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Vika! (2023)

Unterhaltsames, aber etwas zerfahrenes Doku-Porträt der "ältesten DJane Polens"Kritiker-Film-Bewertung: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 3 / 5
User-Film-Bewertung [?]: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 1.0 / 5

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Die über 80-jährige Vika ist die älteste DJane Polens und macht in ihrem rüstigen Alter die Discos und Tanzflächen des Landes unsicher. Früher sei sie als Gefängnisdirektorin tätig gewesen, erzählt sie, eine ebenso ungewöhnliche Berufswahl, die ihr damals ihre Vorgesetzten nicht zugetraut hätten. Nach ihrer Pension machte sie sich auf die Suche nach einem neuen Betätigungsfeld und fand das in der Musik.

Vika ist eine rastlose Suchende, sympathisch und charismatisch, aber auch getrieben. Sie fühlt sich der Jugend, die zu ihren Auftritten kommt, mehr verbunden als den "Alten“, die sie unter anderem bei einem Vortrag in einem Heim trifft. Doch hinter der oberflächlich jugendlichen Lebenslust steckt ein tiefes Trauma: Vika hat im 2. Weltkrieg ihre gesamte Familie, die aus Vilnius stammte, verloren, sie war die einzige Überlebende, die in Polen eine neue Heimat fand. Zu ihrer eigenen Familie, ihren beiden Söhnen und und Enkelkindern, hat sie eine distanzierte Beziehung. Bei einem Besuch in ihrer alten Heimat in Litauen besucht sie Orte ihrer Kindheit, um sich ein letztes Mal mit der Vergangenheit zu konfrontieren - um sie vielleicht endgültig hinter sich lassen zu können.

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Filmkritikunterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse3 / 5

Regisseurin Agnieszka Zwiefka fängt in ihrem Doku-Porträt den turbulenten Alltag der Protagonistin in solider Manier ein. Wie diese wirkt aber auch "Vika!" etwas zerfahren, man würde sich als Zuschauer dem Film etwas mehr ruhige Momente der Andacht wünschen. Andacht und Emotionen zeigt Vika selbst, diese rastlos Getriebene, nur bei ihrem Besuch in ihrer Heimatstadt, bei der Besichtigung alter, bekannter Orte. Und in den beiden im Film inkludierten Musikvideos in künstlerisch verfremdeter Form.

Im Laufe der Doku offenbaren sich langsam aber auch die Hintergründe dieser Rastlosigkeit, der ständigen Suche nach menschlichen Verbindungen, die sie in flüchtiger Form bei ihrer DJ-Arbeit findet: Vikas eigene Kindheit verbrachte sie im kriegsgebeutelten Vilnius, ihre gesamte Familie wurde ausgelöscht. Keine Eltern, Geschwister, Onkeln und Tanten, alle tot.

In der Gegenwart sind die Beziehungen in ihrer eigenen Familie, zu ihren Kindern und Enkelkindern, von Distanziertheit geprägt, ihre Enkelin schäme sich für sie, erzählt die Protagonistin. Sie leide darunter, sehne sich nach ihrer Familie, nach mehr Nähe, wisse aber nicht, wie sie die Verbindung herstellen soll. Und führt ihr schwieriges Familienleben darauf zurück, selbst nie eine Familie gehabt zu haben. Traumata wirken nach, auch viele, viele Jahre später. Hier wird auch offenkundig, dass die stetige Suche nach Aufmerksamkeit auch etwas mit diesem Mangel zu tun hat.

Der Großteil von "Vika!" wurde 2019 gedreht, vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Das letzte Drittel des Films widmet sich dann dieser Zeit, der auch massive Auswirkungen auf Vikas Alltag und Leben hatte: Auftritte, Konzerte wurden abgesagt, sie verbrachte viel Zeit zu Hause, nahm wieder Kontakt mit ihren Söhnen auf. Mit einem befreundeten DJ streamte sie von daheim aus ein Wohnzimmerkonzert, zur Begeisterung des Publikums aus aller Welt.

Schließlich fängt die Kamera ein offenes Gespräch mit einem ihrer Söhne ein: Während Vika gewohnt ist, von ihrem Publikum gefeiert und bejubelt zu werden, erfährt sie von dieser Seite das Gegenteil — Vorwürfe, warum sie nie für ihre Kinder da gewesen sei, offensives Desinteresse an ihren Disco-Aktivitäten, Enttäuschung. Der Austausch ist konfrontativ, direkt, ehrlich - und hoffentlich der Beginn einer Annäherung, das Ende eine langen Suche. Man würde es der Protagonistin wünschen.

Fazit: Zwischen Lebenslust und Trauma, zwischen Party und Einsamkeit, zwischen Flucht und Konfrontation: "Vika!" präsentiert eine bemerkenswerte Persönlichkeit, deren Dämonen ihrer traumatischen Kindheit sie bis in die Gegenwart verfolgen. Auch psychologisch interessant, aber in der Machart etwas zu chaotisch.




Besetzung & Crew von "Vika!"

Land: Polen, Finnland
Jahr: 2023
Genre: Dokumentation
Länge: 74 Minuten
FSK: 0
Kinostart: 16.01.2025
Regie: Agnieszka Zwiefka
Darsteller: Wirginia Szmit
Kamera: Monika Kotecka
Verleih: JIP Film und Verleih



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