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Die Vertriebenen
Die Vertriebenen
© dejavu filmverleih

Die Vertriebenen (2025)

The Alienated

In diesem Mystery-Drama, einer deutsch-moldauisch-französischen Co-Produktion, stehen zwei Schwestern im Spannungsfeld zwischen Religion, Philosophie und Medizin.Kritiker-Film-Bewertung: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 3 / 5
User-Film-Bewertung [?]: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 2.0 / 5

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Die Professorin Varvara (Maria Tschurprinskaya) lehrt Philosophie in einer nicht näher definierten Stadt. Kurz vor Semesterende zieht ihre jüngere Schwester Angelina (Dana Ciobanu), eine Gynäkologin aus Moskau, bei ihr ein. Angelina tritt eine neue Stelle in der städtischen Klinik an und wird umgehend mit den dort vorherrschenden Problemen konfrontiert.

Seit die Stadt einen Autobahnanschluss besitzt, hat neben der Prostitution auch die Zahl der durchgeführten Abtreibungen zugenommen, wogegen besonders Vater Michael (Robert Vaab), ein in die Klinik involvierter Priester, aufbegehrt. Derweil hat Varvara ihre eigenen Probleme. Als sie ihren Studenten Inosemtsev (Epchil Akchalov) durch die Abschlussprüfung rasseln lässt, hört dieser nicht auf, seiner Professorin nachzustellen.

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"Die Vertriebenen": Rätselraten in einer gottlosen Welt

Die 1988 in der damaligen Sowjetunion geborene Anna Kruglova firmiert in der Filmlandschaft inzwischen unter dem Namen Anja Kreis. Sie studierte an der Kunsthochschule für Medien in Köln, wo sie mit ihrem Abschlussfilm "Die Sense trifft den Stein" zugleich auch ihr Langfilmdebüt gab. Kreis' zweiter abendfüllender Spielfilm "Die Vertriebenen", den sie selbst geschrieben und mitproduziert hat, feierte im Juli 2024 beim Internationalen Filmfestival Karlovy Vary Premiere und war anschließend unter anderem bei den Hofer Filmtagen und beim Filmfestival Max Ophüls Preis zu sehen. Was das Publikum dort zu sehen bekam und worauf sich nun auch das reguläre Kinopublikum einlassen muss, gibt Rätsel auf.

Dichte Atmosphäre, undurchsichtige Handlung

Kreis' Talent für Atmosphäre ist auf den ersten Blick ersichtlich. Die Regisseurin entführt ihr Publikum in eine dunkle, nicht näher bestimmte Welt, die ihr Kameramann Eugeniu Dedcov in stimmungsvolle, von präraffaelitischen Gemälden inspirierte Einstellungen kleidet. In diesem düsteren Setting gelingen Kreis wiederholt eindrückliche Szenen, etwa die einer Abtreibung, die schockiert, ohne etwas explizit zu zeigen. Der Name der Stadt, in der die zwei Protagonistinnen leben, wird nie genannt, wie so vieles in dem von der Regisseurin selbst verfassten Drehbuch schleierhaft bleibt. Kreis hat einen opaken Film gedreht, der sich einer eindeutigen Interpretation entzieht und dem Publikum während der Rezeption immer wieder vor den Augen zerrinnt. Großen Anteil daran haben die zwei Hauptdarstellerinnen Maria Tschurprinskaya und Dana Ciobanu, die ihre Figuren so unbewegt spielen, dass das Publikum nie vollends hinter deren aufgesetzte Masken blicken kann.

Ebenso wenig lässt sich das Genre dieses Films festlegen. Kreis' hantiert mit Versatzstücken des Horrorfilms, wenn eine Patientin der von Ciobanu gespielten Gynäkologin Angelina behauptet, den Antichristen in sich zu tragen oder wenn die Schwester der Ärztin, die von Tschurprinskaya verkörperte Professorin Varvara, von einem ihrer Studenten wie von einem Stalker verfolgt wird. Ein Horrorfilm ist "Die Vertriebenen" allerdings mitnichten. Am ehesten ließe sich der Film noch als mysteriöses Familiendrama beschreiben, in dem sich das Politische und das Private gegenseitig bedingen. Denn es sind die gesellschaftlichen Umstände, das einengend Konservative und moralinsauer Religiöse, die den zwei Schwestern zunehmend die Luft abschnüren. Andererseits tragen beide ihre privaten Politiken und Ideologien selbstbewusst vor sich her und in ihr jeweiliges berufliches Umfeld hinein. Weshalb sie sich auch die unangenehme Frage gefallen lassen müssen, wie weit ein selbstgefälliger Individualismus, der die Moral auf seiner Seite wähnt, gehen darf.

Zu viel des Guten/Bösen

Für sich allein genommen ist "Die Vertriebenen" ein Film, der trotz aller darin an den Tag gelegten Irritationen fasziniert. Gerade dessen Undurchsichtigkeit macht seinen Reiz aus. Schwierig wird es, wenn die Regisseurin zur eigenen Interpretin ihres Films wird. In einem Regiekommentar erläutert Anja Kreis verschiedene Konzepte, die sie ihrer Handlung zugrunde gelegt hat, und offenbart dadurch die große Schwäche ihres Films: Es sind so viele, teils konfligierende Motive und Ideen hineingepackt, dass es am Ende zu viel des Guten bzw. Bösen ist.

Dass die zwei Schwestern zwei Facetten ein und derselben Person seien, ist dort beispielsweise zu lesen, was an große filmische Vorbilder von "Vertigo" (1958) über "Persona" (1966) bis zu "Die Unzertrennlichen" (1988) denken lässt. Darüber hinaus sollen die zwei Schwestern aber auch eine weibliche Version der biblischen Brüder Kain und Abel verkörpern, was freilich nur schwerlich funktioniert, wenn es sich um ein und dieselbe Person handelt – es sei denn, der alttestamentarische Geschwisterzwist tobt in deren Psyche. All dies mischt Kreis mit der Philosophie Friedrich Nietzsches und dessen Konzept des Übermenschen, nämlich genau dort, wo sich die Schwestern über die gängige gesellschaftliche Moral erheben. Wie das alles zusammenpassen soll, bleibt ebenso unklar wie der Film selbst.

Fazit: Die Regisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin Anja Kreis hat einen Film gedreht, der atmosphärisch fasziniert, erzählerisch jedoch irritiert. Wer auf narrative Klarheit pocht, sollte einen großen Bogen um "Die Vertriebenen" machen. Denn dieses mysteriöse Geschwisterdrama bewegt sich mit Vorliebe im Vagen – und packt letzten Endes so viele Themen, Konzepte und Motive in die überschaubare Laufzeit von 95 Minuten, dass sich der Film daran verhebt.




Besetzung & Crew von "Die Vertriebenen"

Land: Deutschland, Republik von Moldau, Frankreich
Jahr: 2025
Genre: Horror
Originaltitel: The Alienated
Länge: 95 Minuten
Kinostart: 30.01.2025
Regie: Anja Kreis
Darsteller: Nikolay Mulakov
Verleih: dejavu filmverleih



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