Der Film basiert auf dem 1796 posthum erschienenen gleichnamigen Aufklärungsroman von Denis Didero. Es wird die Geschichte der jungen Suzanne Simonin (Pauline Étienne) erzählt, die Ende des achtzehnten Jahrhunderts gegen ihren Willen ins Kloster geschickt werden soll. Nicloux hat die Romanvorlage frei bearbeitet und rückt weniger den kirchenkritischen Aspekt, wie noch Didero, als vielmehr die Persönlichkeit der Protagonistin in den Vordergrund. Mit viel Fingerspitzengefühl stellt er Suzanne als eine freidenkende Frau dar, die sich gegen patriarchale Konventionen stellt. Eine Frau die Nein sagt, in einer Zeit, in der sich Frauen mit ihrem Schicksal abzufinden hatten. Pauline Étienne spielt die Hauptrolle meisterhaft und besticht durch ihre Glaubwürdigkeit. Aber auch eine Martina Gedeck als Mutter und Louise Bourgoin als sadistische Mutter Oberin machen diesen Film zu einem Stern am Festivalhimmel.
Guillaume Nicloux sorgte bei der Pressekonferenz für Schlagzeilen, als er Teile der Kirche scharf angriff. "In Frankreich gibt es noch immer religiöse Würdenträger, die Präservative und Abtreibung verurteilen", sagte er und für ihn verkörpere das "Extremismus und Einmischen eines patriarchischen Systems". Man versuche, Dinge zu rechtfertigen, indem man sage, es sei schon immer so gewesen. Doch auf diese Weise "verbreiten religiöse Würdenträger eine rückwärtsgewandte Ideologie".
Der Wettbewerbsbeitrag "Gloria, von dem chilenischen Regisseur Sebastián Lelio (La Sagrada Familia), hätte sehr gut sein können - wenn seine 110 Minuten sich nicht wie über zwei Stunden anfühlen würden und man ein wenig mehr über die Titelfigur erfahren hätte. Gloria ist Ende fünfzig, geschieden und bekämpft ihre Einsamkeit auf Singleparties. Schließlich beginnt sie eine zaghafte Beziehung mit dem älteren Rodolfo, der sich leidenschaftlich in sie verliebt, aber immer noch seine Ex-Frau und die zwei erwachsenen Töchter voranstellt, welche Gloria nicht treffen darf. Jede Menge überflüssige Sequenzen - so darf man Gloria längere Zeit singend im Auto oder beim Enthaaren ihrer Beine betrachten - ersticken letztendlich die breit gestreuten berührenden und komischen Momente.
Denis Côtés Wettbewerbsbeitrag "Vic et Flo ont vu un ours" (Vic & Flo haben einen Bären gesehen) handelt von zwei Frauen, die nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis in ein Holzhaus im Wald ziehen. Der Film beginnt als lakonisches Atmosphärenstück in kühlen Farben, irgendwo im kauzigen kanadischen Hinterland. Und gerade als man sich anschickt, das Ganze als Beziehungsdrama zwischen Vic und Flo zu deuten, wandelt sich alles zum bedrohlichen Thriller, der sich letztendlich jedoch ein wenig zu sehr in seine eigene Rätselhaftigkeit verliebt.
Im Panorama lief unter anderem der deutsche Beitrag "Meine Schwestern" von Lars Kraume. Die Geschichte um die todkranke Linda (Jördis Triebel), die mit ihren zwei Schwestern ihr letztes Wochenende verbringt, hätte das Zeug für einen guten Film gehabt. Leider verliert sich der Film in endlosen Sequenzen und holprigen und aufgesetzt wirkenden Dialogen. Die Rolle der jüngeren Schwester Clara und mit ihr die Darstellerin Lisa Hagmeister nervt von Beginn an mit ihrer ständigen Heulerei. Alles in allem eine Enttäuschung.