGeneres vorbei.
Um Gibsons mühsam aufpoliertes Image nicht durch böse Fragen
seitens der Journaille zu beinträchtigen, bleibt die Masse der
Medienvertreter außen vor. Lediglich die "Hollywood Foreign Press
Association" (HFPA), die jedes Jahr die Golden Globes verleiht, kam
in den seltenen Genuss einer "Apocalypto"-Pressekonferenz -
schließlich möchte man diese einflussreiche Gruppe milde
stimmen.
Disneys Studiochef Dick Cook glaubt, dass das Publikum zwischen Mel
Gibsons künstlerischer Arbeit und seinen privaten Eskapaden sehr
gut unterscheiden kann. Das mag wohl stimmen, trifft aber nicht den
Kern der Sache. Denn die eigentliche Frage ist doch, ob das
Publikum diese Unterscheidung überhaupt treffen möchte. Bei Madonna
etwa kennt es derzeit keine Gnade: Von "The English Roses: Too Good
to Be True", dem neuen Buch der Entertainerin, wurden in den
kritischen ersten Wochen nach seinem Erscheinen im Oktober
lediglich 9.000 Stück verkauft. Hintergrund dieses Absatzdebakels
sind die Querelen um Madonnas angeblich erschlichene Adoption des
14 Monate alten David Benda aus Malawi. Der Fall wird nun vor einem
afrikanischen Gericht verhandelt, das Image des "Material Girl" ist
jedoch unabhängig vom Ausgang des verworrenen Verfahrens
ramponiert. So ist es nicht verwunderlich, dass Madonnas TV-Special
am auf dem US-Sender NBC 22. November mit gerade einmal 4,6
Millionen Zuschauern abgestraft wurde.
Rico Pfirstinger/RICOPRESS