Der große Ausverkauf (2006)
Dokumentarfilm, der anhand von Porträts verschiedener Menschen die unter den Folgen unterschiedlichster Privatisierungsversuche leiden, näherbringen will, was "Privatisierung" tatsächlich bedeutet.User-Film-Bewertung :Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben bislang 0 Besucher eine Bewertung abgegeben.
In vier ineinander verwobenen Erzählsträngen bringt "Der große Ausverkauf" dem Zuschauer das abstrakte und umstrittene Phänomen "Privatisierung" über Porträts von Menschen aus verschiedenen Kontinenten nahe, die von den oft inhumanen und fehlgeleiteten Versuchen, das Wirtschaftswachstum zu steigern, unmittelbar betroffen sind. Menschen, die sich auf ihre ganz persönliche Art und Weise dagegen zur Wehr setzen: Bongani
ist mit seinem Team von "Guerilla-Elektrikern" auf den Straßen des südafrikanischen Townships Soweto unterwegs, um die Häuser derer wieder ans Stromnetz anzuschließen, die zu arm sind, ihre Stromrechnungen zu bezahlen. Seit der Privatisierung der ehemals staatlichen Stromversorgung sind diese um ein Vielfaches gestiegen.
Der britische Lokführer Simon
erzählt vom Zustand der Eisenbahn in Großbritannien, seitdem die staatliche BRITISH RAIL unter Premierministerin Thatcher privatisiert wurde. Zahllose neue private Eisenbahnfirmen, die "in einer Regelmäßigkeit kommen und gehen, die aus dem Fahrplan längst verschwunden ist" und ein marodes Schienennetz, das bereits zu tödlichen Unfällen geführt hat, sind die Folgen.
Minda
lebt in einem philippinischen Slum. Zweimal in der Woche muss sie Geld für die Dialyse ihres Sohnes auftreiben, da das Gesundheitssystem auf den Philippinen zu einem großen Teil privatisiert wurde und armen Menschen auch bei schweren Erkrankungen keine medizinische Versorgung gewährt wird, wenn sie nicht dafür bezahlen können.
Die Bürger Cochabambas,
der drittgrößten Stadt Boliviens, kämpfen wütend gegen einen US-Konzern, der die Wasserversorgung der Stadt unter seine Kontrolle gebracht hat und die Trinkwasserpreise auf ein Viertel des durchschnittlichen monatlichen Gehalts der Einwohner hochgetrieben hat. Doch auch "die andere Seite" kommt zu Wort. Diejenigen, die Privatisierungen befürworten und für die Lösung aller wirtschaftlichen Probleme halten - und dabei vor allem westlichen Konzernen den Zugang zu profitablen, ehemals staatlichen Monopolen in anderen Ländern sichern. Vertreter der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds, ebenso wie Manager von privatisierten Konzernen, die in einer anderen Welt zu leben scheinen als die Protagonisten des Films. Joseph E. Stiglitz
Professor, ehemaliger Chefökonom der Weltbank und Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften kennt beide Welten. Er hat die Schaltstellen der Weltwirtschaft inzwischen verlassen und kämpft seither als Kronzeuge gegen die vorherrschenden neoliberalen Glaubenssätze. Er macht auf einprägsame Art deutlich, woher das Dogma der Privatisierung kommt und wer davon profitiert.
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Besetzung & Crew von "Der große Ausverkauf"
Weitere Titel: Der grosse AusverkaufJahr: 2006
Genre: Dokumentation
FSK: 6
Kinostart: 17.05.2007
Regie: Florian Opitz
Darsteller: Joseph Stiglitz, Bongani Lubisi, Simon Weller, Minda Lorando, Delfin Seriano Jr.
Kamera: Andy Lehmann
Verleih: Second Order
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PrivatisierungDie "klassische" Definition aus Das Lexikon der Wirtschaft. Grundlegendes Wissen von A bis Z., Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus 2004:
Privatisierung [...mehr] ist die Umwandlung von öffentlichem Vermögen, z.B. von staatlichen Beteiligungen an Industrieunternehmen, in Privatbesitz. Auch die Umwandlung von öffentlichen Unternehmen in private Rechtsformen (AG, GmbH) gilt als erster Schritt zur Privatisierung.
Die staatliche Beteiligung an Unternehmen hat verschiedene Gründe, z.B. die Versorgung der Bevölkerung mit bestimmten Gütern oder Dienstleistungen zu angemessenen Bedingungen sicherzustellen oder die Sicherung und Mitgestaltung des Wettbewerbs. Grundsätzlich ist jedoch bei der staatlichen Wirtschaftstätigkeit zu prüfen, ob sie nicht besser ganz Privaten überlassen werden sollte.
Privatisierung wird vor allem damit begründet, dass private Unternehmen wirtschaftlicher arbeiten und gleiche Güter und Leistungen kostengünstiger bereitstellen. Andererseits sollen mit den aus der Privatisierung erzielten Erlösen auch Defizite in öffentlichen Haushalten verringert werden.
In Deutschland wurde vor allem in den 80er-Jahren ein großer Teil der Bundesbeteiligungen an Industrieunternehmen wie VW, VEBA, Salzgitter oder Lufthansa ganz oder teilweise aufgegeben und privatisiert. Aber auch in den Bundesländern und auf kommunaler Ebene wurden viele öffentliche Betriebe privatisiert. Privatisierungsmaßnahmen in erheblich größeren Umfang wurden in den 90er-Jahren im Rahmen der Umstellung der Planwirtschaft der ehemaligen DDR ergriffen. Mit dieser Aufgabe war die Treuhandanstalt betraut. Auch die teilweise Privatisierung durch die Börsengänge von Deutscher Telekom AG und Deutscher Post AG ist zu nennen.
Eine "kritische Definition" aus dem Lexikon der Globalisierung: (nach Jörg Huffschmid in der taz vom 2.02.2004): Privatisierung wird in der Öffentlichkeit damit begründet, dass private, unter Konkurrenzdruck stehende Unternehmen effizienter arbeiteten als öffentliche Monopole. Tatsächlich führt Privatisierung aber oft dazu, dass öffentliche durch private Monopole ersetzt werden.
Der Kern des Problems besteht darin, dass für das Verhalten privater Unternehmen nicht das öffentliche Interesse, sondern der einzelwirtschaftliche Gewinn entscheidend ist. Dies veranlasst sie immer wieder dazu, durch drastische Kostensenkungen Arbeitsplätze zu vernichten, Arbeitsbedingungen zu verschlechtern sowie die Qualität und Sicherheit der Versorgung zu vernachlässigen und zu versuchen, Marktanteile vor allem durch Werbung zu erobern. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass es außerordentlich schwierig ist, durch politische Kontrolle dafür zu sorgen, dass private Unternehmen Standards des öffentlichen Interesses einhalten.
Privatisierung ist eine wesentliche Säule der neoliberalen Globalisierungsstrategie, die sich in den letzten beiden Jahrzehnten weltweit weitgehend durchgesetzt hat. Ihr ökonomischer Hintergrund ist die Suche nach profitablen Anlagen für privates Kapital. Sie zielt daher darauf ab, immer größere Bereiche der Gesellschaft für die private Gewinnmaximierung zu öffnen. Hierdurch werden diejenigen, die nicht genügend Geld haben, von wesentlichen öffentlichen Gütern ausgeschlossen. Das führt zu Entsolidarisierung und sozialer Polarisierung.
Soziale Sicherheit, Bildung, Gesundheit, Kultur und andere Bereiche, die für das Funktionieren einer demokratischen und solidarischen Gesellschaft notwendig sind, sollten daher prinzipiell dem privaten Gewinnstreben entzogen und öffentlich organisiert und finanziert werden.