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Tokyo Drifter (1966)

Tokyo nagaremono

"Zeitlos No 20": In seiner Retro-Reihe bringt der Verleih Rapid Eye Movies diesen Klassiker des japanischen Gangsterfilms in die Kinos.Kritiker-Film-Bewertung: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 4 / 5
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Als der alternde Yakuza-Boss Kurata (Ryûji Kita) sein Verbrechersyndikat auflöst, um als seriöser Geschäftsmann in die Immobilienbranche zu wechseln, sieht dessen rechte Hand Tetsu (Tetsuya Watari) bereits einem friedlichen Alltag an der Seite seiner zukünftigen Ehefrau Chiharu (Chieko Matsubara) entgegen. Doch selbst der frömmste Ganove kann bekanntlich nicht in Frieden leben, wenn es dem Ganovennachbarn nicht gefällt.

Der rivalisierende Yakuza-Boss Otsuka (Hideaki Esumi) füllt nicht nur die durch Kuratas Rückzug entstandene Lücke, er haut den scheidenden Verbrecherchef auch bei einem Immobiliendeal übers Ohr. Am Ende ist eine Unschuldige tot, wofür Tetsu die Verantwortung übernimmt und dadurch zum Geächteten wird. Wo auch immer er fortan auf seiner Flucht quer durch Japan ankommt, Otsukas Häscher warten bereits auf ihn.

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Filmkritikunterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse4 / 5

"Tokyo Drifter": Todesballette in Eastman Color

Wie sein Kollege Kinji Fukasaku (1930–2003), der in der "Zeitlos"-Reihe des Verleihs Rapid Eye Movies mit dem Film "Battles without Honor and Humanity" vertreten ist, wurde auch Seijun Suzuki (1923–2017) erst später Ruhm zuteil. Bei Suzuki lag es nur zum Teil an der Tatsache, dass die internationale Beachtung und die damit einhergehende Wertschätzung des japanischen Gangsterfilms, von denen Suzuki so viele drehte, erst Jahrzehnte nach deren Entstehen einsetzte. Die Hauptursache für Suzukis (ver)späte(te) öffentliche Wahrnehmung liegt darin begründet, dass der als Anarchist geltende Regisseur durch seine unangepasste Art seiner Karriere selbst ein vorläufiges Ende setzte. Filme wie der 1966 entstandene "Tokyo Drifter" brachten den Stein ins Rollen. Der Film "Branded to Kill" ließ den Stein dann so heftig ins Fass plumpsen, dass es endgültig überlief.

Bis dahin hatte Suzuki für die Nikkatsu innerhalb von nur zwölf Jahren 40 Filme heruntergespult und seinen Stil sukzessive vom Mainstream entfernt. Was Japans ältester Filmgesellschaft irgendwann zu viel war. "Mit der Begründung, seine Filme seien für das normale Publikum unverständlich, wurde ihm von Nikkatsu gekündigt", schreibt Keiko Yamane in ihrem Buch "Das japanische Kino". Ein Rechtsstreit folgte, der wiederum zur Folge hatte, dass Suzuki in der japanischen Filmindustrie auf die Schwarze Liste gesetzt wurde und auch bei den anderen Studios keine Anstellung mehr fand. Seinen nächsten Film drehte er erst 1977, und der internationale Erfolg trat schließlich erst mit der unabhängig produzierten Romanadaption "Zigeunerweisen" (1980) ein, die es bis in den Wettbewerb der Berlinale schaffte. Dass Suzuki zu den größten Stilisten des japanischen Kinos zählt, ist heute unbestritten. Ein Film wie "Tokyo Drifter" zeigt, warum.

Formvollendete Gangsterballade

Der Vorwurf seines Arbeitgebers, dass das Publikum Suzukis Filme nicht verstehe, ist übrigens nicht an den Haaren herbeigezogen. Denn zu diesem Zeitpunkt in seiner Karriere war dem Regisseur die Story herzlich egal. Bei dem Versuch zu verfolgen, welcher Gangster hier welchen Gangster wann, wie und weshalb aufs Kreuz legt, kann man als Zuschauer durchaus den Überblick verlieren. Was Suzuki stattdessen interessierte, war die Form. Und die ist vollendet.

Suzukis durch Japan driftender Titelheld ist die Ausgeburt des Cool und hat wie sein filmischer Seelenverwandter, der beinahe zeitgleich entstandene, von Alain Delon verkörperte Killer in Jean-Pierre Melvilles "Der eiskalte Engel" (OT: "Le samouraï") unzählige Epigonen hervorgebracht. Dass "Tokyo Drifter" Kollegen wie Jim Jarmusch, Wong Kar-Wai und Quentin Tarantino inspiriert hat, liegt auf der Hand. Man muss sich nur Suzukis meisterhaften Umgang mit der Farbpalette ansehen oder seine wie Todesballette choreografierten Duelle in spärlich möblierten, bühnenartig arrangierten und dadurch in höchstem Maße abstrahierten Räumen, und man erkennt darin sofort Filme wie Tarantinos "Kill Bill" wieder.

Nicht zu Unrecht wurde "Tokyo Drifter" immer wieder mit Pop Art verglichen. Doch wie die Kunstform, die Robert Rauschenberg, Roy Lichtenstein und Andy Warhol großgemacht haben, steckt auch in Suzukis Film nicht viel hinter der bunten Fassade. "Tokyo Drifter" zählt zweifelsohne zu den am stilvoll gestaltetsten Filmen des 20. Jahrhunderts. Tiefe wird man in diesem filmischen Gemälde allerdings keine finden.

Fazit: Eines der größten Form- und Farbexperimente des Gangsterfilms kehrt in der "Zeitlos"-Reihe in die Kinos zurück. Wen interessiert die Story, wenn man dafür solch stilbildende Aufnahmen haben kann? Anschauen und sich vom Farbrausch mitreißen lassen!




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Zum Video: Tokyo Drifter

Besetzung & Crew von "Tokyo Drifter"

Land: Japan
Jahr: 1966
Genre: Thriller
Originaltitel: Tokyo nagaremono
Länge: 82 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 26.09.2024
Regie: Seijun Suzuki
Darsteller: Tetsuya Watari, Chieko Matsubara, Hideaki Nitani, Tamio Kawaji, Ryûji Kita
Kamera: Shigeyoshi Mine
Verleih: Rapid Eye Movies

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