Abendland (2024)
Deutsche Drama über eine Gruppe Kommunarden im Wald.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 3 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Irgendwo in einem deutschen Wald: Beim Versuch, Bäume vor der Abholzung zu retten, wird eine Gruppe vermummter Aktivisten von Polizisten attackiert. Einer der Umweltschützerinnen (Stephanie Amarell), die eine Maske von Angela Merkel trägt, gelingt die Flucht. Dabei verletzt sie sich am Bein und schleppt sich mit letzter Kraft voran. Wie es der Zufall will, landet sie in einer tief im Wald versteckten Kommune, deren utopisches Leben wie eine Parallelwelt anmutet.
Alle dort tragen Masken, eine von ihnen (Janina Stopper) hat gar dieselbe Merkel-Maske wie die Geflüchtete auf. Doch Identitäten spielen in dieser Gemeinschaft keine Rolle, wie die Geflüchtete eines Nachts heimlich herausfindet. Denn die Kommunarden tauschen ihre Masken und Klamotten in regelmäßigen Abständen untereinander aus. Aus Angst davor, dass der Neuankömmling ein Virus in sich tragen könnte, wird er zunächst isoliert. Im Anschluss entbrennt eine hitzige Debatte, ob die neue Merkel bleiben darf und was sie zur Gemeinschaft beitragen könnte.
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Filmkritik
"Abendland": Deutschland im Wald
Die Spielfilme des 1972 in Israel geborenen Omer Fast sind garantiert nicht jedermanns Sache. Der Wahlberliner ist Videokünstler, stellte unter anderem schon bei der Biennale von Venedig und in Kassel bei der Documenta aus. Seit 2023 lehrt er als Professor an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK). Fasts abendfüllenden Werke "Remainder" (2015) und "Continuity" (2016), ein Remake und gleichzeitig eine Fortführung seines gleichnamigen Kurzfilms, liefen beide bei der Berlinale und fordern ihr Publikum durch ihre Erzählweise heraus. Die Übergänge zur Videokunst sind fließend. Das ist auch in Fasts jüngstem Spielfilm "Abendland" nicht anders.
Symbolträchtige Bilder
Den Deutschen wird seit jeher ein besonderes Verhältnis zum Wald nachgesagt. In der Literatur ist er mal Sehnsuchtsort, mal märchenhafter locus horribilis und dabei stets Metapher. Romantisch überhöht oder ideologisch missbraucht, muss der Wald hierzulande für alles herhalten, neuerdings auch als Fanal im Kampf gegen den Klimawandel. Das die Bilder aus "Abendland" an die Nachrichten aus dem Hambacher Forst erinnern, ist ebenso wenig ein Zufall wie der Umstand, dass die Protagonistin und die Antagonistin dieselbe Maske der ehemaligen Bundeskanzlerin tragen.
"The mask ist the message", würde Marshall McLuhan wohl feststellen: Hier geht es um uns. Darum, wer wir sind und wie wir leben wollen. Doch was genau Omer Fast seinem Publikum damit sagen will, bleibt rätselhaft.
Identitätsspiele im Spiegelkabinett
Für den Regisseur ist das Aufsetzen einer Maske unweigerlich mit Identitäten verknüpft, die man abstreift oder annimmt. "Auf der einen Seite betont das Verdecken oder Maskieren das Phantasmagorische und Wandelbare, das Verdrängte und Tabuisierte, ein Dunkelfeld, aus dem Mythen und Märchen in die soziale Ordnung einsickern", sagt Fast. "Andererseits ermöglicht uns das Verdecken und Maskieren die Freiheit zu bestimmten Handlungen, die uns sonst als Individuen gefährden oder kompromittieren würden." Das sei der Grund, warum Aktivisten Masken trügen, aber auch der Grund, warum Polizisten dies täten.
Auf dem Papier klingt das spannend und klug, in der filmischen Umsetzung macht Fast jedoch zu wenig daraus, um sein Publikum bei der Stange zu halten. Zum einen ist dieses symbolträchtige Drama mit einer Laufzeit von 115 Minuten deutlich zu lang geraten. Zum anderen liefern die endlosen Gespräche über Identitäten, Rollenzuschreibungen und soziale Normen nicht wirklich neue Erkenntnisse. Das Spiel mit den mehrfach gespiegelten Masken fasziniert indessen nachhaltig.
Fazit: Das Stärkste an Omer Fasts neuem Film sind die Masken, die die Figuren zwar untereinander tauschen, aber nie ablegen. Ein Drama komplett mit einem maskierten Ensemble umzusetzen, irritiert und fasziniert zugleich. Die Geschichte selbst, die um den Zustand unserer Gesellschaft und um die Rollen, die wir darin spielen, kreist, enttäuscht indessen.
Die Spielfilme des 1972 in Israel geborenen Omer Fast sind garantiert nicht jedermanns Sache. Der Wahlberliner ist Videokünstler, stellte unter anderem schon bei der Biennale von Venedig und in Kassel bei der Documenta aus. Seit 2023 lehrt er als Professor an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK). Fasts abendfüllenden Werke "Remainder" (2015) und "Continuity" (2016), ein Remake und gleichzeitig eine Fortführung seines gleichnamigen Kurzfilms, liefen beide bei der Berlinale und fordern ihr Publikum durch ihre Erzählweise heraus. Die Übergänge zur Videokunst sind fließend. Das ist auch in Fasts jüngstem Spielfilm "Abendland" nicht anders.
Symbolträchtige Bilder
Den Deutschen wird seit jeher ein besonderes Verhältnis zum Wald nachgesagt. In der Literatur ist er mal Sehnsuchtsort, mal märchenhafter locus horribilis und dabei stets Metapher. Romantisch überhöht oder ideologisch missbraucht, muss der Wald hierzulande für alles herhalten, neuerdings auch als Fanal im Kampf gegen den Klimawandel. Das die Bilder aus "Abendland" an die Nachrichten aus dem Hambacher Forst erinnern, ist ebenso wenig ein Zufall wie der Umstand, dass die Protagonistin und die Antagonistin dieselbe Maske der ehemaligen Bundeskanzlerin tragen.
"The mask ist the message", würde Marshall McLuhan wohl feststellen: Hier geht es um uns. Darum, wer wir sind und wie wir leben wollen. Doch was genau Omer Fast seinem Publikum damit sagen will, bleibt rätselhaft.
Identitätsspiele im Spiegelkabinett
Für den Regisseur ist das Aufsetzen einer Maske unweigerlich mit Identitäten verknüpft, die man abstreift oder annimmt. "Auf der einen Seite betont das Verdecken oder Maskieren das Phantasmagorische und Wandelbare, das Verdrängte und Tabuisierte, ein Dunkelfeld, aus dem Mythen und Märchen in die soziale Ordnung einsickern", sagt Fast. "Andererseits ermöglicht uns das Verdecken und Maskieren die Freiheit zu bestimmten Handlungen, die uns sonst als Individuen gefährden oder kompromittieren würden." Das sei der Grund, warum Aktivisten Masken trügen, aber auch der Grund, warum Polizisten dies täten.
Auf dem Papier klingt das spannend und klug, in der filmischen Umsetzung macht Fast jedoch zu wenig daraus, um sein Publikum bei der Stange zu halten. Zum einen ist dieses symbolträchtige Drama mit einer Laufzeit von 115 Minuten deutlich zu lang geraten. Zum anderen liefern die endlosen Gespräche über Identitäten, Rollenzuschreibungen und soziale Normen nicht wirklich neue Erkenntnisse. Das Spiel mit den mehrfach gespiegelten Masken fasziniert indessen nachhaltig.
Fazit: Das Stärkste an Omer Fasts neuem Film sind die Masken, die die Figuren zwar untereinander tauschen, aber nie ablegen. Ein Drama komplett mit einem maskierten Ensemble umzusetzen, irritiert und fasziniert zugleich. Die Geschichte selbst, die um den Zustand unserer Gesellschaft und um die Rollen, die wir darin spielen, kreist, enttäuscht indessen.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Abendland"
Land: DeutschlandJahr: 2024
Genre: Drama
Länge: 115 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 05.12.2024
Regie: Omer Fast
Darsteller: Stephanie Amarell als Angela Merkel, Marie Tragousti als Alien / Angie, Sebastian Schneider als Vogelscheuche / Jason, Ivy Lissack als Jason / Vogelscheuche, Janina Stopper als Angie / Alien
Kamera: Lukas Strebel
Verleih: Piffl Medien
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