Josh Hartnett hat genug von Teenie-Magazinen: Der junge Star hat Hollywood und den damit verbundenen Glamour hinter sich gelassen und ist zurück in seine Heimat Minneapolis gezogen. Dort ist der 23-Jährige nun auf der Suche nach sich selbst
Hongkong-Import John Woo steckt in der Krise: Nach krassen Fehltritten wie "Windtalkers" und "Paycheck" wird der einstige Kultregisseur ("The Killer") nicht nur von den meisten Filmkritikern, sondern auch von vielen seiner (ehemaligen) Fans geschnitten. Der 57-Jährige ist von der Traumfabrik frustriert - und blickt über den großen Teich Richtung Europa.
In einem Punkt erfüllt John Woo das Klischee eines typischen Chinesen: immer lächeln, freundlich sein und Sanftmut demonstrieren. Selbst dann, wenn das, was er zu sagen hat, sehr unerfreulich ist: "Ich bin von Hollywood frustriert", klagt Woo, und fast könnte man Mitleid haben mit dem Mann, der "Hard Boiled", "A Better Tomorrow" und "The Killer" auf dem Konto hat - stilisierte Gewaltorgien mit einer herausragenden Choreographie, in Hongkong angesiedelt, jedoch durchsetzt mit abendländischer Symbolik. Die deutschen Jugendschützer haben ihn dafür verabscheut, die Kritiker gelobt, die Fans geliebt. Quentin Tarantino und Konsorten importierten und kopierten seinen Stil, und Hong Kong war dem Filmemacher bald zu klein: Woo zog es Richtung Hollywood. Auf "Harte Ziele" folgten dort Hits wie "Operation: Broken Arrow", "Im Körper des Feindes" und das Sequel von "Mission Impossible". Die Kritiker rümpften bei "M:I-2" zwar schon die Nase, dem Publikum aber war es einerlei. Das Weltkriegsspektakel "Windtalkers" mit Nicolas Cage (Woos West-Inkarnation seines Lieblingsdarstellers Chow Yun-Fat) wurde dagegen zum Millionengrab, und auch der Sci-Fi-Streifen "Paycheck" mit Ben Affleck, der nun in den deutschen Kinos läuft, enttäuscht auf breiter Front. Dabei soll der Film ja eigentlich eine Hommage an Alfred Hitchcock sein.
Von Hollywood hat Woo die Nase mittlerweile voll: "Über all die Jahre hat sich nichts an dem System geändert. Man will mir vorzuschreiben, wie ich etwas zu machen habe, und sie schicken mir irgendwelche Leute an den Set, die sich anmaßen, mir in meine Arbeit reinzureden. Das Ganze kostet sehr viel Kraft und Energie, die ich eigentlich in die Dreharbeiten investieren sollte. Und wenn der Film dann floppt, sind natürlich immer nur die anderen schuld." Kein Zweifel: Woo hat sich seine Arbeit in der Traumfabrik ein wenig anders vorgestellt: "Manchmal sehne ich mich danach, kleinere Filme zu drehen - vielleicht sogar in Europa."
Pädagogische Absichten
Doch Woos Scheitern ist zum Teil auch hausgemacht. Denn der John Woo aus China hat mit John Woo aus Hollywood nicht viel gemeinsam. "In Hongkong handelten meine Filme von tragischen Helden, in Hollywood geht es mir um die Beziehung der Menschen zueinander." Mit anderen Worten: Romanze statt Gewalt - doch die Fans ziehen nicht mit. Woos neuer Hang zur Konventionalität paart sich zudem mit pädagogischen Absichten: "Auf der Welt passieren momentan schreckliche Dinge. Krieg, Tod und eine lahmende Wirtschaft nehmen vor allem asiatischen Jugendlichen die Hoffnung auf ein glückliches Leben. Deshalb finde ich das Thema von 'Paycheck' so interessant. Der Film soll zeigen, dass es Hoffnung gibt. Dass man nicht aufgeben darf." In Hollywood sind solche Phrasen keine Seltenheit - doch Woo meint sie am Ende sogar ernst und merkt dabei nicht mal, dass er längst zwischen allen Stühlen sitzt.
Nachdem der selbst erklärte Technikhasser ("Ich hatte nie keinen Computer") das "Paycheck"-Projekt vom ursprünglich dafür vorgesehenen Regisseur Brett Ratner ("Rush Hour") übernommen hatte, strich er sogleich 80 Prozent der im Drehbuch vorgesehenen Visual Effects. Effektspektakel sind John Woo ein Greuel: "Die wirken meistens unmenschlich und zeigen eine graue Zukunft ohne Hoffnung." Auch die Action-Szenen sind bei ihm deshalb noch echte Handarbeit. "Ich verzichte auf Computereffekte, weil sie zu perfekt aussehen. Außerdem will ich echte, lebensnahe Reaktionen der Schauspieler."
Seinen verbliebenen Fans steht einiges bevor: "Ich möchte eine richtig gute Love-Story im Stil von 'Doktor Schiwago' drehen", droht der Regisseur. Außerdem auf der Wunschliste: Ein Action-Musical mit Tanzeinlagen sowie das im 19. Jahrhundert angesiedelte Immigrantendrama "The Divide" mit Woos Lieblingen Chow Yun-Fat und Nicolas Cage.