Tanzende Schnitzel, fliegende Würstchen und krabbelnde
Rinderzungen bevölkern die absonderlichen Filmwelten des
tschechischen Surrealisten Jan Svankmajer, dem die diesjährige
Hommage des 11. GoEast-Festivals in Wiesbaden gewidmet
war.
Ein Kurzfilmprogramm mit sechs Beiträgen konzentrierte sich auf
Arbeiten, die dem heutigen Publikum meist unbekannt sind, die vor
dem siebenjährigen Berufsverbot durch das kommunistische Regime in
Prag entstanden und zum Teil Preise in Cannes, Oberhausen und auf
der Berlinale gewannen. Hauptaugenmerk der Hommage lag auf der
Präsentation der sechs Langfilme Svankmajers von
„Alice" aus dem Jahr
1987 bis zum im letzten Jahr in Cannes aufgeführten
„Sein Leben
überleben", übrigens der erste Film Svankmajers, der ohne
die Mitarbeit seiner vor einigen Jahren verstorbenen Ehefrau Eva
Svankmajerova entstanden ist. Als echte Entdeckung der Hommage kann
man zweifelsfrei „Verschwörer der Lüste" (1996)
bezeichnen, Svankmajers heitere und dennoch sehr skurrile Satire,
die ohne Dialoge und mit ungewöhnlich wenigen Animationen auskommt:
Das Publikum muss eine Stunde warten, bis die geliebten
Svankmajer-Effekte einsetzten was dem Werk in keinster Weise
schadet. Zum Thema Animation war auch Bedrich Glaser nach Wiesbaden
gekommen, der seit 1980 eng mit Svankmajer zusammenarbeitete und
seit der Poe-Adaption „Der Untergang des Hauses Usher(1986)
als sein Chef-Animateur fungiert. Der Mann also, der den Schnitzeln
das Tanzen beibringt und den Würstchen Beine verleiht. Bedrich
erzählte, dass die Filme nach Svankmajers Berufsverbot quasi im
Prager Underground entstanden ohne Wissen der Behörden, ohne
offizielle Drehgenehmigungen. Das Geld für „Alice", den
ersten Langfilm, organisierte man durch Mittelsmänner in der
Schweiz und beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt. „Es gab
große Widerstände gegen unsere Arbeit in der ehemaligen CSSR", so
Bedrich. „Doch die zwölf Monate Dreh für 'Alice' waren die
spannendste Zeit meines Lebens!".
Nachdem Bedrich in „Alice" das Kaninchen zum Leben erweckte,
interessierte er sich verstärkt für das Material Knete, was zum
ersten Mal im legendren Fußballkurzfilm „Virile Spiele" zum
Einsatz kam. Auf die Frage, warum sowohl bei Svankmajer als auch in
seinen eigenen Werken (GoEast zeigte Bedrichs „Der Gast")
immer wieder animiertes Fleisch, Gemüse und Obst zum Einsatz kommt,
antwortete der kauzige Gast aus Prag: „Lebensmittel sind nun
mal die Basis des Lebens.