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FBW-Bewertung: Der Brutalist (2024)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Kann man heutzutage einen Monumentalfilm für knapp 10 Millionen Dollars machen? Brady Corbet ist dieses Kunststück mit DER BRUTALIST gelungen, denn sein Film hat die epische Breite, die Optik, die emotionale Tiefe und ja, auch die Länge von großen Kinoerzählungen. In ihm werden Themen wie Kunst gegen Kapitalismus, Immigration und Antisemitismus, Geschlechterkampf und Architekturgeschichte verhandelt und all das wird so meisterhaft in die Erzählung des Films eingearbeitet, dass er nie überladen oder prätentiös wirkt. Sein Held, der ungarisch-jüdische Architekt László Toth, kommt, nachdem er den Holocaust in Europa überlebt hat, in die USA, und für ihn gibt es dort schnell ein abruptes Erwachen aus dem amerikanischen Traum, denn sein großes künstlerisches Talent wird weder gebraucht noch geschätzt. Das ändert sich zwar, nachdem ein erfolgreicher Industrieller in Pennsylvania ihn entdeckt und ihm den Auftrag gibt, einen großen, repräsentativen und modernen Gebäudekomplex zu entwerfen und zu bauen. Aber László Toth begibt sich durch die Zusammenarbeit mit seinem Auftraggeber in Abhängigkeiten, die ihn in eine existentielle Krise stürzen. Corbet gelingt es, spannend und faszinierend von Architektur zu erzählen, und er tut dies mit oft erstaunlich minimalistischen, dafür aber umso wirkungsvolleren Mitteln. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Musik von Daniel Blumberg, dem es virtuos gelingt, Räume zu dramatisieren und die Kamera von Lol Crawley, die durch das Format Vista Vision diese Räume groß und tief wirken lässt. Adrien Brody gelingt es in der Rolle von László Toth, die Verletzungen, aber auch die Sturheit und das Selbstbewusstsein eines großen Künstlers zu vermitteln und Guy Pearce ist ihm als sein snobistischer, egomanischer und brutaler Antagonist mit dem passenden Namen Harrison Lee van Buren ebenbürtig. Doch in den wenigen Szenen, in denen sie glänzen kann, droht Felicity Jones in der Rolle von Toths Ehefrau Erzsébet die beiden an die Wand zu spielen. Besonders in einer Dinner-Szene ist sie offensichtlich die klügste Person und stärkste Persönlichkeit im Raum. In DER BRUTALIST erzählt Corbet von einem Menschen, der die Zukunft entwirft und baut, aber zugleich den Verletzungen in seiner Vergangenheit nicht entkommen kann. Dass das Sinnbild dessen ein brutalistischer Betonbau ist, zeigt, wie raffiniert und einfallsreich Corbet die Welt seines Films gebaut hat.



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