Der erste heutige Wettbewerbsbeitrag, war das Österreichische Drama "Macondo", gedreht in einer Flüchtlingssiedlung in Wien, erzählt von dem 11-jährigen Ramasan, der mit seiner Mutter und zwei jüngeren Schwestern aus Tschetschenien geflohen ist und nun in dem titelgebenden Flüchtlingslager aufwächst. Da er der einzige "Mann" im Haus ist, hat er das Gefühl, sich um Mutter und Schwestern kümmern zu müssen, daher geht er, während die Mutter arbeiten ist, einkaufen, holt die Schwestern vom Hort ab und spielt für die Mutter bei den im Asylverfahren notwendigen Behördengängen den Übersetzer. Seinen angeblich im Kampf gegen die Russen gefallenen Vater, an den er sich kaum mehr erinnern kann, verehrt der Junge als einen Kriegshelden. Doch dann erfährt Ramazan zufällig einige unschöne Details über die Beziehung seiner Eltern, und als dann auch noch der grüblerische Isa, angeblich ein alter Freund seines Vaters, auftaucht, und die Sinnhaftigkeit des gesamten Krieges anzweifelt, kommen Ramazans Ideale kräftig ins Wanken. Inszeniert ausschließlich mit Laiendarstellern von der selbst einst aus dem Iran geflohenen Regisseurin Sudabeh Mortezai ist "Macondo" (der erste Langfilm Mortezais) ein ruhiger, beobachtender und mit wenigen Abstrichen stimmiger Film, der allerdings einige Geduld erfordert.
Außer Konkurrenz lief im Wettbewerb die neueste Verfilmung von "La belle et la bête" ("Die Schöne und das Biest"), von denen die berühmteste die von Jean Cocteau aus dem Jahre 1946 ist. In dem neuen französischen Film spielt Léa Seydoux "Belle" und Vincent Cassel "La Bête" vor der Verwandlung in ein Monster. Die Handlung beginnt im Jahre 1810 mit dem Schiffbruch der Handelsschiffe eines wohlhabenden Händlers und Vaters dreier Töchter und dreier Söhne. Finanziell ruiniert zieht die Familie aufs Land und lebt fortan in ungewohnt bescheidenen Verhältnissen. Ein zweiter Schicksalsschlag folgt als der Vater in einem geheimnisvollen Schlossgarten eine Rose für seine jüngste Tochter Belle pflückt. Der Garten gehört der Bestie die dem Vater den Tod seiner gesamten Familie als Bestrafung androht. Die schöne Belle fühlt sich bereits schuldig weil ihre Mutter bei ihre Geburt gestorben ist. Deshalb begibt sie sich nun in den Palast der Bestie, um sich an Stelle ihres Vaters zu opfern. Doch die Bestie tötet Belle nicht, sondern lädt sie jeden Abend zu einem opulenten Essen ein. Der Film setzt auf eine Verbindung klassischer Romantik und neuster Computertechnologie. Die stets perfekt ausgeleuchteten und stark farbigen Bilder sind die Pop-Version einer Märchenstimmung. Alle fantastischen Elemente, die nicht direkt in Nahaufnahme zu sehen sind, sind eindeutig als computergeneriert erkennbar. Das Gesamtergebnis ist ein grell farbiger Bilderbogen, der zwar schön anzusehen ist, der jedoch auch inhaltlich nur allzu oft die Grenze zu penetranter Süße und Kitsch überschreitet.
Der zweite und letzte Film, der heute im offiziellen Wettbewerb lief, ist das romantische Historien-Drama "Chiisai Ouchi" von Altmeister Yôji Yamada. Die Geschichte um ein Dienstmädchen und ihren Dienstherren spielt die Handlung vor dem Hintergrund des 2. Weltkriegs. Doch der aus der Sicht des Dienstmädchens erzählte Film dreht sich hauptsächlich um die verbotene Liebe der Hausherrin zu einem jungen Kollegen ihres Mannes, und den daraus entstehenden inneren Konflikt des Hausmädchens. Leider löst Yamada am Ende ein recht leicht zu erratendes "Geheimnis" derart umständlich auf, dass der Film mindestens gefühlte 20 Minuten zu lang geraten ist.
In der Reihe Panorama Special wurde "The Midnight After" gezeigt. Der Film ist eine schräge SciFi-Fantasy-Horrorkomödie des Hongkong-Chinesischen Künstlers und Indie-Filmemachers Fruit Chan und basiert auf dem ursprünglich online veröffentlichten Fortsetzungsroman "Lost on a Red Mini Bus to Taipo", von einem Hongkong stammenden Autoren mit dem hübschen Pseudonym Pizza. Die Story spielt in einem Nachtbus von der Innenstadt Hongkongs in den Vorort Tai Po, dessen 17 Insassen nach dem Durchfahren eines Tunnels feststellen müssen, dass sie plötzlich vollkommen allein in Hongkong sind. was genau geschehen ist, spielt keine größere Rolle und wird bis zum Schluss nicht wirklich aufgeklärt - viel wichtiger - und witziger - sind die Diskussionen, Spekulationen und das Verhalten der Insassen, während sie angesichts der scheinbaren Apokalypse in Panik geraten, zusammenarbeiten wollen, unterschiedliche Allianzen schmieden und sich dann doch wieder misstrauisch gegenseitig verdächtigen, mit dem unerklärlichen Vorfall irgendetwas zu tun zu haben. Dass das nicht alle Passagiere überleben, dürfte klar sein. Schwarzhumorig, mit vielen schrägen Einfällen und Dialogen sowie chinesischer Star-Besetzung ist "The Midnight After" eindeutig ein gelungener Unterhaltungsfilm.