The Visitor (2024)
Radikales Remake? Der kanadische Regisseur Bruce LaBruce legt Pier Paolo Pasolinis "Teorema" als pornografische Komödie neu auf.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Als ein Koffer ans Ufer der Themse gespült wird, findet ein dort campierender Obdachloser einen ungewöhnlichen Inhalt darin vor: einen nackten schwarzen Mann (Bishop Black). Der mysteriöse Besucher streift durch Londons Straßen und nistet sich schließlich bei einer wohlhabenden Familie ein, deren Leben er durcheinanderwirbelt.
Nacheinander verführt er die non-binäre Dienstperson (Luca Federici), die Mutter (Amy Kingsmill), den Sohn (Kurtis Lincoln), die Tochter (Ray Filar) und schließlich auch den Vater (Macklin Kowal). Als der Besucher die Familie ebenso schlagartig wieder verlässt, wie er in ihr Leben getreten ist, stürzt jedes Mitglied auf eigene Weise in eine tiefe Krise.
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Filmkritik
"The Visitor": Plakativ-plumper Politporno
Der 1964 geborene Regisseur, Fotograf und Autor Bruce LaBruce ist einer der wichtigsten Vertreter des (New) Queer Cinema. Nach dem Kinobesuch seines jüngsten Films fragt man sich allerdings, weshalb. Denn wieder einmal reiht der Kanadier lediglich pornografische Szenen aneinander und verkauft das Ganze dann als subversiv oder gar radikal. Die politische Botschaft, die angeblich dahintersteckt, blendet er zudem in riesigen, blinkenden Lettern ein, damit sie noch der Letzte begreift. "Colonize the Colonizer" und vergleichbar plakative Parolen sind dann auf der Leinwand zu lesen, wenn der namenlose schwarze Besucher (Bishop Black) den namenlosen weißen Vater (Macklin Kowal) penetriert. Ernsthaft?
Ach nein, offiziell soll "The Visitor" ja eine Komödie sein. Das einzige Problem dabei ist, dass es die komplette Laufzeit über nichts zu lachen gibt. Laut deutschem Verleih war Kino zudem selten "so explizit, so blasphemisch, so kinky!". Nun, darüber lässt sich zum Glück trefflich streiten. Was die Blasphemie anbelangt, ist jeder Horrorfilm, der in der Nachfolge von William Friedkins "Der Exorzist" (1973) Religion mit Sexualität vermengt, aufregender als das, was LaBruce zu dem Thema einfällt: ein Dildo in Form eines Kruzifixes und ein paar sexuell aufgeladene Kreuzigungsszenen. Pornografische Szenen sind im Kino hingegen nach wie vor eine Seltenheit. Die Einfallslosigkeit, mit der LaBruce das Explizite inszeniert, spricht indes Bände und deren dumpfe Repetition ist geradezu einschläfernd. Erschwerend hinzu kommt, dass viele der Kinks, die LaBruce hier auffährt, längst im Mainstream-Porno angekommen und kostenlos auf einschlägigen Internetseiten zu haben sind.
Große Fußstapfen
Für sich allein genommen, könnte man diesem Film vieles verzeihen. Zum Beispiel, dass er munter in der Filmgeschichte wildert, etwa beim Exploitationkino eines John Waters und dann doch vor dessen letzter Konsequenz zurückschreckt (Stichwort: Kot). Auch könnte man goutieren, dass im letzten Akt, wenn die Familie nach dem Verschwinden des Besuchers hinaus in die Welt tritt, sich damit nicht nur neue Horizonte eröffnen, sondern auch filmische Räume auftun, die "The Visitor" endlich auch visuell auf ein ansprechendes Niveau heben, nachdem zuvor rund um die Familienvilla die von LaBruce gewohnte Billig-Ästhetik dominierte. Doch dummerweise steht dieser Film nicht für sich allein. Als Remake von Pier Paolo Pasolinis "Teorema" (1968) muss er sich nicht nur mit diesem messen, sondern auch mit einem weiteren Remake desselben Films, "Visitor Q" (2001) von Takashi Miike, bei dem es sich übrigens ebenfalls um eine Low-Budget-Produktion handelt.
Ums kurz zu machen: "The Visitor" reicht an keinen der beiden auch nur annähernd heran. Weder ist er so rätselhaft wie Pasolinis Film noch so subversiv wie der von Miike. Dass dessen "Visitor Q" auch ganz ohne pornografische Szenen weitaus verstörender ist als "The Visitor", sagt viel darüber aus, wie simpel LaBruce Radikalität definiert. Wer an dem vom Verleih angekündigten "anarchistisch-queeren Revolutionsakt in [der] Londoner Upper Class" interessiert ist und dabei noch prächtig unterhalten werden will, sollte sich statt "The Visitor" lieber "Saltburn" (2023) von Emerald Fennell ansehen.
Fazit: Mit seinem jüngsten Film tritt Bruce LaBruce in große Fußstapfen, denn der kanadische Vertreter des New Queer Cinema hat ein Remake von Pier Paolo Pasolinis "Teorema" gedreht. Wie zu befürchten war, kann LaBruce die Fußstapfen nicht einmal annähernd füllen, denn außer repetitiv nervtötenden Pornoszenen und plakativ-plumpen Politparolen fällt ihm nichts ein.
Der 1964 geborene Regisseur, Fotograf und Autor Bruce LaBruce ist einer der wichtigsten Vertreter des (New) Queer Cinema. Nach dem Kinobesuch seines jüngsten Films fragt man sich allerdings, weshalb. Denn wieder einmal reiht der Kanadier lediglich pornografische Szenen aneinander und verkauft das Ganze dann als subversiv oder gar radikal. Die politische Botschaft, die angeblich dahintersteckt, blendet er zudem in riesigen, blinkenden Lettern ein, damit sie noch der Letzte begreift. "Colonize the Colonizer" und vergleichbar plakative Parolen sind dann auf der Leinwand zu lesen, wenn der namenlose schwarze Besucher (Bishop Black) den namenlosen weißen Vater (Macklin Kowal) penetriert. Ernsthaft?
Ach nein, offiziell soll "The Visitor" ja eine Komödie sein. Das einzige Problem dabei ist, dass es die komplette Laufzeit über nichts zu lachen gibt. Laut deutschem Verleih war Kino zudem selten "so explizit, so blasphemisch, so kinky!". Nun, darüber lässt sich zum Glück trefflich streiten. Was die Blasphemie anbelangt, ist jeder Horrorfilm, der in der Nachfolge von William Friedkins "Der Exorzist" (1973) Religion mit Sexualität vermengt, aufregender als das, was LaBruce zu dem Thema einfällt: ein Dildo in Form eines Kruzifixes und ein paar sexuell aufgeladene Kreuzigungsszenen. Pornografische Szenen sind im Kino hingegen nach wie vor eine Seltenheit. Die Einfallslosigkeit, mit der LaBruce das Explizite inszeniert, spricht indes Bände und deren dumpfe Repetition ist geradezu einschläfernd. Erschwerend hinzu kommt, dass viele der Kinks, die LaBruce hier auffährt, längst im Mainstream-Porno angekommen und kostenlos auf einschlägigen Internetseiten zu haben sind.
Große Fußstapfen
Für sich allein genommen, könnte man diesem Film vieles verzeihen. Zum Beispiel, dass er munter in der Filmgeschichte wildert, etwa beim Exploitationkino eines John Waters und dann doch vor dessen letzter Konsequenz zurückschreckt (Stichwort: Kot). Auch könnte man goutieren, dass im letzten Akt, wenn die Familie nach dem Verschwinden des Besuchers hinaus in die Welt tritt, sich damit nicht nur neue Horizonte eröffnen, sondern auch filmische Räume auftun, die "The Visitor" endlich auch visuell auf ein ansprechendes Niveau heben, nachdem zuvor rund um die Familienvilla die von LaBruce gewohnte Billig-Ästhetik dominierte. Doch dummerweise steht dieser Film nicht für sich allein. Als Remake von Pier Paolo Pasolinis "Teorema" (1968) muss er sich nicht nur mit diesem messen, sondern auch mit einem weiteren Remake desselben Films, "Visitor Q" (2001) von Takashi Miike, bei dem es sich übrigens ebenfalls um eine Low-Budget-Produktion handelt.
Ums kurz zu machen: "The Visitor" reicht an keinen der beiden auch nur annähernd heran. Weder ist er so rätselhaft wie Pasolinis Film noch so subversiv wie der von Miike. Dass dessen "Visitor Q" auch ganz ohne pornografische Szenen weitaus verstörender ist als "The Visitor", sagt viel darüber aus, wie simpel LaBruce Radikalität definiert. Wer an dem vom Verleih angekündigten "anarchistisch-queeren Revolutionsakt in [der] Londoner Upper Class" interessiert ist und dabei noch prächtig unterhalten werden will, sollte sich statt "The Visitor" lieber "Saltburn" (2023) von Emerald Fennell ansehen.
Fazit: Mit seinem jüngsten Film tritt Bruce LaBruce in große Fußstapfen, denn der kanadische Vertreter des New Queer Cinema hat ein Remake von Pier Paolo Pasolinis "Teorema" gedreht. Wie zu befürchten war, kann LaBruce die Fußstapfen nicht einmal annähernd füllen, denn außer repetitiv nervtötenden Pornoszenen und plakativ-plumpen Politparolen fällt ihm nichts ein.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "The Visitor"
Land: GroßbritannienJahr: 2024
Genre: Komödie
Länge: 101 Minuten
Kinostart: 05.12.2024
Regie: Bruce La Bruce
Darsteller: Bishop Black als The Visitor, Macklin Kowal als The Father, Amy Kingsmill als The Mother, Ray Filar als The Daughter, Kurtis Lincoln als The Son
Kamera: Jack Hamilton
Verleih: Salzgeber & Co. Medien GmbH
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