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Der dritte Bruder (2024)

Dokumentation über eine bewegende Familiengeschichte, die von der Zeit der NS-Diktatur über die Teilung Deutschlands bis in die Gegenwart reicht.Kritiker-Film-Bewertung: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 5 / 5
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Ausgangspunkt für die Recherchen von Regisseurin Kathrin Jahrreiß ist ihre Oma Ruth Mannheim, eine Jüdin, über deren Tod im Vernichtungslager Auschwitz Kathrins Vater und sie selbst erst sehr spät erfahren. Auf der Suche nach der Geschichte von Ruth, den wahren Hintergründen ihres Verschwindens und ihrem Schicksal im KZ stößt sie auf immer mehr Informationen zu den Lebenswegen dreier Geschwister: Ihres Großvaters Otto und seiner Brüder Walther und Herrmann. Herrmann profitiert vom NS-Staat und macht Karriere als Völkerrechtler. In der Nachkriegszeit behält er in der BRD einen hohen Status und arbeitet als Dekan. Da seine Frau Jüdin ist emigrierte Bruder Walther in die USA und der "dritte Bruder“, Kathrins Großvater Otto, verbleibt nach dem Tod von Ruth in Ostdeutschland. Die Dokumentation reist weit in die Geschichte zurück, stellt die Opfer-und-Täter-Frage und konfrontiert den Zuschauer mit der eigenen Haltung gegenüber verbrecherischen, totalitären Systemen.

Bildergalerie zum Film "Der dritte Bruder"

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Filmkritikunterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse5 / 5

Dokumentarisches Krimi-Puzzle

Kathrin Jahrreiß spürt in "Der dritte Bruder“ den Leben dreier Brüder nach, die unterschiedlicher nicht hätten verlaufen können. Drei Männer, die sich scheinbar jeweils an unterschiedlichen Enden politischer Ideologien befanden. Immer an Jahrreiß‘ Seite ist ihr Vater Walther, der von seiner Tochter mit ihren Recherchen und Entdeckungen aus dem Familienarchiv konfrontiert wird. Schließlich geht es in dieser nachhaltigen, aufwendig umgesetzten Doku auch um seine Eltern, Otto und Ruth. Fast die Gesamtheit seines Lebens wurde er über die wahren Todesumstände seiner Mutter im Unklaren gelassen.

Je weiter der Film voranschreitet und je mehr Briefe und alte Dokumente Vater und Tochter gemeinsam (und nicht selten unter Tränen) durchforsten, desto mehr Licht kommt ins Dunkel. Bisweilen mutet "Der dritte Bruder“ wie ein dokumentarisches Krimi-Puzzle an, wenn sich allmählich die einzelnen Mosaikteilchen zu einem schlüssigen Gesamtbild zusammenfügen.

Ein nie aufgelöster Konflikt

Es zeigt sich, dass die Jüdin Ruth höchstwahrscheinlich von den eigenen Nachbarn denunziert wurde. Mit dramatischen Folgen für die Verratene. Ruth wird nach Ausschwitz deportiert – und wird ihre Familie nie mehr wiedersehen. Ihr verzweifelter Mann Otto kommt wenig später, nachdem er eine Todesanzeige in der Zeitung aufgegeben hatte und damit klar wurde, dass er mit einer Jüdin verheiratet war, selbst in Schutzhaft. Regisseurin Jahrreiß besucht mit ihrem Vater die tragischen Orte der Familiengeschichte, dazu zählen der ehemalige Güterbahnhof in Dresden (der Ort von Ruths Deportation) sowie das Todeslager Ausschwitz.

Ein zentrales Element sind die bereits erwähnten Briefe, aus denen vielfach zitiert wird. Die Zeilen machen die Not und Hilflosigkeit der Absender deutlich. Es sind etwa Briefe von Ruth an ihren Schwager Walther in den USA (vor der Deportation), aber auch verzweifelte Botschaften von Otto an seine Frau nach Ausschwitz – die jedoch nie ankommen. In der zweiten Filmhälfte rückt "Der dritte Bruder“ die Biografien von Walther, Herrmann und Otto nach dem Ende der NS-Zeit ins Zentrum. Der Grundkonflikt, der das Verhältnis der Brüder bis an ihr Lebensende prägen und überschatten sollte: Zwei Brüder leiden während der Nazi-Zeit, da ihre Frauen jüdisch sind. Und Jurist Herrmann, erfolgreicher Professor für Rechtswissenschaft, verteidigt später mit dem ehemaligen Chef des Wehrmachts-führungsstabes, Alfred Jodl, einen der Hauptkriegsverbrecher. Der eigene Bruder verteidigt die Täter.

Am Ende dieser filmischen Reise der Regisseurin, in der sie fast ein komplettes Jahrhundert Familien-, Vorkriegs-, NS- und Deutsch-Deutsche-Geschichte aufarbeitet, steht fest: Die Antwort auf die Frage danach, wer Opfer und wer Täter ist, ist mitunter höchst komplex und erfordert genaues, akkurates Hinsehen.

Fazit: Persönliches, informatives und emotionales Porträt einer deutsch-jüdischen Familie über drei Generationen und verschiedene politische Systeme hinweg.




Besetzung & Crew von "Der dritte Bruder"

Land: Deutschland
Jahr: 2024
Genre: Dokumentation
Länge: 110 Minuten
Kinostart: 01.05.2025
Regie: Kathrin Jahrreiß
Kamera: Marcus Winterbauer
Verleih: Real Fiction



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