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Johatsu - Die sich in Luft auflösen (2024)

Johatsu

Doku über ein (sehr) japanisches Phänomen: Unter dem Druck der Gesellschaft oder auf der Flucht vor ihrem Leben "verschwinden" pro Jahr 100.000 Menschen, spezielle "Umzugsunternehmen" helfen ihnen dabei.Kritiker-Film-Bewertung: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 3 / 5
User-Film-Bewertung [?]: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 4.0 / 5

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In Japan verschwinden jedes Jahr zigtausende Menschen. Sie lassen ihr altes Leben hinter sich, brechen den Kontakt zu ihrer Familie ab, reißen alle Brücken ein, um einen Neustart zu wagen. Was für uns schwer vorstellbar klingt, ist in Japan kein Randphänomen, sogar einen eigenen Begriff gibt es dafür: Johatsu - die "Verdunsteten". Und es ist ein lukrativer Geschäftszweig, denn die sich im Nichts Auflösenden brauchen Hilfe bei der Planung und Durchführung ihres Exodus. So haben sich eigene "Night Moving Companies" etabliert, die gegen Geld ihren Klienten dabei helfen, ihre Sachen zu packen, den Wohnort zu verlassen, sie versorgen sie aber auch mit neuen Wohnungen, Jobs und moralischem Support.

Der Film begleitet eine dieser Umzugsfirmen bei ihrem Arbeitsalltag. Und porträtiert dabei viele Klienten, die aus ganz unterschiedlichen Gründen ihr altes Leben hinter sich lassen wollten. Oder mussten.

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Jährlich wird die Zahl der "Verschwundenen" in Japan auf 100.000 geschätzt. Bei einer (erwachsenen) Bevölkerung von gut 100 Millionen wäre das etwa ein Promille - und wirkt auf den ersten Blick nicht so viel. Bedenkt man aber, dass viele der "Johatsu", wie sie genannt werden, Jahre oder Jahrzehnte "verschwunden" bleiben, in ihrem neuen, oft geheimen Leben, und eben jährlich neue dazukommen, ergibt das einen recht beachtlichen Wert, der sich wohl in der Nähe von 1 % der Bevölkerung befindet. Der "im Verborgenen" lebt.

Warum machen die Japaner das? Die Doku "Johatsu" von Arata Mori und Andreas Hartman macht es sich zur Aufgabe, das zu ergründen. Die Filmemacher folgen dazu einem der "Nachtumzugsunternehmen" und ihrer Besitzerin Saita bei ihrem Arbeitsalltag - und interviewen die Klienten zu den Gründen ihrer Flucht aus ihrem Leben. Diese Firmen heißen übrigens nicht nur so, die "Extraktionen" finden tatsächlich oft bei Nacht und Nebel statt, immerhin soll das alte Umfeld der Flüchtenden davon nichts mitkriegen. In den 90ern zur Zeit der japanischen Wirtschaftskrise kamen diese Unternehmen erstmals auf, so auch jenes von Saita. Ihre Tätigkeit ist in Japan legal, wobei manche Aktivitäten in rechtlichen Grauzonen stattfinden.

Die Beweggründe hinter diesem Phänomen sind vielfältig, wie "Johatsu" illustriert: Bei manchen sind es toxische Beziehungen, wie bei einem jungen Mann, der von seiner (Ex-)Freundin eingesperrt wurde und sich nun nicht anders zu helfen weiß als zu verschwinden. Bei anderen sind es Schulden, familiäre Probleme oder kriminelle Verstrickungen, auch die Mafia spielt manchmal eine Rolle.

Ein relevanter Faktor, der sehr japanisch ist, ist aber auch der massive gesellschaftliche Druck, den viele in der Gesellschaft spüren, die Misserfolg und Scheitern verurteilt. Ein Mann spricht davon, dass er sich erst umbringen hätte wollen - in Japan auch kein Randphänomen, das oft ebenso mit dem enormen Erfolgsdruck in Verbindung gebracht wird. Dann entschied er sich aber für den "sozialen Suizid", denn nichts anders ist das "Verdunsten" im Nichts.

"Johatsu" dokumentiert diese seltsame, schräge, aber mit Blick auf die kulturellen Bedingungen auch wieder nachvollziehe Praxis, die an und für sich schon faszinierend ist. Dem Film gelingt es aber kaum, wirklich für "Spannung" zu sorgen oder das Potential, das das Sujet zweifelsfrei hat, auszuschöpfen. Auf technischer Ebene ist die Gestaltung ebenso nur mittelmäßig, positiv hervorzuheben ist das Sounddesign, das immer wieder mit Trommelklängen arbeitet, um eine "unheilvolle" Atmosphäre zu schaffen, was teilweise auch glückt.

Fazit: Insgesamt ist "Johatsu" angesichts des spannenden Themas aber eine kleine Enttäuschung. Einerseits ist es toll, dass das Regieduo dieses Phänomen mit der Kamera einfangen konnte, um es auch einem westlichen Publikum zu vermitteln. Andererseits ist die Art und Weise, wie das gemacht wurde, doch sehr ausbaufähig.




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Besetzung & Crew von "Johatsu - Die sich in Luft auflösen"

Land: Japan, Deutschland
Weitere Titel: Johatsu: Into Thin Air
Jahr: 2024
Genre: Dokumentation
Originaltitel: Johatsu
Länge: 87 Minuten
Kinostart: 14.11.2024
Regie: Andreas Hartmann
Kamera: Andreas Hartmann
Verleih: Real Fiction

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