FBW-Bewertung: Pfau - Bin ich echt? (2024)
Prädikat besonders wertvoll
Jurybegründung: Matthias ist ein Mann, der virtuos repräsentative bürgerliche Existenzen simulieren kann. Ob als ein eloquenter und gebildeter Begleiter bei einem Kultur-Event, ein dankbarer Sohn bei einem Ehrentag, ein Vater mit einem interessanten Beruf bei einem Besuchstag in der Schule oder ein Ersatz-Ehemann, bei dem eine Frau das Streiten üben kann - Matthias spielt diese Rollen perfekt und bietet damit eine Dienstleistung, die die Agentur ?My Companion? mit großem Erfolg anbietet. Doch welche Farbe hat ein Chamäleon wirklich? Gibt es hinter all diesen Rollen einen ?echten? Matthias, oder ist er ein Mann ohne Eigenschaften? Immerhin kann er sich selber noch genau diese Frage stellen, nachdem seine Lebensgefährtin ihn verlässt, weil er auch für sie eine große Leerstelle ist. Dadurch wird Matthias in eine Identitätskrise gestürzt, die Bernhard Wenger in seinem ersten Langfilm mit einem lakonischen, oft sehr schwarzen und absurden Humor durchspielt.Auf einer Ebene gelingt ihm dabei eine sehr komische ?comedy of manners?, also eine Komödie, die die Dekadenz und Scheinheiligkeit der ?feinen? Gesellschaft aufs Korn nimmt. Sein Film spielt in einer sterilen, durchstilisierten Welt, die die Oberflächlichkeit und Leere ihre Bewohner perfekt spiegelt. Dass ausgerechnet der ?unechte? Matthias, dessen simuliertem Leben man am Anfang des Films mit einer Mischung aus Fremdschämen und Faszination folgt, sich zu dem lebendigsten und verletzlichsten Menschen des Films entwickelt, ist die schönste Finte des Films. Sie konnte Bernhard Wenger nur gelingen, weil er mit Albrecht Schuh einen Hauptdarsteller gefunden hat, der mit kleinen Gesten, Blicken und immer wieder durch ein mit präzisen Timing gesetzten Zögern das Unwohlsein und die zunehmende Verzweiflung des Protagonisten spürbar werden lässt. Und dass die Szenen, in denen dies deutlich wird, auch die komischen Höhepunkte des Films sind, zeigt, dass Wenger hier in der besten Tradition des österreichischen Kinos seine schönsten Lacher da findet, wo es weh tut.
Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)