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FBW-Bewertung: Das Meer ist der Himmel (2024)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: Immer wieder wird Albanien als Urlaubsgeheimtipp gehandelt, und das seit vielen Jahren schon. Enkelejd Llucas DAS MEER IST DER HIMMEL hat das Zeug, mit seinen tollen Landschaftsaufnahmen dieses Bild zu unterstreichen, aber sein Film weiß von noch vielem mehr zu berichten, als nur von einer uns eher unbekannten Landschaft. Der Film blickt in die albanische Geschichte und das heutige Mit- und auch Gegeneinander innerhalb des Landes.

Protagonist Leon meint mit seiner albanischen Herkunft längst abgeschlossen zu haben. Mit miesen Tricks sorgt er in Frankfurt dafür, dass Grundstückspreise sinken, sodass sie für wenig Geld den Besitzer wechseln können. Nicht verwunderlich also, dass er, als er erfährt, dass in Albanien sein Großvater Elias verstorben ist, eigentlich nicht zur Trauerfeier möchte. Als sein Onkel Druck ausübt, willigt er schließlich ein, ihn zumindest für die Testamentseröffnung nach Albanien zu begleiten. Aber aus einem Zweitagesaufenthalt wird ein Trip quer durchs Land, mitten ins Herz seiner Kindheit.

Unrasierte Männer, die fürs leichte Geld alle Moral abzulegen scheinen. Ziemlich unvermittelt konfrontiert DAS MEER IST DER HIMMEL in seiner Eingangssequenz mit Stereotypen der albanischen Mafia. Leon scheint einer von ihnen zu sein. Verschlossen und unnahbar, so gibt er sich auch, als er vom Tod seines Großvaters hört. Tatsächlich fühlten sich einige Juroren von der Darstellung des Leon kaum berührt, gibt sie doch allzu wenig von dessen Charakter preis. Lange diskutierte die Jury, ob dies tatsächlich zum Charakter gehört oder in der Darstellung begründet liegt. Allerdings zeigt sich Schauspieler Blerim Destani in diesem Punkt äußerst verlässlich. Regisseur Lluca zeichnet seinen Protagonisten als einen Einzelgänger mit Vergangenheit. Weder in Momenten des inneren Aufruhrs noch in Augenblicken echter Nähe will er seine Gefühle zu erkennen geben. Wenig schauspielerische Variationsmöglichkeiten meint die Jury auch in der Figur der Journalistin Zoë zu erkennen. Anders aber als Leon scheint die Frau, die ihn begleitet, das Herz sprichwörtlich auf der Zunge zu tragen. Darstellerin Ariana Gansuh bleibt als Zoë leider nur eine retardierende Randerscheinung.

Tempo kann jeder, für langsam braucht es Mut. Und den beweist Regisseur Lluca mit DAS MEER IST DER HIMMEL. Protagonist Leon mäandert durch das Land seiner Kindheit und gewährt dem Publikum ganz nebenbei schöne Bilder eines touristisch nach wie vor unentdeckten Landes. Gegen aufkommende Langeweile sieht das Drehbuch kleine Intermezzi vor, kurze Begegnungen mit Albanern in wahrlich außergewöhnlichen Lebensumständen. Amüsante Episoden, die auch Einblicke in das soziale Leben, abseits der Hauptstadt, gewähren.
So kurzweilig und dramaturgisch klug platziert diese Episoden sind, so klassisch konventionell erscheinen der Jury Kamera und Montage während des Roadtrips. Das Muster lässt sich schnell durchschauen: auf den ?extreme long shot? einer Berganfahrt folgt ein Drohnenflug über die Landschaft, gefolgt vom ?extreme long shot? einer langsamen Abfahrt, usw.

Die Spannung steigt dann wieder zum Schluss. Enkelejd Lluca hat darin nicht nur die Auflösung des Rätsels um die Herkunft seines Protagonisten verpackt, sondern auch ein beinahe historisch zu nennendes Leid einiger, vieler albanischer Familien nach dem Sturz der Diktatur. Dieses Ende berührt ? so wie der gesamte Film.

Nach einer ausgiebigen Diskussion kommt die Jury überein, dem Film das Prädikat WERTVOLL zu verleihen.



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