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Oslo Stories: Sehnsucht (2025)
Sex
Norwegische Trilogie: Dag Johan Haugeruds erster Film über Beziehungskisten in der Großstadt.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Eines Morgens erzählen sich zwei befreundete Schornsteinfeger im Pausenraum Intimes. Der eine Schornsteinfeger (Thorbjørn Harr) hat einen wiederkehrenden Traum, in dem ihn David Bowie sehnsüchtig anblickt, so, als sei er eine begehrenswerte Frau. Der andere Schornsteinfeger (Jan Gunnar Røise) hatte am Tag zuvor spontanen Sex mit einem Kunden. Seiner Ehefrau (Siri Forberg) hat er davon noch nichts erzählt, er geht aber davon aus, dass es für sie kein Problem darstellt, da es sich um eine einmalige Sache gehandelt habe und er zudem offen und ehrlich damit umgehe. Doch damit liegt er falsch.
Während die Frau (Birgitte Larsen) des anderen Schornsteinfegers mit seinen sonderbaren Träumen keine Probleme hat, sich zusammen mit dem gemeinsamen Sohn (Theo Dahl) eher darüber amüsiert, schlittern sein Kollege und dessen Frau in eine kleine Ehekrise. Währenddessen hat der von David Bowie träumende Schornsteinfeger allerdings ein anderes Problem. Seit er von der verstorbenen Popikone träumt, klingt seine Stimme schief. Als Solist in einem christlichen Chor ist er jedoch auf diese angewiesen.
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Filmkritik
"Oslo Stories: Träume": Über den Dächern weitet sich der Blick
Wer aufregende Filme liebt, wurde in den vergangenen 20 Jahren häufig im norwegischen Kino fündig. In die Riege namhafter Talente, zu denen unter anderem Bent Hamer ("Kitchen Stories", "Factotum"), Hans Petter Moland ("Einer nach dem anderen", "Hard Powder"), Morten Tyldum ("Headhunters", "The Imitation Game", "Passengers"), Espen Sandberg ("Kon-Tiki", "Pirates of the Caribbean: Salazars Rache"), Joachim Trier ("Thelma", "Der schlimmste Mensch der Welt") und Kristoffer Borgli ("Sick of Myself", "Dream Scenario") zählen, reiht sich nun auch Dag Johan Haugerud ein.
Mit seiner in Norwegens Hauptstadt Oslo angesiedelten Trilogie über Liebe, Träume und Sehnsüchte bzw. Sex hinterließ der 1964 geborene Regisseur, Drehbuchautor und Romanautor bleibenden Eindruck bei diversen Filmfestivals. Nun kommt die Trilogie in umgekehrter Reihenfolge in die deutschen Lichtspielhäuser. Wer aufregendes Kino erwartet, wird jedoch enttäuscht.
Geschwätzige Festivallieblinge
Die drei Filme waren bei zahlreichen renommierten Festivals zu Gast – und kamen dort gut an; "Oslo Stories: Träume", der zweite Teil der Trilogie, gewann im Februar 2025 gar den Goldenen Bären der 75. Berlinale. Was ein wenig verwundert, setzt Haugerud in seiner Trilogie doch so gut wie überhaupt nicht auf typisch filmische Erzählmittel, sondern vor allem auf Dialoge. Wären diese wenigsten gut geschrieben, man würde es dem Drehbuchautor Haugerud nachsehen. Doch pointierten Dialogwitz sucht man in allen drei Filmen vergebens.
Stattdessen tasten sich die Protagonisten unter Verwendung einer Unmenge Füllwörter schüchtern durch ihre Konversationen. Was sich wohlwollend als "realistisch" auslegen ließe: Hier schaut ein Filmemacher seinen Mitmenschen aufs Maul, anstatt ihnen filmreife Sätze in den Mund zu legen. Diese Auslegung hat durchaus etwas für sich. Denn in ihren besten Momenten gelingt es der Oslo-Trilogie, eine beachtliche Nähe zu den Figuren herzustellen. In ihren schlechtesten Momenten – und davon gibt es viele – sind die Szenen einfach nur geschwätzig. Schnell macht sich Langeweile breit.
Offenheit als Gedankenspiel
"Sehnsucht", der eigentliche Auftakt der Trilogie, beschließt die deutschen Kinostarts. Warum dem so ist, darüber lässt sich nur spekulieren. Ein Grund könnte sein, dass der Handlungsort Oslo, der alle drei Filme lose miteinander verbindet, in "Liebe", dem Finale der Trilogie, am anschaulichsten eingeführt wird, was dazu geführt haben könnte, diesen Film hierzulande an den Anfang und nicht ans Ende stellen. Ein anderer Grund könnte die Handlung von "Sehnsucht" sein. Denn was das Provokationspotenzial in Bezug auf einen offenen Umgang mit sexuellen Beziehungen anbelangt, birgt "Sehnsucht" – nicht nur in konservativen Kreisen – sicherlich das größte Potenzial. In ihren Rollen als befreundete Schornsteinfeger fordern Jan Gunnar Røise und Thorbjørn Harr gängige Geschlechter- und Gendernormen heraus.
Was alle drei Filme verbindet, ist die Offenheit, mit der die Figuren der Liebe, dem Verlangen und dem Sex begegnen. Anfängliche Verblüffung, Vorbehalte und Vorurteile weichen Neugier, ernst gemeintem Interesse und im Idealfall Verständnis. Diese Unvoreingenommenheit ist denn auch die große Stärke, die über viele Schwächen dieser Filmtrilogie hinwegtröstet. In "Sehnsucht" entwirft Haugerud die gewagteste und gewitzteste Prämisse. Dementsprechend handelt es sich auch um den humorvollsten der drei Filme. Und es ist schön, mitanzusehen, wie nicht nur das von Jan Gunnar Røise und Thorbjørn Harr gespielte Freundespaar, sondern letztlich auch der von Røise verkörperte Schornsteinfeger und seine von Siri Forberg gespielte Ehefrau ihren Frieden miteinander schließen oder wie offen, ehrlich und unverkrampft die Filmfamilie von Harrs Figur miteinander umgeht.
Denkbar schlechtester Weg für utopische Ausgangslagen
In seiner Trilogie stellt Dag Johan Haugerud also mit utopisch anmutenden Ausgangslagen die Frage, wie eine Gesellschaft aussehen könnte, in der jeder seine privaten Freiheiten ausleben dürfte, ohne dafür von seinen Mitmenschen beurteilt oder gar moralisch verurteilt zu werden. Leider wählt er dafür den filmisch denkbar schlechtesten Weg: Anstatt die Dinge, um die es geht, also Sehnsucht, Träume, Liebe und Sex (so lautet der Originaltitel von "Sehnsucht"), ansehnlich ins Bild zu rücken, wird nurmehr und schließlich so ausschweifend darüber geredet, dass jeder der drei Filme aufs Neue Gefahr läuft, die Themen irgendwann zu zerreden.
Wer das Kino als visuelle Erzählform begreift, wird von dieser Trilogie bitter enttäuscht. Zum großen Glück setzen die jeweiligen Schauspielensembles dem von Haugerud geschriebenen Geschwafel starke Leistungen entgegen. Dass ein Film wie "Sehnsucht", der abseits ein paar schöner Aufnahmen über den Dächern der norwegischen Hauptstadt visuell nicht über das Niveau eines Fernsehfilms hinauskommt, sein Publikum nicht vollständig einschläfert, ist in erster Linie den großartig agierenden Jan Gunnar Røise und Thorbjørn Harr zu verdanken.
Fazit: "Oslo Stories: Sehnsucht", der erste Teil einer preisgekrönten Trilogie des norwegischen Regisseurs und Drehbuchautors Dag Johan Haugerud, kommt in Deutschland als letzter der drei Filme in die Kinos. Und hier zeigt sich noch einmal, weshalb die Trilogie nicht über Mittelmaß hinausreicht: Visuell auf dem Niveau eines Fernsehfilms gerät auch "Sehnsucht" viel zu geschwätzig. Anstatt pausenlos über Liebe, Sex, Geschlechterrollen und Gender zu palavern, hätte Haugerud diese spannenden Themen lieber ansehnlich in Szene setzen sollen.
Wer aufregende Filme liebt, wurde in den vergangenen 20 Jahren häufig im norwegischen Kino fündig. In die Riege namhafter Talente, zu denen unter anderem Bent Hamer ("Kitchen Stories", "Factotum"), Hans Petter Moland ("Einer nach dem anderen", "Hard Powder"), Morten Tyldum ("Headhunters", "The Imitation Game", "Passengers"), Espen Sandberg ("Kon-Tiki", "Pirates of the Caribbean: Salazars Rache"), Joachim Trier ("Thelma", "Der schlimmste Mensch der Welt") und Kristoffer Borgli ("Sick of Myself", "Dream Scenario") zählen, reiht sich nun auch Dag Johan Haugerud ein.
Mit seiner in Norwegens Hauptstadt Oslo angesiedelten Trilogie über Liebe, Träume und Sehnsüchte bzw. Sex hinterließ der 1964 geborene Regisseur, Drehbuchautor und Romanautor bleibenden Eindruck bei diversen Filmfestivals. Nun kommt die Trilogie in umgekehrter Reihenfolge in die deutschen Lichtspielhäuser. Wer aufregendes Kino erwartet, wird jedoch enttäuscht.
Geschwätzige Festivallieblinge
Die drei Filme waren bei zahlreichen renommierten Festivals zu Gast – und kamen dort gut an; "Oslo Stories: Träume", der zweite Teil der Trilogie, gewann im Februar 2025 gar den Goldenen Bären der 75. Berlinale. Was ein wenig verwundert, setzt Haugerud in seiner Trilogie doch so gut wie überhaupt nicht auf typisch filmische Erzählmittel, sondern vor allem auf Dialoge. Wären diese wenigsten gut geschrieben, man würde es dem Drehbuchautor Haugerud nachsehen. Doch pointierten Dialogwitz sucht man in allen drei Filmen vergebens.
Stattdessen tasten sich die Protagonisten unter Verwendung einer Unmenge Füllwörter schüchtern durch ihre Konversationen. Was sich wohlwollend als "realistisch" auslegen ließe: Hier schaut ein Filmemacher seinen Mitmenschen aufs Maul, anstatt ihnen filmreife Sätze in den Mund zu legen. Diese Auslegung hat durchaus etwas für sich. Denn in ihren besten Momenten gelingt es der Oslo-Trilogie, eine beachtliche Nähe zu den Figuren herzustellen. In ihren schlechtesten Momenten – und davon gibt es viele – sind die Szenen einfach nur geschwätzig. Schnell macht sich Langeweile breit.
Offenheit als Gedankenspiel
"Sehnsucht", der eigentliche Auftakt der Trilogie, beschließt die deutschen Kinostarts. Warum dem so ist, darüber lässt sich nur spekulieren. Ein Grund könnte sein, dass der Handlungsort Oslo, der alle drei Filme lose miteinander verbindet, in "Liebe", dem Finale der Trilogie, am anschaulichsten eingeführt wird, was dazu geführt haben könnte, diesen Film hierzulande an den Anfang und nicht ans Ende stellen. Ein anderer Grund könnte die Handlung von "Sehnsucht" sein. Denn was das Provokationspotenzial in Bezug auf einen offenen Umgang mit sexuellen Beziehungen anbelangt, birgt "Sehnsucht" – nicht nur in konservativen Kreisen – sicherlich das größte Potenzial. In ihren Rollen als befreundete Schornsteinfeger fordern Jan Gunnar Røise und Thorbjørn Harr gängige Geschlechter- und Gendernormen heraus.
Was alle drei Filme verbindet, ist die Offenheit, mit der die Figuren der Liebe, dem Verlangen und dem Sex begegnen. Anfängliche Verblüffung, Vorbehalte und Vorurteile weichen Neugier, ernst gemeintem Interesse und im Idealfall Verständnis. Diese Unvoreingenommenheit ist denn auch die große Stärke, die über viele Schwächen dieser Filmtrilogie hinwegtröstet. In "Sehnsucht" entwirft Haugerud die gewagteste und gewitzteste Prämisse. Dementsprechend handelt es sich auch um den humorvollsten der drei Filme. Und es ist schön, mitanzusehen, wie nicht nur das von Jan Gunnar Røise und Thorbjørn Harr gespielte Freundespaar, sondern letztlich auch der von Røise verkörperte Schornsteinfeger und seine von Siri Forberg gespielte Ehefrau ihren Frieden miteinander schließen oder wie offen, ehrlich und unverkrampft die Filmfamilie von Harrs Figur miteinander umgeht.
Denkbar schlechtester Weg für utopische Ausgangslagen
In seiner Trilogie stellt Dag Johan Haugerud also mit utopisch anmutenden Ausgangslagen die Frage, wie eine Gesellschaft aussehen könnte, in der jeder seine privaten Freiheiten ausleben dürfte, ohne dafür von seinen Mitmenschen beurteilt oder gar moralisch verurteilt zu werden. Leider wählt er dafür den filmisch denkbar schlechtesten Weg: Anstatt die Dinge, um die es geht, also Sehnsucht, Träume, Liebe und Sex (so lautet der Originaltitel von "Sehnsucht"), ansehnlich ins Bild zu rücken, wird nurmehr und schließlich so ausschweifend darüber geredet, dass jeder der drei Filme aufs Neue Gefahr läuft, die Themen irgendwann zu zerreden.
Wer das Kino als visuelle Erzählform begreift, wird von dieser Trilogie bitter enttäuscht. Zum großen Glück setzen die jeweiligen Schauspielensembles dem von Haugerud geschriebenen Geschwafel starke Leistungen entgegen. Dass ein Film wie "Sehnsucht", der abseits ein paar schöner Aufnahmen über den Dächern der norwegischen Hauptstadt visuell nicht über das Niveau eines Fernsehfilms hinauskommt, sein Publikum nicht vollständig einschläfert, ist in erster Linie den großartig agierenden Jan Gunnar Røise und Thorbjørn Harr zu verdanken.
Fazit: "Oslo Stories: Sehnsucht", der erste Teil einer preisgekrönten Trilogie des norwegischen Regisseurs und Drehbuchautors Dag Johan Haugerud, kommt in Deutschland als letzter der drei Filme in die Kinos. Und hier zeigt sich noch einmal, weshalb die Trilogie nicht über Mittelmaß hinausreicht: Visuell auf dem Niveau eines Fernsehfilms gerät auch "Sehnsucht" viel zu geschwätzig. Anstatt pausenlos über Liebe, Sex, Geschlechterrollen und Gender zu palavern, hätte Haugerud diese spannenden Themen lieber ansehnlich in Szene setzen sollen.
Falk Straub
TrailerAlle "Oslo Stories: Sehnsucht"-Trailer anzeigen

Besetzung & Crew von "Oslo Stories: Sehnsucht"
Land: NorwegenJahr: 2025
Genre: Drama, Romantik
Originaltitel: Sex
Länge: 125 Minuten
Kinostart: 22.05.2025
Regie: Dag Johan Haugerud
Darsteller: Thorbjørn Harr, Jan Gunnar Røise, Siri Forberg, Birgitte Larsen, Theo Dahl
Kamera: Cecilie Semec
Verleih: Alamode Film