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The Assessment (2024)
Prominent besetzter Science-Fiction-Thriller von Regisseurin Fleur Fortuné über eine Zukunft, in der der Fortbestand der Menschheit fein säuberlich geregelt ist.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 3 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Irgendwann in der Zukunft: Mia (Elizabeth Olsen) und Aaryan (Himesh Patel) leben ein abgeschiedenes und angesichts der desolaten Weltlage durchaus komfortables Leben in einem großen Haus am Meer. Sie arbeitet in ihrem Gewächshaus an neuen Lebensmitteln, er in seinem hauseigenen Labor an der Verbesserung einer KI, die Haustiere simuliert. Durch ein gemeinsames Kind soll beider Alltag noch ein wenig glücklicher werden. Doch über ihren Kinderwunsch können Mia und Aaryan nicht selbst bestimmen.
Eines Tages steht Virginia (Alicia Vikander) vor der Tür. Um zu entscheiden, ob das Paar dafür infrage kommt, ein Kind großzuziehen, nimmt die Gutachterin eine Beurteilung vor – und quartiert sich hierfür für sieben Tage bei Mia und Aaryan ein. Im Verlauf der nächsten Woche nehmen Virginias Prüfungen immer absurdere und grenzüberschreitendere Züge an und stellen das Paar auf eine Bewährungsprobe.
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Filmkritik
"The Assessment": Schräge neue Welt
Gelungene Science-Fiction steht und fällt mit mehr als nur der erzählten Geschichte. Dem Weltentwurf und dessen Glaubwürdigkeit kommt eine entscheidende Rolle zu. Denn nichts altert so schnell wie Vorstellungen von der Zukunft. Ein Sci-Fi-Film, der zum Zeitpunkt seiner Entstehung visionär erscheint, wird im schlimmsten Fall schon wenige Jahre später von der Wirklichkeit überholt. Im Idealfall aber ruft er bei der Rezeption selbst Jahrzehnte nach seiner Erstveröffentlichung noch jene suspension of disbelief, also die willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit hervor, die gerade bei diesem Genre so essenziell ist.
Die Chancen stehen gut, dass "The Assessment" die Zeit überdauern wird. Denn dessen Regisseurin Fleur Fortuné, die sich mit visuell beeindruckenden Musikvideos einen Namen machte, setzt sowohl bei der Story als auch beim Look ihres Langfilmdebüts auf Zeitlosigkeit.
Schroffe Seelenlandschaft
Wann die Geschichte spielt, wird an keiner Stelle erwähnt. Und auf den ersten Blick könnte das abgeschiedene, in seiner isolierten Zweisamkeit aber durchaus idyllische Leben des Paars Mia und Aaryan in einer nicht allzu fernen Zukunft angesiedelt sein. Die verwendete Technik scheint nicht weit von unserer gegenwärtigen entfernt und das geräumige Haus ist spartanisch und in einem Stil eingerichtet, der Anspielungen auf die Kunstgeschichte mit einer klassisch modernen Linie verbindet. Aus einem Tischgespräch, als die Handlung bereits weit vorangeschritten ist, lässt sich jedoch schließen, dass diese Welt gleich mehrere Generationen in der Zukunft liegt und das Ergebnis einer verheerenden Klimakatastrophe ist.
Mit dieser Information vermag das Drehbuch des Trios Mrs. & Mr. Thomas (d. s. Nell Garfath Cox und Dave Thomas) und John Donnelly selbst zu diesem späten Zeitpunkt im Film noch zu überraschen. Denn spätesten jetzt wird offensichtlich, dass die schroffe Felslandschaft, die die Seelenlandschaft der Figuren spiegelt und über der Mias und Aaryans Haus wie eine modernistische Festung thront, nicht etwa irgendwo in Südeuropa liegt (gedreht wurde auf Teneriffa), sondern viel weiter im Norden, höchstwahrscheinlich in Großbritannien, das inzwischen beinahe unbewohnbar geworden ist. Als Schlüsselszene fördert das Tischgespräch aber auch noch ganz andere Geheimnisse zutage, die der Handlung und Mias und Aaryans Beziehung eine entscheidende Wendung verpassen.
Zeitloses Thema erfrischend anders dargeboten
"The Assessment" ist nicht nur ein clever geschriebener und unheimlich stilvoll in Szene gesetzter, sondern vor allem ein brillant gespielter Film. Das im Film verhandelte Thema der streng reglementierten Fortpflanzung ist zwar kein neues, kam beispielsweise in "Die Erde stirbt – Geburten verboten" (1972) und "Gattaca" (1997) vor. Angesichts einer stetig wachsenden Weltbevölkerung und konträrer Position, ob wir deshalb weniger oder mehr Kinder in die Welt setzen sollten, ist das Thema jedoch ein brandaktuelles. Und die Art und Weise, wie die bis zuletzt unsichtbar bleibende Obrigkeit im Film darüber entscheidet, wer ein Kind bekommen darf und wer nicht, verfolgt einen erfrischend anderen Ansatz.
Statt einer gesichtslosen Behörde oder gar einer Künstlichen Intelligenz entscheidet ein Mensch aus Fleisch und Blut über das Schicksal der potenziellen Eltern. Verblüffend hinzu kommt, dass diese Beurteilung, die dem Film den Namen gibt, nicht an einem neutralen Ort, sondern inmitten des Zuhauses durchgeführt wird, in das sich die Gutachterin zudem für sieben Tage einquartiert. Der Störfaktor dringt also keineswegs gewaltsam in Mias und Aaryans Festung der Einsamkeit ein, sondern wird freiwillig eingelassen. Nur, um im Anschluss daran Grenzen zu überschreiten, was das Paar schließlich an die eigene Belastungsgrenze bringt. Eine fabelhafte Ausgangsidee, die zum einen die Schwierigkeiten beim Kinderkriegen ad absurdum führt und es Fleur Fortuné zudem ermöglicht, einen kammerspielartigen Beziehungsthriller zu inszenieren, der zuvörderst auf das Können seines Schauspieltrios setzt.
Trio Infernal
Wen die Ausgangslage an einen anderen Science-Fiction-Film mit Alicia Vikander erinnert, der liegt nicht ganz falsch. Schon Alex Garlands "Ex Machina" (2014) war ein psychologisches Kammerspiel dreier Figuren an einem abgeschiedenen, futuristischen Ort. Und obwohl Vikander darin einen Androiden spielte, lassen sich durchaus Parallelen zu ihrer Rolle in "The Assessment" ausmachen, so gefühlskalt und berechnend agiert ihre Gutachterin mit dem sprechenden Namen Virginia. Wie Vikander ihr Spiel variiert und unvermittelt von der rationalen Erwachsenen zum vorgegaukelten trotzigen Kind wechselt, ist phänomenal. Elizabeth Olsen und Himesh Patel sind indessen nicht minder sehenswert, so glaubwürdig geben sie ihr grundverschiedenes Paar – sie naturverbunden, er ganz Kopfmensch, was sich bereits in ihren Arbeitssphären spiegelt –, das zwar noch nicht vollkommen in Routinen erstarrt ist, die Risse in ihrer Beziehung aber mit dem falschen Kleister zu kitten versucht.
Im Zusammenspiel liefern sich diese Drei ein infernalisches Triell, dem man höchstens ein abrupteres und dadurch konsequenteres und besseres Ende gewünscht hätte. Stattdessen entscheidet sich Fortuné dafür, das Schicksal aller drei Figuren zu Ende zu erzählen, was die Begeisterung für einen in allen Belangen außergewöhnlichen Film aber nur minimal trübt.
Fazit: Die visionäre Musikvideo-Regisseurin Fleur Fortuné hat ihren ersten abendfüllenden Spielfilm realisiert – und auch der kann sich sehen lassen. "The Assessment" ist ein cleverer und stilvoller Science-Fiction-Thriller, der zwischen absurder Komik und perfider Tragik changiert. Ein Kinoerlebnis, das einem noch lange im Gedächtnis bleiben wird: schön, schräg und schön schräg!
Gelungene Science-Fiction steht und fällt mit mehr als nur der erzählten Geschichte. Dem Weltentwurf und dessen Glaubwürdigkeit kommt eine entscheidende Rolle zu. Denn nichts altert so schnell wie Vorstellungen von der Zukunft. Ein Sci-Fi-Film, der zum Zeitpunkt seiner Entstehung visionär erscheint, wird im schlimmsten Fall schon wenige Jahre später von der Wirklichkeit überholt. Im Idealfall aber ruft er bei der Rezeption selbst Jahrzehnte nach seiner Erstveröffentlichung noch jene suspension of disbelief, also die willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit hervor, die gerade bei diesem Genre so essenziell ist.
Die Chancen stehen gut, dass "The Assessment" die Zeit überdauern wird. Denn dessen Regisseurin Fleur Fortuné, die sich mit visuell beeindruckenden Musikvideos einen Namen machte, setzt sowohl bei der Story als auch beim Look ihres Langfilmdebüts auf Zeitlosigkeit.
Schroffe Seelenlandschaft
Wann die Geschichte spielt, wird an keiner Stelle erwähnt. Und auf den ersten Blick könnte das abgeschiedene, in seiner isolierten Zweisamkeit aber durchaus idyllische Leben des Paars Mia und Aaryan in einer nicht allzu fernen Zukunft angesiedelt sein. Die verwendete Technik scheint nicht weit von unserer gegenwärtigen entfernt und das geräumige Haus ist spartanisch und in einem Stil eingerichtet, der Anspielungen auf die Kunstgeschichte mit einer klassisch modernen Linie verbindet. Aus einem Tischgespräch, als die Handlung bereits weit vorangeschritten ist, lässt sich jedoch schließen, dass diese Welt gleich mehrere Generationen in der Zukunft liegt und das Ergebnis einer verheerenden Klimakatastrophe ist.
Mit dieser Information vermag das Drehbuch des Trios Mrs. & Mr. Thomas (d. s. Nell Garfath Cox und Dave Thomas) und John Donnelly selbst zu diesem späten Zeitpunkt im Film noch zu überraschen. Denn spätesten jetzt wird offensichtlich, dass die schroffe Felslandschaft, die die Seelenlandschaft der Figuren spiegelt und über der Mias und Aaryans Haus wie eine modernistische Festung thront, nicht etwa irgendwo in Südeuropa liegt (gedreht wurde auf Teneriffa), sondern viel weiter im Norden, höchstwahrscheinlich in Großbritannien, das inzwischen beinahe unbewohnbar geworden ist. Als Schlüsselszene fördert das Tischgespräch aber auch noch ganz andere Geheimnisse zutage, die der Handlung und Mias und Aaryans Beziehung eine entscheidende Wendung verpassen.
Zeitloses Thema erfrischend anders dargeboten
"The Assessment" ist nicht nur ein clever geschriebener und unheimlich stilvoll in Szene gesetzter, sondern vor allem ein brillant gespielter Film. Das im Film verhandelte Thema der streng reglementierten Fortpflanzung ist zwar kein neues, kam beispielsweise in "Die Erde stirbt – Geburten verboten" (1972) und "Gattaca" (1997) vor. Angesichts einer stetig wachsenden Weltbevölkerung und konträrer Position, ob wir deshalb weniger oder mehr Kinder in die Welt setzen sollten, ist das Thema jedoch ein brandaktuelles. Und die Art und Weise, wie die bis zuletzt unsichtbar bleibende Obrigkeit im Film darüber entscheidet, wer ein Kind bekommen darf und wer nicht, verfolgt einen erfrischend anderen Ansatz.
Statt einer gesichtslosen Behörde oder gar einer Künstlichen Intelligenz entscheidet ein Mensch aus Fleisch und Blut über das Schicksal der potenziellen Eltern. Verblüffend hinzu kommt, dass diese Beurteilung, die dem Film den Namen gibt, nicht an einem neutralen Ort, sondern inmitten des Zuhauses durchgeführt wird, in das sich die Gutachterin zudem für sieben Tage einquartiert. Der Störfaktor dringt also keineswegs gewaltsam in Mias und Aaryans Festung der Einsamkeit ein, sondern wird freiwillig eingelassen. Nur, um im Anschluss daran Grenzen zu überschreiten, was das Paar schließlich an die eigene Belastungsgrenze bringt. Eine fabelhafte Ausgangsidee, die zum einen die Schwierigkeiten beim Kinderkriegen ad absurdum führt und es Fleur Fortuné zudem ermöglicht, einen kammerspielartigen Beziehungsthriller zu inszenieren, der zuvörderst auf das Können seines Schauspieltrios setzt.
Trio Infernal
Wen die Ausgangslage an einen anderen Science-Fiction-Film mit Alicia Vikander erinnert, der liegt nicht ganz falsch. Schon Alex Garlands "Ex Machina" (2014) war ein psychologisches Kammerspiel dreier Figuren an einem abgeschiedenen, futuristischen Ort. Und obwohl Vikander darin einen Androiden spielte, lassen sich durchaus Parallelen zu ihrer Rolle in "The Assessment" ausmachen, so gefühlskalt und berechnend agiert ihre Gutachterin mit dem sprechenden Namen Virginia. Wie Vikander ihr Spiel variiert und unvermittelt von der rationalen Erwachsenen zum vorgegaukelten trotzigen Kind wechselt, ist phänomenal. Elizabeth Olsen und Himesh Patel sind indessen nicht minder sehenswert, so glaubwürdig geben sie ihr grundverschiedenes Paar – sie naturverbunden, er ganz Kopfmensch, was sich bereits in ihren Arbeitssphären spiegelt –, das zwar noch nicht vollkommen in Routinen erstarrt ist, die Risse in ihrer Beziehung aber mit dem falschen Kleister zu kitten versucht.
Im Zusammenspiel liefern sich diese Drei ein infernalisches Triell, dem man höchstens ein abrupteres und dadurch konsequenteres und besseres Ende gewünscht hätte. Stattdessen entscheidet sich Fortuné dafür, das Schicksal aller drei Figuren zu Ende zu erzählen, was die Begeisterung für einen in allen Belangen außergewöhnlichen Film aber nur minimal trübt.
Fazit: Die visionäre Musikvideo-Regisseurin Fleur Fortuné hat ihren ersten abendfüllenden Spielfilm realisiert – und auch der kann sich sehen lassen. "The Assessment" ist ein cleverer und stilvoller Science-Fiction-Thriller, der zwischen absurder Komik und perfider Tragik changiert. Ein Kinoerlebnis, das einem noch lange im Gedächtnis bleiben wird: schön, schräg und schön schräg!
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "The Assessment"
Land: Deutschland, Großbritannien, USAJahr: 2024
Genre: Thriller, Science Fiction
Länge: 114 Minuten
Kinostart: 03.04.2025
Regie: Fleur Fortune
Darsteller: Elizabeth Olsen als Mia, Alicia Vikander als Virginia, Himesh Patel als Aaryan, Minnie Driver als Evie, Charlotte Ritchie als Serena
Kamera: Magnus Nordenhof Jønck
Verleih: Capelight Pictures
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