Eine Erklärung für Alles (2024)
Magyarázat mindenre
Ungarisches Drama über einen Schüler, der einen landesweiten Skandal auslöst.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Der Abiturient Ábel (Gáspár Adonyi-Walsh) lebt in Budapest und ist heimlich in seine Mitschülerin Janka (Lilla Kizlinger) verliebt. Das Gefühl beruht nicht auf Gegenseitigkeit, denn Janka hat sich in den Geschichtslehrer Jakab (András Rusznák) verguckt. Als dieser Ábel durch die mündliche Prüfung rasseln lässt, vermutet Ábels Vater, der Architekt György (István Znamenák), dass eine politische Motivation dahinter steckt. Denn Ábel trug während seiner Prüfung ein Ungarn-Abzeichen am Revers.
Die Nachricht über Ábels misslungene Abiturprüfung spricht sich herum und landet schließlich bei der aufstrebenden Journalistin Erika (Rebeka Hatházi), die einen Artikel darüber in einem rechtskonservativen Medium veröffentlicht. Im Anschluss daran wächst sich die Geschichte zu einem landesweiten Skandal aus.
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Filmkritik
"Eine Erklärung für alles": Preisgekrönte Grabenkämpfe
Selbst preisgekrönte Filme haben es hierzulande nicht immer einfach. "Eine Erklärung für alles" des ungarischen Regisseurs Gábor Reisz lief bereits 2023 bei den Filmfestspielen von Venedig, wo das Drama in der Sektion Orizzonti den Hauptpreis gewann. Wenn es nun kurz vor Weihnachten 2024 in die deutschen Kinos kommt, sind bereits die nächsten Filmfestspiele in der Lagunenstadt über die Bühne gegangen. An Aktualität hat Reisz' Blick auf sein gespaltenes Land aber nicht verloren.
Weg vom Lagerdenken
Wie alle Filme, die zu einer anderen Jahreszeit in die Kinos kommen als der, in der die Handlung spielt, muten auch bei diesem Film die ersten Minuten komisch an. Während draußen vor dem Kinosaal Nässe, Kälte und ein grauer Himmel das Bild dominieren, bekommt das Publikum drinnen auf der großen Leinwand einen wunderschönen Budapester Sommer geboten. Hat es sich erst einmal darauf eingelassen, dann versinkt es alsbald in dieser schwül-warmen Atmosphäre voller Lügen, Voreingenommenheit und hitziger Debatten. Und im besten Fall erinnert es sich an die eigene Schul- und Prüfungszeit zurück.
Das von Reisz und seiner ehemaligen Professorin Éva Schulze verfasste Drehbuch ist insofern klug geschrieben, als es sich nicht mit einfachen Antworten auf komplizierte Fragen zufriedengibt. Die Spaltung Ungarns in zwei Lager wird jederzeit offensichtlich und doch ist nicht immer gleich ersichtlich, wer welchem Lager zugehört und weshalb. Nehmen wir beispielhaft die von Gáspár Adonyi-Walsh mit verträumter Unsicherheit verkörperte Hauptfigur Ábel. Der Abiturient ist kein politischer Überzeugungstäter, sondern schlicht ein tumber Tor, ein argloser Jugendlicher an der Schwelle zum Erwachsenenleben, der eine Dummheit begeht, ohne groß darüber nachzudenken (wie das Nachdenken ohnehin nicht seine Stärke zu sein scheint) und der sich im Anschluss daran aus Furcht vor seinem Vater und aus Eifersucht auf seinen Lehrer auf diese Lüge versteift, bevor sie ihm endgültig um die Ohren fliegt. Weshalb sich das Publikum auch mühelos mit diesem im Kern liebenswerten Verlierer identifizieren kann, selbst wenn es politisch im entgegengesetzten Lager steht.
Ausgewogen, aber mit Längen
Rundum gelungen ist dieses im schmalen 1.33:1-Format gedrehte Drama, das keinerlei Förderung vom ungarischen Filmfonds erhielt, dennoch nicht. Der ausgewogenen Betrachtung der aufgeheizten politischen Gemengelage steht viel erzählerischer Leerlauf entgegen. Für die letztlich sehr überschaubare Geschichte, die Reisz hier erzählt, hätte es keiner 128 Minuten bedurft. Und um einen bleibenderen Eindruck von den Grabenkämpfen in der ungarischen Gesellschaft zu vermitteln, wäre zudem mehr Zuspitzung vonnöten gewesen. Mitten im deutschen Winter einem Film voller Sommersonne zuzusehen, mutet schon nach wenigen Minuten nicht mehr komisch an. Das Gefühl, dass hier Potenzial verschenkt wurde und mehr drin gewesen wäre, wird man aber auch nach dem Kinobesuch nicht los.
Fazit: Angesichts der Tatsache, dass der Regisseur Gábor Reisz seinen neuen Film "Eine Erklärung für alles" ohne Fördergeld und in nur 20 Drehtagen realisiert hat, ist ihm ein erstaunlich facettenreiches Gesellschaftsdrama gelungen. Den großen erzählerischen Leerlauf und die mangelnde konsequente Zuspitzung der Ausgangslage kann das aber nicht verbergen.
Selbst preisgekrönte Filme haben es hierzulande nicht immer einfach. "Eine Erklärung für alles" des ungarischen Regisseurs Gábor Reisz lief bereits 2023 bei den Filmfestspielen von Venedig, wo das Drama in der Sektion Orizzonti den Hauptpreis gewann. Wenn es nun kurz vor Weihnachten 2024 in die deutschen Kinos kommt, sind bereits die nächsten Filmfestspiele in der Lagunenstadt über die Bühne gegangen. An Aktualität hat Reisz' Blick auf sein gespaltenes Land aber nicht verloren.
Weg vom Lagerdenken
Wie alle Filme, die zu einer anderen Jahreszeit in die Kinos kommen als der, in der die Handlung spielt, muten auch bei diesem Film die ersten Minuten komisch an. Während draußen vor dem Kinosaal Nässe, Kälte und ein grauer Himmel das Bild dominieren, bekommt das Publikum drinnen auf der großen Leinwand einen wunderschönen Budapester Sommer geboten. Hat es sich erst einmal darauf eingelassen, dann versinkt es alsbald in dieser schwül-warmen Atmosphäre voller Lügen, Voreingenommenheit und hitziger Debatten. Und im besten Fall erinnert es sich an die eigene Schul- und Prüfungszeit zurück.
Das von Reisz und seiner ehemaligen Professorin Éva Schulze verfasste Drehbuch ist insofern klug geschrieben, als es sich nicht mit einfachen Antworten auf komplizierte Fragen zufriedengibt. Die Spaltung Ungarns in zwei Lager wird jederzeit offensichtlich und doch ist nicht immer gleich ersichtlich, wer welchem Lager zugehört und weshalb. Nehmen wir beispielhaft die von Gáspár Adonyi-Walsh mit verträumter Unsicherheit verkörperte Hauptfigur Ábel. Der Abiturient ist kein politischer Überzeugungstäter, sondern schlicht ein tumber Tor, ein argloser Jugendlicher an der Schwelle zum Erwachsenenleben, der eine Dummheit begeht, ohne groß darüber nachzudenken (wie das Nachdenken ohnehin nicht seine Stärke zu sein scheint) und der sich im Anschluss daran aus Furcht vor seinem Vater und aus Eifersucht auf seinen Lehrer auf diese Lüge versteift, bevor sie ihm endgültig um die Ohren fliegt. Weshalb sich das Publikum auch mühelos mit diesem im Kern liebenswerten Verlierer identifizieren kann, selbst wenn es politisch im entgegengesetzten Lager steht.
Ausgewogen, aber mit Längen
Rundum gelungen ist dieses im schmalen 1.33:1-Format gedrehte Drama, das keinerlei Förderung vom ungarischen Filmfonds erhielt, dennoch nicht. Der ausgewogenen Betrachtung der aufgeheizten politischen Gemengelage steht viel erzählerischer Leerlauf entgegen. Für die letztlich sehr überschaubare Geschichte, die Reisz hier erzählt, hätte es keiner 128 Minuten bedurft. Und um einen bleibenderen Eindruck von den Grabenkämpfen in der ungarischen Gesellschaft zu vermitteln, wäre zudem mehr Zuspitzung vonnöten gewesen. Mitten im deutschen Winter einem Film voller Sommersonne zuzusehen, mutet schon nach wenigen Minuten nicht mehr komisch an. Das Gefühl, dass hier Potenzial verschenkt wurde und mehr drin gewesen wäre, wird man aber auch nach dem Kinobesuch nicht los.
Fazit: Angesichts der Tatsache, dass der Regisseur Gábor Reisz seinen neuen Film "Eine Erklärung für alles" ohne Fördergeld und in nur 20 Drehtagen realisiert hat, ist ihm ein erstaunlich facettenreiches Gesellschaftsdrama gelungen. Den großen erzählerischen Leerlauf und die mangelnde konsequente Zuspitzung der Ausgangslage kann das aber nicht verbergen.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Eine Erklärung für Alles"
Land: Ungarn, SlowakeiWeitere Titel: Explanation for Everything
Jahr: 2024
Genre: Drama
Originaltitel: Magyarázat mindenre
Länge: 128 Minuten
Kinostart: 19.12.2024
Regie: Gábor Reisz
Darsteller: Gáspár Adonyi-Walsh, István Znamenák, András Rusznák, Rebeka Hatházi, Krisztina Urbanovits
Kamera: Kristóf Becsey
Verleih: Grandfilm