Martin liest den Koran (2024)
Martin Reads the Quran
Deutsches Drama von Regisseur Jurijs Saule: Ulrich Tukur und Zejhun Demirov liefern sich als Islamwissenschaftler und als ein am Islam Interessierter ein Wortgefecht.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 15 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Der 35-jährige Familienvater Martin (Zejhun Demirov) hat iranische Wurzeln, hatte mit dem Islam bis vor Kurzem aber nichts am Hut. Seit nunmehr einem Jahr studiert er die Religion, wovon seine Frau Aliyah (Sarah Sandeh) nichts weiß. Am Geburtstag seiner Tochter fasst Martin einen radikalen Entschluss. Statt nach Hause zur Geburtstagsfeier zu fahren, fährt er zur Universität, um den Islamwissenschaftler Prof. Dr. Neuweiser (Ulrich Tukur) zu konfrontieren.
Einer von Neuweisers Studenten hatte sich vor einem Jahr in einer U-Bahn in die Luft gesprengt. Am Gedenktag des Terroranschlags hat nun Martin irgendwo in der Stadt eine Bombe gelegt, deren Explosion es in die Abendnachrichten schaffen wird. Doch Martin ist unsicher, ob diese Tat von seinem Glauben gedeckt wird. Befürwortet der Koran Gewalt oder lehnt er sie ab? Darüber will Martin mit dem Wissenschaftler diskutieren.
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Filmkritik
"Martin liest den Koran": Radikales Kammerspiel
"Martin liest den Koran" ist das Langfilmdebüt des Regisseurs Jurijs Saule und ein gewagtes Unterfangen. Das Kinopublikum geistig wie formal fordernd, legt der Debütant ein Kammerspiel vor, das Glaubensfragen diskutiert und keine bequemen Antworten gibt.
Das Drama wird von Ulrich Tukur, Zejhun Demirov und einem ästhetisch anspruchsvollen Konzept, das allerdings nicht allen gefallen dürfte, getragen. Die einnehmenden Leistungen der zwei Hauptdarsteller täuschen über manche erzählerische Schwäche hinweg.
Entfesselte Kamera und unnötige Längen
Der größte Schwachpunkt ist die Länge von 106 Minuten, denn im Grunde ist die Handlung schon viel früher auserzählt. Dass der von Tukur gespielte Professor und der von Demirov verkörperte Familienvater Martin, der mit einem Terroranschlag liebäugelt, ihre bereits beendete Diskussion mehrfach wieder aufgreifen, mutet so an, als hätte die Handlung auf Biegen und Brechen auf Spielfilmlänge gebracht werden müssen. Thematik und Setting wären für einen mittellangen Film besser geeignet gewesen.
Ein zweiter Punkt, der von vielen als Schwäche empfunden werden könnte, ist die Kameraarbeit von Arsenij Gusev. Dass Gusev sein Gerät beherrscht, steht außer Frage. Seine Kamera macht sich jedoch den gesamten Film über selbstständig und vollführt dabei die absurdesten Manöver. Welche Perspektive sie dabei einnimmt – ist es die von Martins Tochter, die im Geiste bei ihm ist, die möglicher alternativer Handlungsverläufe oder gar die Allahs? –, bleibt offen. Die dadurch beabsichtigte Irritation tritt zweifelsfrei ein. Dieses formale Stilmittel könnte aber ebenso gut als reine Spielerei abgetan werden.
Kritische Fragen und unbequeme Antworten
Was an diesem Debüt indessen vollends überzeugt, ist sein Inhalt. "Martin liest den Koran" stellt kritische Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt, fördert den Diskurs und regt zum Nachdenken an. Und nicht zuletzt überrascht der Film durch eine finale Wendung, die sich zwar andeutet, aber garantiert nicht von allen im Kinopublikum vorhergesehen werden wird. Dass es dafür für Jurijs Saule und seinen Co-Autor Michail Lurje 2022 die Goldene Lola für das beste unverfilmte Drehbuch gegeben hat, überrascht somit nicht.
Fazit: Das Langfilmdebüt des Regisseurs Jurijs Saule ist ein gewagtes Unterfangen, das nicht in allen Punkten aufgeht, aber garantiert zum Nachdenken anregt.
"Martin liest den Koran" ist das Langfilmdebüt des Regisseurs Jurijs Saule und ein gewagtes Unterfangen. Das Kinopublikum geistig wie formal fordernd, legt der Debütant ein Kammerspiel vor, das Glaubensfragen diskutiert und keine bequemen Antworten gibt.
Das Drama wird von Ulrich Tukur, Zejhun Demirov und einem ästhetisch anspruchsvollen Konzept, das allerdings nicht allen gefallen dürfte, getragen. Die einnehmenden Leistungen der zwei Hauptdarsteller täuschen über manche erzählerische Schwäche hinweg.
Entfesselte Kamera und unnötige Längen
Der größte Schwachpunkt ist die Länge von 106 Minuten, denn im Grunde ist die Handlung schon viel früher auserzählt. Dass der von Tukur gespielte Professor und der von Demirov verkörperte Familienvater Martin, der mit einem Terroranschlag liebäugelt, ihre bereits beendete Diskussion mehrfach wieder aufgreifen, mutet so an, als hätte die Handlung auf Biegen und Brechen auf Spielfilmlänge gebracht werden müssen. Thematik und Setting wären für einen mittellangen Film besser geeignet gewesen.
Ein zweiter Punkt, der von vielen als Schwäche empfunden werden könnte, ist die Kameraarbeit von Arsenij Gusev. Dass Gusev sein Gerät beherrscht, steht außer Frage. Seine Kamera macht sich jedoch den gesamten Film über selbstständig und vollführt dabei die absurdesten Manöver. Welche Perspektive sie dabei einnimmt – ist es die von Martins Tochter, die im Geiste bei ihm ist, die möglicher alternativer Handlungsverläufe oder gar die Allahs? –, bleibt offen. Die dadurch beabsichtigte Irritation tritt zweifelsfrei ein. Dieses formale Stilmittel könnte aber ebenso gut als reine Spielerei abgetan werden.
Kritische Fragen und unbequeme Antworten
Was an diesem Debüt indessen vollends überzeugt, ist sein Inhalt. "Martin liest den Koran" stellt kritische Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt, fördert den Diskurs und regt zum Nachdenken an. Und nicht zuletzt überrascht der Film durch eine finale Wendung, die sich zwar andeutet, aber garantiert nicht von allen im Kinopublikum vorhergesehen werden wird. Dass es dafür für Jurijs Saule und seinen Co-Autor Michail Lurje 2022 die Goldene Lola für das beste unverfilmte Drehbuch gegeben hat, überrascht somit nicht.
Fazit: Das Langfilmdebüt des Regisseurs Jurijs Saule ist ein gewagtes Unterfangen, das nicht in allen Punkten aufgeht, aber garantiert zum Nachdenken anregt.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Martin liest den Koran"
Land: DeutschlandJahr: 2024
Genre: Thriller, Drama
Originaltitel: Martin Reads the Quran
Länge: 106 Minuten
FSK: 16
Kinostart: 07.11.2024
Regie: Jurijs Saule
Darsteller: Ulrich Tukur als Professor, Zejhun Demirov als Martin, Sarah Sandeh als Aliyah, Ben Akkaya als Süleyman, Tanju Bilir als Tanju
Kamera: Arsenij Gusev
Verleih: UCM.One