Ulrich Tukur zweifelt an der Menschheit
"Warum erschafft der Mensch Systeme, die ihn am Ende überflüssig machen?"
Der Schauspieler ("Das Leben der Anderen") verkörpert in seinem neuen Drama "Houston" einen Headhunter, der mit der Welt nicht mehr mitkommt und seinen Kummer in Alkohol ertränkt. Dies sei durchaus kein Einzelfall, befand der Wahl-Italiener im Interview mit dem 'Nordkurier'. In der Gegenwart würden viele auf einem offenen Stromkreis laufen: "Ich denke, dass tatsächlich alles, was möglich ist, auch gemacht werden wird. Da ist der Mensch haltlos. Alles wird industrialisiert, in seine Einzelteile zerlegt, und das Göttliche, das Geheimnis, die Seele, die sich der wissenschaftlichen Vivisektion entzieht, verschwindet. Der sehnsüchtige Mensch, völlig anders geschaffen, leidet und schluckt Tabletten oder betäubt sich anderweitig. Und selbst daran wird Geld verdient", klagte der zweifache Vater an und die Zukunft malte der Star dementsprechend in düsteren Farben: "Was bringt diese idiotische Geschwindigkeit und dieser Druck für unser Glück? Und warum erschafft der Mensch Systeme, die ihn am Ende überflüssig machen? Muss alles, was technisch möglich ist, auch gemacht werden? Es läuft etwas grundsätzlich falsch. Aber es läuft nun einmal, die Systeme haben ein Eigenleben entwickelt, und während wir noch denken, wir könnten die Zukunft beeinflussen, haben wir schon die Kontrolle über die Gegenwart verloren."Dass sich sein Charakter Clemens Trunschka in 'Houston' nicht mehr zu helfen weiß und dem Alkohol verfällt, kann Ulrich Tukur nachvollziehen. Aber für den Fernsehstar, der auch auf der Bühne große Erfolge feierte, wurde die Flasche nie zum Überlebensmittel werden: "Zum Glück bin ich aber nicht suchtstrukturiert. Ich weiß, wann Schluss ist, und wann der Preis, den man zahlt, höher wird als das Vergnügen, das man hat."Der Darsteller lebt nun schon seit 1999 mit seiner zweiten Frau, der Fotografin Katharina John, in Italien. Obwohl sich der Deutsche in seiner Wahlheimat wohl fühlt, zieht es sein Herz doch zurück an die Waterkant, wie er unlängst im Interview mit dem 'Express' gestand: "Ich habe manchmal Heimweh nach Hamburg. Aber meine Frau will nicht zurück. Ich liebe sie, aber sie ist in Deutschland nie richtig glücklich gewesen und in Italien sehr angekommen", verrät der Schauspieler, aber es gebe auch Pläne für einen Umzug in die deutsche Heimat. "Ich denke schon. Der Tod wird mich nicht in Venedig erwischen. Wir reden in letzter Zeit öfter über eine Rückkehr."