oder

Ellbogen (2024)

Die Regisseurin Asli Özarslan hat den gleichnamigen Roman von Fatma Aydemir verfilmt. Ihr Drama handelt von einer Deutsch-Türkin, die von Berlin nach Istanbul flieht.Kritiker-Film-Bewertung: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 3 / 5
User-Film-Bewertung [?]: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 3.0 / 5

Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 2 Besucher eine Bewertung abgegeben.


Die 17-jährige Berlinerin Hazal (Melia Kara) will mehr vom Leben. Doch weder in der Gesellschaft noch in ihrer Familie gehört sie richtig dazu. Der Berufsvorbereitungskurs, in dem sie gerade lustlos feststeckt, scheint eine Sackgasse. Ginge es nach ihrer bestimmenden Mutter Sultan (Jale Arikan), dann finge ihre Tochter für einen Hungerlohn im Friseursalon einer Nachbarin an. Einzig ihre coole Tante Semra (Mina Özlem Sağdiç) bringt Verständnis für Hazal auf. Und dann sind da noch ihre besten Freundinnen, mit denen es die beinahe Erwachsene zu ihrem 18. Geburtstag richtig krachen lassen will.

Wie Hazals Familie haben auch die von Elma (Jamilah Bagdach), Gül (Asya Utku) und Ebru (Nurgül Ayduran) Wurzeln im Ausland und werden tagtäglich mit denselben Vorurteilen konfrontiert. Als sie an Hazals Geburtstag von den Türstehern eines Nachtclubs abgewiesen werden, entlädt sich die angestaute Wut auf dem Nachhauseweg in einer Gewalttat. Überstürzt flieht Hazal am nächsten Tag zu ihrer Internetbekanntschaft Mehmet (Doğa Gürer) nach Istanbul. Doch im Heimatland ihrer Eltern ist die Welt auch nicht rosiger. Zudem schüren Mehmets Mitbewohner Halil (Haydar Şahin) und dessen Freundin Gözde (Sultan Elif Tas) in Hazal den Verdacht, dass ihre Wuzeln womöglich gar nicht türkisch, sondern kurdisch sind.

Bildergalerie zum Film "Ellbogen"

EllbogenEllbogenEllbogenEllbogenEllbogenEllbogen

Hier streamen


Filmkritikunterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse3 / 5

"Ellbogen": Wie ein Schlag ins Gesicht?

Es war das Buchcover von Fatma Aydemirs Debütroman "Ellbogen" (2017), das die Filmemacherin Asli Özarslan ("Dil Leyla") anzog. Darauf zu sehen ist eine junge Frau, die den Betrachtern selbstbewusst entgegenblickt. Und genau damit, einem direkten, das Kinopublikum herausfordernden Blick ihrer Protagonistin in die Kamera, lässt Özarslan ihre Adaption von Aydemirs Vorlage enden. Zu diesem Zeitpunkt liegen flotte 86 Filmminuten hinter der Hauptfigur Hazal, während derer ihr Leben einmal komplett auf den Kopf gestellt wurde – und sich diese vom Leben so häufig geohrfeigte Frau dazu entschlossen hat, nicht länger die andere Wange hinzuhalten, sondern zurückzuschlagen.

Die Vorlage in ihrem Kern

Bei jeder Romanverfilmung geht etwas verloren. Im Fall von "Ellbogen" ist das ganz schön viel. Hazals schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter Sultan wird nur gestreift, das zu ihrem Bruder Onur und zu ihrer nervtötenden Tante Defne spielt überhaupt keine Rolle. Andere Figuren wie der Drogendealer Eugen sind komplett dem Rotstift zum Opfer gefallen, ebenso das spektakuläre Finale des Romans, das rund um den Putschversuch in der Türkei 2016 angesiedelt war und allein schon aus Kostengründen im Film nicht realisierbar gewesen sein dürfte. Was Özarslan jedoch gelingt, ist, den Kern der Vorlage zu vermitteln und einen ähnlichen, widerständig-ruppigen, mit sich und dem Zustand der Welt unzufriedenen Ton anzuschlagen.

Filme über junge, Orientierung suchende und ihre Freiheit ausfechtende Migrantinnen sind zwar nicht neu, aber immer noch eine Seltenheit. Aus der jüngeren Vergangenheit kommen einem "Sonne" (2022) von der Regisseurin Kurdwin Ayub und "Elaha" (2023) von Milena Aboyan in den Sinn. Und bei einer Geschichte, in der eine Deutsch-Türkin nach einer Gewalttat nach Istanbul flieht, muss man zwangsläufig auch an Fatih Akins Bärengewinner "Gegen die Wand" (2004) denken (auf den in der Romanvorlage im Gegensatz zu dessen Verfilmung übrigens Bezug genommen wird). Was das Provokationspotenzial – sowohl von Filmen wie Akins als auch der Vorlage Aydemirs anbelangt, ist Özarslans "Ellbogen" allerdings nur ein leichtes Schlägchen ins Gesicht.

Mehr filmische Novelle als adaptierter Roman

In den Hauptrollen mit Laiendarstellern gedreht, auf Augenhöhe und in einem dokumentarischen Stil gefilmt sowie subjektiv aus der Sicht der Hauptfigur erzählt, überzeugt "Ellbogen" in erster Linie durch seine Ehrlichkeit. Wie in der Vorlage steht auch in deren Adaption eine ungestüme junge Frau im Zentrum, "die sich der Täter-Opfer-Dichotomie verweigert", wie es die Regisseurin selbst auf den Punkt bringt. Die Komplexität, von der Özarslan im selben Atemzug spricht, ist allerdings nur ansatzweise vorhanden.

Ihr Versuch, das, was in Hazals Kopf vorgeht und im Roman von der Hauptfigur selbst als Ich-Erzählsituation wiedergegeben wird, in Filmbilder zu übersetzen, hat große Schwächen. Allein schon angesichts der kurzen Laufzeit kann vieles davon nur angedeutet werden und bleibt letzten Endes unterkomplex. Auch geht viel von der Wucht der Vorlage bei der Übertragung verloren. Die Adaption von "Ellbogen" gleicht weniger einem filmischen Roman und mehr einer Filmbild gewordenen Novelle.

Fazit: Nach erfolgreichen Dokumentarfilmen wie "Dil Leyla" hat sich Asli Özarslan die Adaption eines Romans vorgenommen. Ihre Version von Fatma Aydemirs "Ellbogen" trifft allerdings nur dessen Kern, bleibt unterkomplex und lässt die Wucht der Vorlage vermissen. Sehenswert ist das Coming-of-Age-Drama aber trotzdem, allein schon aufgrund des aufregenden Stoffs und einer Riege verheißungsvoller Laiendarsteller.




TrailerAlle "Ellbogen"-Trailer anzeigen

Zum Video: Ellbogen

Besetzung & Crew von "Ellbogen"

Land: Deutschland
Jahr: 2024
Genre: Drama
Länge: 86 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 05.09.2024
Regie: Asli Özarslan
Darsteller: Melia Kara als Hazal, Jale Arikan als Sultan, Mina Sagdic als Semra, Ercan Karacayli als Salih, Ali-Emre Sahin als Onur
Kamera: Andac Karabeyoglu
Verleih: JIP Film und Verleih

Verknüpfungen zu "Ellbogen"Alle anzeigen





Spielfilm.de-Mitglied werden oder einloggen.